Todeskette
gehört und wandte sich an Pete Nield, der neben Marler auf einem Stuhl saß. Auch er war elegant gekleidet, aber nicht so extravagant wie Marler. Außerdem war er bei Weitem nicht so groß wie er. »Pete, Sie haben doch einen Informanten, der im Goldhandel tätig ist, oder?«, fragte Tweed.
»Wieso fragen Sie da nicht mich?«, raunzte Harry Butler, der wie üblich im Schneidersitz auf dem Boden saß. »Ich habe doppelt so viele Informanten in der Unterwelt wie er.«
Harry Butler, der häufig und gern mit Nield zusammenarbeitete, war das genaue Gegenteil von seinem Partner. Er sprach breites Cockney, und statt eleganter Kleidung trug er eine abgewetzte alte Windjacke und eine braune Cordhose, die auch schon bessere Zeiten gesehen hatte.
Tweed ignorierte Butlers Einwurf und zog sein weißes Taschentuch aus der Jacketttasche. Dann legte er ein frisches Blatt Papier vor sich auf den Schreibtisch und schüttelte das Taschentuch darüber aus. Im Licht der Schreibtischlampe konnte man mehrere winzige Metallsplitter glitzern sehen.
»Was meinen Sie, Pete?«, fragte Tweed und winkte Nield herbei. »Ist das Gold?«
»Jetzt verstehe ich, was Sie mit dem feuchten Taschentuch gemacht haben, als wir in Bella Mains Büro waren«, sagte Paula. »Sie haben damit die glänzenden Partikel vom Teppich aufgenommen.«
Pete Nield zog ein starkes Vergrößerungsglas aus seiner Tasche und beugte sich damit über den Schreibtisch. »Für mich sieht das wie Gold aus«, meinte er, nachdem er die Metallpartikel eine Zeit lang angesehen hatte. »Aber um sicherzugehen, müsste ich es meinem Informanten zeigen.«
»Ich möchte wissen, wann und wo das Gold geschürft wurde«, sagte Tweed.
»Das wäre mir eine große Hilfe.«
»Ich bin in zwei Stunden wieder zurück«, sagte Nield und beförderte die winzigen Partikel von dem Blatt Papier wieder zurück in Tweeds Taschentuch, das er sorgfältig zusammenfaltete und in einen kleinen Plastikbeutel steckte. Dann verließ er raschen Schrittes das Büro.
»Ich bin gespannt, ob das wirklich Gold ist«, sagte Paula, als Nield gegangen war.
»Warten wir’s ab«, erwiderte Tweed. »Was glauben Sie denn?«
»Kein Kommentar.« Paula verzog das Gesicht.
»Drängen Sie Tweed nicht«, warnte Butler vom Boden her. »Er sagt erst dann etwas, wenn er sich wirklich sicher ist. Das sollten Sie inzwischen eigentlich wissen.«
»Was Sie nicht sagen«, gab Paula lächelnd zurück.
Das Telefon klingelte. Monica ging ran und bedeutete Tweed, dass er an seinen Apparat gehen sollte. Auch Paula hob auf ein Zeichen von Monica ihr Telefon ab, um das Gespräch mitzuhören.
»Hier Tweed…«, sagte er.
»Hier Philip Cardon. Ich habe zuverlässige Informationen, dass Calouste Doubenkian seit ein paar Tagen in England ist.«
»Wo genau?«
»Das weiß ich nicht.«
»Und wie ist er ins Land gekommen?«
»Keine Ahnung. Ich muss jetzt aufhören. Melde mich wieder, wenn ich kann.«
Cardon legte abrupt auf. Tweed blickte hinüber zu Paula und runzelte die Stirn. Nachdem er ein paar Sekunden lang nachgedacht hatte, bat er Monica, Commander Buchanan für ihn anzurufen. Als sein alter Freund kurz darauf in der Leitung war, gab Tweed ihm zunächst einen knappen Bericht über seinen Besuch in Hengistbury Manor, ohne dabei allerdings die Goldpartikel zu erwähnen.
»Tut mir leid«, sagte Buchanan. »Ich hatte keine Ahnung, dass Bella Main Sie als Leibwächter anheuern wollte. Denn darauf lief ihre Einladung ja wohl letztendlich hinaus. Natürlich mussten Sie ablehnen, Tweed. Das mit Doubenkians Angebot, Mrs. Mains Bank zu kaufen, finde ich allerdings sehr bedenklich. Das könnte ziemlich gefährlich für die alte Dame werden.«
»Ich dachte, Sie wissen nichts über den Mann.«
»Nur das, was man so an Gerüchten hört, und die stammen vermutlich alle von Doubenkian selbst.«
»Was sind das für Gerüchte?«
»Zum Beispiel, dass er kürzlich eine Privatbank in Wien kaufen wollte. Als ihr Besitzer nicht auf das Angebot einging, wurde sein achtzehnjähriger Sohn entführt. Anstatt eines Lösegelds wurde der Verkauf der Bank gefordert, was der Vater dann auch unverzüglich in die Wege leitete. Ähnliches soll auch in Grenoble passiert sein. Auch hier hat ein mysteriöser Käufer für eine Privatbank geboten, und als der Besitzer nicht verkaufen wollte, verschwand seine Frau. Weil der Besitzer auch dann noch nicht verkaufen wollte, bekam er die Frau per Post zugeschickt – erst ein Bein, dann einen Arm, dann den
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