Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
Schwangerschaft.
In der Schublade befinden sich weitere Dokumente, darunter ein Bündel privater Briefe in einer Ecke, Kontoauszüge, ein Pass und Policen von Krankenkassen. In einem extra Ordner sind die Details der In-vitro-Fertilisations-Behandlung gesammelt. Sohan Banerjee, ein Spezialist bei Unfruchtbarkeit, wird mehrfach erwähnt.
»Wo wollte sie das Baby zur Welt bringen?«
»Im Chelsea and Westminster Hospital.«
Ich betrachte eine Broschüre für Geburtsvorbereitungskurse.
»Was ich nicht verstehe, ist, wie es enden sollte. Was wollte Cate in vier Wochen tun?«
Barnaby zuckt die Achseln. »Als Lügnerin entlarvt werden. «
»Nein, überleg doch mal. Die Prothese war beinahe ein Kunstwerk. Sie muss sie im Laufe der Monate drei bis vier Mal geändert haben. Außerdem musste sie ärztliche Berichte und Terminzettel fälschen. Wo hatte sie die Ultraschallbilder her? Sie hat all diese Mühen auf sich genommen. Sie hatte ganz bestimmt einen Plan.«
»Zum Beispiel?«
»Vielleicht eine Leihmutterschaft oder private Adoption.«
»Warum sollte sie das geheim halten?«
»Vielleicht durfte es niemand wissen. Kommerzielle Leihmutterschaft ist illegal. Frauen dürfen kein Geld annehmen, um ein Baby zu gebären. Ich weiß, das klingt weit hergeholt, aber ist es nicht einen Gedanken wert?«
Er schnaubt. »Und in einem Monat wollte meine Tochter irgendwohin verschwinden, das Polster ablegen und mit einem maßgeschneiderten Baby auf Bestellung zurückkommen. Vielleicht gibt es die heutzutage auch bei Ikea.«
»Ich habe lediglich nach möglichen Gründen gesucht.«
»Ich kenne den Grund. Sie war besessen. Verzweifelt.«
»So verzweifelt, dass es die hier erklärt?« Ich zeige auf die Ultraschallbilder.
Er bückt sich, zieht eine zweite Schublade auf und nimmt eine weitere Aktenmappe heraus. Sie enthält Gerichtsprotokolle, eine Anklageschrift und ein Urteil.
»Vor achtzehn Monaten wurde Cate beim Stehlen von Babykleidung von Mothercare ertappt. Sie sagte, das Ganze wäre ein Missverständnis gewesen, aber wir wussten, dass es ein Hilferuf war. Die Richter waren sehr gütig und verhängten eine Bewährungsstrafe. Ein halbes Jahr lang war sie in Therapie, und es schien ihr zu helfen. Sie war wieder so wie früher. Es gab natürlich
Orte wie Parks, Spielplätze und Schulen, die sie weiterhin meiden musste. Aber sie konnte nicht aufhören, sich selbst zu quälen. Sie guckte in Kinderwagen und knüpfte Gespräche mit Müttern an. Wenn sie Frauen mit mehreren Kindern sah, die wieder schwanger waren, wurde sie wütend. Es wäre ungerecht, sagte sie. Diese Frauen seien gierig.
Sie und Felix erwogen die Möglichkeit einer Adoption. Sie gingen zu den Vorgesprächen und wurden von Sozialarbeitern durchleuchtet. Unglücklicherweise sollte der Ladendiebstahl Cate verfolgen. Das Adoptionskomitee hielt sie für mental instabil. Das war der letzte Strohhalm. Danach ist sie vollkommen durchgedreht. Felix fand sie auf dem Boden im Kinderzimmer sitzend. Sie hatte einen Teddy im Arm und sagte: ›Sieh nur! Was für ein hübscher Junge.‹ Sie kam ins Krankenhaus und verbrachte zwei Wochen in der Psychiatrie. Dort hat man sie auf Anti-Depressiva gesetzt.«
»Ich hatte keine Ahnung.«
Er zuckte die Schultern. »Wie du siehst, Alisha, solltest du nicht den Fehler machen, meiner Tochter rationale Überlegungen zu unterstellen. Cate hatte keinen Plan. Verzweiflung ist die Mutter schlechter Ideen.«
Alles, was er sagt, klingt absolut einleuchtend, trotzdem kann ich das Bild von Cate bei dem Ehemaligentreffen nicht vergessen. Sie hat mich angefleht, ihr zu helfen. Sie hat gesagt, dass man ihr das Baby wegnehmen wollte. Wen hat sie gemeint?
Nichts ist so entwaffnend wie eine von Herzen kommende Bitte. Barnabys angeborene Vorsicht gerät ins Wanken.
»Was willst du?«
»Ich muss die Telefonrechnungen, Kreditkartenabrechnungen, Scheckabrisse und Terminkalender sehen. Sind in letzter Zeit größere Summen von Cates oder Felix’ Konto abgehoben worden? Sind die beiden irgendwohin gereist oder haben neue Bekanntschaften geschlossen? War sie verschlossen in puncto Geld oder Terminen? Außerdem muss ich einen Blick in
ihren Computer werfen. Vielleicht lassen ihre E-Mails irgendwelche Rückschlüsse zu.«
Er zögert, bringt das Wort Nein aber nicht über die Lippen. Irgendwas hat er im Sinn.
»Und wenn du etwas findest, das die Familie in Verlegenheit bringt?«
Seine Erbärmlichkeit macht mich wütend. Was immer Cate getan hat, sie
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