Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry
Männerschuhe und gab dem schlechten englischen Wetter die Schuld für ihr Aussehen. Yvonne war kräftig genug, Mrs. Elliot hochzuheben, in die Dusche zu tragen und wieder in ihren Rollstuhl zu setzen. Dabei redete sie die ganze Zeit mit ihr und führte lange Gespräche, die absolut vernünftig klangen, bis man genauer hinhörte.
Yvonnes größte Gabe aber war es, das Haus mit Lachen und Liedern zu erfüllen, die die Düsterkeit vertrieben. Sie hatte selbst
Kinder – Caspar und Bethany –, die ihr Stahlwollen-Kraushaar und ihr Neonlächeln geerbt hatten. Was mit ihrem Mann war, weiß ich nicht – er wurde nie erwähnt –, aber ich weiß, dass Yvonne jeden Sonntag zur Kirche ging, dienstags frei hatte und den besten Limonen-Käsekuchen der Schöpfung buk.
An Wochenenden übernachtete ich manchmal bei Cate. Wir liehen ein Video aus und blieben lange auf. Ihr Dad kam nie vor neun nach Hause. Er war sonnengebräunt und unermüdlich und hatte eine tiefe Stimme und einen unerschöpflichen Vorrat abgedroschener Witze. Ich fand ihn unglaublich attraktiv.
Die Tragödie seiner Frau brachte Barnaby einen Haufen Mitgefühl ein, vor allem als er sich alle nur erdenkliche Mühe gab, ihr weiter das Gefühl zu vermitteln, die Frau seines Lebens zu sein. Vor allem weibliche Wesen bewunderten seine Hingabe.
Aber Ruth Elliot schien diese Bewunderung nicht zu teilen. Als sie nach monatelanger Therapie ihre Sprechfähigkeit zurückgewonnen hatte, attackierte sie Barnaby bei jeder sich bietenden Gelegenheit und demütigte ihn vor Yvonne, den Kindern und ihren Freunden.
»Habt ihr das gehört?«, fragte sie, wenn die Haustür geöffnet wurde. »Er ist zu Hause . Er kommt immer nach Hause. Nach wem riecht er heute Abend?«
»Also, bitte, Ruth, bitte«, sagte Barnaby, aber sie gab keine Ruhe.
»Er riecht nach Seife und Shampoo. Er riecht immer nach Seife und Shampoo. Warum duscht ein Mann, bevor er nach Hause kommt?«
»Du weißt doch, warum. Ich habe im Club Tennis gespielt.«
»Er wäscht sich, bevor er nach Hause kommt. Er wäscht den Geruch ab.«
»Ruth, Darling«, versuchte Barnaby zu beschwichtigen. »Lass uns oben darüber reden.«
Zunächst wehrte sie sich, doch dann ergab sie sich, wenn er sie ohne Mühe aus ihrem Stuhl hob und die sechzehn Stufen
hinauftrug. Wir hörten sie kreischen und schließlich weinen. Er brachte sie ins Bett, beruhigte sie wie ein kleines Kind und gesellte sich dann auf eine Tasse heißen Kakao zu uns in die Küche.
Als ich Cate kennen lernte, war Barnaby schon vierzig, für sein Alter jedoch sehr attraktiv. Und die Menschen ließen ihm Dinge durchgehen, weil er so extrem selbstbewusst war. Zahllose Male habe ich zugesehen, wie er es gemacht hat, in Restaurants, an Tagen der offenen Tür in der Schule und mitten auf der Straße. Er konnte die größten Unverschämtheiten und unverhohlene Zweideutigkeiten äußern oder neckisch um sich grabschen, und die Frauen kicherten bloß und bekamen weiche Knie.
Er nannte mich seine »indische Prinzessin« und »Bollywood-Beauty«, und als wir einmal Reiten waren, wurde mir regelrecht schwindelig, als er seine Hände um meine Hüften legte und mich aus dem Sattel hob.
Ich hätte es nie einem Menschen gestanden, aber Cate erriet die Wahrheit. So schwer war das nicht. Ich lud mich ständig bei ihr ein und erfand Vorwände, um mit ihrem Vater zu sprechen. Und dabei wusste sie noch nicht einmal, wie oft ich mit meinem Fahrrad an seinem Büro vorbeigefahren war in der Hoffnung, dass er mich sehen und mir zuwinken würde.
Cate fand meine Vernarrtheit natürlich über die Maßen komisch und sorgte damit dafür, dass ich nie wieder zugab, irgendeinen Mann zu lieben.
An was für Sachen ich mich erinnere! Es kommt alles wieder hoch, das Gute, das Böse und das Hässliche. Ich habe Kopfschmerzen.
Vor diesem Augenblick habe ich mich gefürchtet – das Wiedersehen mit Barnaby. Seit dem Autounfall hat er laut Jarrod in Cates Haus geschlafen. Er war nicht bei der Arbeit und hat auch keine Anrufe entgegengenommen. Die Haustür hat getönte
Scheiben und einen Türklopfer in Form eines nackten Frauenkörpers. Ich greife ihn an den Hüften. Niemand reagiert. Ich versuche es nochmal.
Ein Schlüssel dreht sich im Schloss, und die Tür wird einen Spalt breit geöffnet. Er ist unrasiert und ungewaschen und will mich nicht sehen. Sein Selbstmitleid braucht seine ungeteilte Aufmerksamkeit.
»Bitte, lass mich rein.«
Er zögert, öffnet dann aber die Tür. Beim Eintreten
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