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Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry

Titel: Todeskampf - Robotham, M: Todeskampf - The Night Ferry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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Haar noch lang, und ich trug es in einem geflochtenen Zopf, der mir bis ins Kreuz reichte. Er hielt ihn in der Faust und wickelte ihn wie ein Seil um seine Finger. Dabei flüsterte er mir süße Nichtigkeiten ins Ohr, die doch mehr bedeuteten, und drückte auf meine Schultern, weil er wollte, dass ich mich hinkniete. Derweil dröhnte der Fernseher, und das Wasser im Kocher kühlte wieder ab.
    Ich hörte nicht, dass unten die Tür geöffnet wurde und jemand die Treppe hinaufging. Ich weiß nicht, warum Cate zurückkam. Manche Details sind belanglos. Sie muss unsere Stimmen
gehört haben und die anderen Geräusche. Sie muss gewusst haben, was es war, aber sie kam immer näher, bis sie, angelockt von den seltsamen Lauten, in der Tür stand.
    Im Immobiliengeschäft ist die Lage entscheidend. Barnaby stand nackt hinter mir. Ich hockte mit gespreizten Knien auf allen vieren. Cate sagte kein Wort. Nachdem sie schon genug gesehen hatte, blieb sie, um noch mehr zu beobachten. Sie sah nicht, dass ich mich sträubte und wehrte. Ich sträubte und wehrte mich nicht .
    So erinnere ich mich an die Ereignisse. Cate blieb nur noch, mir zu sagen, dass ich abreisen sollte und sie mich nie wieder sehen wollte. Und Zeit genug, um schluchzend auf ihrem Bett zu liegen, während ich auf dem Bett direkt daneben meine Tasche packte, ihren Kummer einatmete und etwas zu schlucken versuchte, was ich nicht ausspucken konnte.
    Barnaby fuhr mich schweigend zum Bahnhof. Die Möwen kreischten, als wollten sie mir meinen Verrat vorhalten. Regen war gekommen und hatte den Sommer ertränkt.
    Die Fahrt zurück nach London dauerte lang. Ich fand Mama an ihrer Nähmaschine, wo sie ein Kleid für die Hochzeit meiner Cousine nähte. Zum ersten Mal seit Jahren wollte ich auf ihren Schoß kriechen. Stattdessen setzte ich mich neben sie und legte meinen Kopf auf ihre Schulter. Dann weinte ich.
    Am Abend stand ich mit Mamas großer Schneiderschere vor dem Spiegel und schnitt mir zum ersten Mal die Haare, so kurz, wie es mit der Schere ging. Dabei ritzte ich mir die Kopfhaut auf, sodass die Klingen voller Blut waren. Einzelne Büschel blieben stehen und standen vom meinem Schädel ab wie Weizenkeime, während der Rest auf die Badezimmerfliesen trudelte.
    Ich kann nicht erklären, warum. Irgendwie linderte es meinen Schmerz. Mama war entsetzt. (Sie hätte auch nicht schockierter sein können, wenn ich mir die Pulsadern aufgeschnitten hätte.)
    Ich hinterließ Cate Nachrichten auf dem Anrufbeantworter
und schickte ihr Briefe. Ich konnte sie nicht besuchen, ohne Gefahr zu laufen, ihrem Vater oder – noch schlimmer – ihrer Mutter zu begegnen. Was, wenn sie es wusste? Ich nahm dieselben Busse und Züge wie Cate. Ich inszenierte zufällige Treffen oder verfolgte sie einfach direkt, aber es war egal. Dass es mir leidtat, war nicht genug. Sie wollte mich weder sehen noch sprechen.
    Irgendwann hörte ich auf zu weinen. Ich schloss mich stundenlang ein und kam nur zum Essen und Laufen aus meinem Zimmer. Einen Monat später lief ich eine persönliche Bestzeit. Ich wollte jetzt nicht mehr die Zukunft einholen – ich lief vor der Vergangenheit davon. Ich stürzte mich in die Polizeiausbildung, studierte wie eine Besessene. Füllte Notizbücher und stürmte durch die Prüfungen.
    Meine Haare wuchsen wieder nach. Mama beruhigte sich. In den folgenden Jahren hing ich Tagträumen nach, dass Cate und ich uns finden und die verlorenen Jahre irgendwie wieder gutmachen würden. Aber ein einzelnes Bild verfolgte mich – Cate, die stumm in der Tür stand und zusah, wie ihr Vater im Rhythmus der tickenden Uhr und des abkühlenden Wasserkessels in ihre beste Freundin eindrang.
    Seither ist kein Tag vergangen, an dem ich das, was passiert ist, nicht ungeschehen machen wollte. Cate hat mir nicht verziehen. Sie brachte mir einen Hass entgegen, der noch tödlicher war als Gleichgültigkeit, weil er das Gegenteil von Liebe war.
    Nachdem genug Zeit verstrichen war, dachte ich nicht mehr jede Stunde jedes Tages an sie. Ich schickte ihr zu Weihnachten und zum Geburtstag Karten. Ich hörte von ihrer Verlobung und sah das Hochzeitsfoto im Fenster eines Fotografen in der Bethnal Green Road. Sie sah glücklich aus. Barnaby wirkte stolz. Ihre Brautjungfern (ich kannte sie alle mit Namen) trugen genau die Kleider, von denen sie immer gesagt hatte, dass sie sie für ihre Hochzeit haben wollte. Felix kannte ich nicht. Ich wusste nicht, wo sie sich kennen gelernt und wie er ihr seinen
Antrag gemacht

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