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Todeskette

Todeskette

Titel: Todeskette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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ihr Glas geben wollte.
    Max war nicht gerade in bester Verfassung. In den Nächten, die er im Green Dark Hotel verbracht hatte, war ihm immer wieder die junge Frau in den Sinn gekommen, die er auf Doubenkians Befehl hin in den Sumpf geworfen hatte.
    In quälenden, schlaflosen Stunden hatte er immer wieder vor sich gesehen, wie ihr der graubraune Schlamm in ihren zum Schreien weit geöffneten Mund gelaufen war. Wenn er daran dachte, unter welch schrecklichen Qualen die arme Frau ums Leben gekommen war, wurde Max jedes Mal schlecht.
    Es war alles so schnell gegangen. Gewöhnt daran, jeden Befehl von Doubenkian ohne weiter nachzudenken auszuführen, hatte er wie im Reflex gehandelt und die Frau in den Sumpf geschleudert. Obwohl Max einen Mann töten konnte, ohne mit der Wimper zu zucken, war ihm nicht wohl in seiner Haut, wenn er einer Frau Schmerzen zufügte. Und vor dem, was sein Boss jetzt mit Paula Grey vorhatte, empfand er heftige Abscheu.
    Als Paula, die ihren Wagen in sicherer Entfernung geparkt hatte, sich dem Duke’s Head näherte, fiel ihr ein schäbiger alter Ford auf, der direkt vor dem Hotel stand. Der Fahrer betrachtete sie im Rückspiegel und blickte rasch zur Seite, als sie in seine Richtung sah. Paula fand das merkwürdig. Der Mann sah aus wie ein Nordafrikaner, trug aber westliche Kleidung. Zwei weitere Dinge fielen Paula auf: ein großer Orientteppich auf der Rückbank des Wagens und die Tatsache, dass der Motor im Leerlauf vor sich hin tuckerte.
    Paula betrat die Bar und wurde vom Barkeeper freundlich begrüßt. Ein Mann, der an einem Tisch neben dem Eingang gesessen hatte, erhob sich und kam auf sie zu. Er war groß gewachsen, gut aussehend und hatte einen kräftigen Körperbau. Er trug einen eleganten grauen Anzug mit weißem Hemd und eine gestreifte Krawatte, die ihn als ehemaligen Etonschüler auswies. Sein Lächeln war zwar freundlich, wirkte aber trotzdem ein wenig angespannt.
    »Evelyn-Ashton«, stellte sich der Mann ihr mit einer angedeuteten Verbeugung vor. »Es freut mich sehr, dass Sie Zeit für mich haben.«
    »Viel Zeit habe ich nicht«, erwiderte Paula, während er einen Stuhl für sie unter dem Tisch hervorzog.
    »Geht schon in Ordnung«, versicherte er ihr freundlich und setzte sich wieder auf seinen eigenen Stuhl. »Was ich Ihnen zu sagen habe, dauert nicht den ganzen Abend. Wie wäre es mit einem Glas Champagner? Ich habe das Zeug schon damals gemocht, als ich es noch in den Schlafsaal meiner Schule schmuggeln musste.«
    »Vielen Dank, aber ich hätte lieber eine Tasse Kaffee.«
    Max drehte sich um und winkte dem Barkeeper, der sich diskret hinter seinen Tresen zurückgezogen hatte.
    »Einen Kaffee für die Dame, bitte«, rief er durch den Raum, und Paula wurde klar, dass etwas mit dem Mann nicht stimmte. Vor vielen Jahren war sie einmal kurzzeitig mit einem Old Etonian liiert gewesen und wusste, dass es in der Schule keine Schlafsäle, sondern nur Einzelzimmer gab.
    Auch wenn Evelyn-Ashton – oder wie auch immer er in Wahrheit heißen mochte – sich redlich bemühte, wie ein ehemaliger Etonschüler zu sprechen, konnte er sie nicht hinters Licht führen. Sie beugte sich nach vorn, zog die Beretta aus dem Halfter in ihrem Stiefel und zielte mit der kleinen Waffe unter dem Tisch auf die Beine ihres Gegenübers.
    Max war überhaupt nicht wohl in seiner Haut. Ihm gegenüber saß eine ausgesprochen attraktive Frau Mitte dreißig, die ihn noch dazu gewinnend anlächelte. Sie zu entführen oder gar zu foltern war vollkommen ausgeschlossen.
    Als der Kaffee kam, stand sein Entschluss fest. Er musste sie warnen. Das, was draußen in der Wash passiert war, durfte niemals wieder geschehen.
    Als hätte sie seine Gedanken gelesen, beugte sich die Frau mit besorgtem Gesicht vor und fragte: »Haben Sie etwas? Geht es Ihnen nicht gut?«
    Max schluckte schwer, und dann brach es auf einmal aus ihm heraus. In einem Wortschwall, der jetzt überhaupt nicht mehr nach Old Etonian klang, sagte er: »Miss Grey, ich muss Ihnen etwas gestehen. Es wird Sie vielleicht schockieren, aber jemand hat mich angeheuert, um Sie zu entführen. Ich hätte Ihnen ein Betäubungsmittel in den Champagner geben sollen, und sobald die Wirkung eingesetzt hätte, hätte ich so getan, als wäre Ihnen schlecht, und Sie zu dem Ford getragen, der draußen vor der Tür steht. Ich hätte Sie unter einem Teppich auf der Rückbank versteckt und an einen geheimen Ort gebracht, wo ich Sie dann…« Er hielt inne und holte tief Luft.

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