Todeskette
Sprengstoffexperte.«
»Ich frage mich, was da wirklich passiert ist«, sagte Paula.
»Das wird Harry uns sagen. Jetzt ziehe ich mich besser wieder an. Heute Nacht werde ich bestimmt keinen Schlaf mehr finden.«
»Ich auch nicht.«
Während Tweed Harry Butler anrief, holte sich Paula eine Kehrschaufel und einen Handbesen und kehrte die Scherben der zerbrochenen Fensterscheibe auf.
Als sie in die Küche kam, stand Tweed voll angezogen am Herd und kochte zwei Eier. Auf dem Küchentisch hatte er schon Toast und frisch gepressten Orangensaft für ein zeitiges Frühstück hingestellt.
Als die beiden bei der ersten Tasse Kaffee waren, hörten sie, wie unten Butlers speziell gepanzerter Lieferwagen vorfuhr. Paula stand auf und eilte ans Fenster, während ihr Tweed langsam folgte. Gemeinsam beobachteten sie, wie Butler mit einem Metallbehälter in der einen und einer starken Taschenlampe in der anderen Hand auf das Objekt zuging, das mitten auf dem Gehsteig lag.
Nachdem er es im Schein seiner Taschenlampe eine Weile betrachtet hatte, hob er es auf, schüttelte es und legte es dann in den Metallbehälter. Ein weiteres Mal bewunderte Paula Butlers besonnene Unerschrockenheit in solchen Situationen. Harry blickte hinauf zum Fenster, winkte Paula und Tweed und ging dann auf den Hauseingang zu.
Paula eilte nach unten, um ihm die Tür zu öffnen.
»Guten Morgen«, sagte Butler, während er Paula die Hand schüttelte. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, die vermeintliche Handgranate war bloß eine Attrappe, mit der Ihnen vermutlich jemand Angst einjagen wollte.
Sie hat nicht mal einen Zünder.«
»Der Kerl wusste genau, in welches Fenster er sie werfen musste«, bemerkte Tweed, der langsam die Treppe herabgekommen war. »Es gefällt mir ganz und gar nicht, dass der Gegner so genau über mich Bescheid weiß.«
Nachdem sie Butler verabschiedet hatten, gingen sie nebeneinander die Treppe wieder hinauf.
»Ich habe den Mann erkannt«, sagte Paula und zeigte Tweed ihre Kohlezeichnung. »Es war Evelyn-Ashton. Ich habe ihn genau gesehen.«
»Wenn wir wieder in der Park Crescent sind, kopieren Sie diese Zeichnung und verteilen sie an alle Mitarbeiter«, sagte Tweed. »Sie sollen wissen, nach wem sie Ausschau halten müssen.«
Als sie eine Stunde später auf dem Weg in ihr Büro waren, ging in Hengistbury Manor die Zeitbombe hoch, von der Tweed gesprochen hatte.
Paula hatte die Fotokopien von ihrer Skizze gemacht und sie gerade an ihre Kollegen verteilt, als das Telefon klingelte.
»Commander Roy Buchanan möchte Sie dringend sprechen«, sagte Monica zu Tweed, nachdem sie abgehoben und einen Augenblick lang zugehört hatte.
»Stellen Sie ihn durch.«
»Nicht am Telefon. Er ist unten und möchte heraufkommen.«
»Dann soll er das tun.«
Paula stand von ihrem Schreibtisch auf und blickte aus dem Fenster. Auf der Straße vor dem Haus standen ein Polizeiwagen sowie ein großer, glänzender Rolls-Royce.
»Der Rolls gehört Professor Saafeld, dem berühmten Pathologen«, flüsterte Paula. »Das hat nichts Gutes zu bedeuten.«
Kurze Zeit später kam Commander Buchanan herein. Eigentlich hatte Paula erwartet, dass der schlanke, groß gewachsene Mann Ende vierzig seine Uniform als Commander der Anti-Terror-Einheit anhatte, aber er trug lediglich einen grauen Geschäftsanzug. Sein ansonsten immer freundliches Gesicht wirkte sehr ernst.
Er verschmähte den Sessel, den Tweed ihm anbot, und setzte sich stattdessen auf einen harten Holzstuhl mit gerader Lehne.
»Ich überbringe Ihnen keine guten Nachrichten, Tweed«, sagte er, während er seine Aktentasche neben dem Stuhl auf den Boden stellte.
»Nun sagen Sie schon«, verlangte Tweed.
»Mrs. Bella Main wurde in ihrem Arbeitszimmer in Hengistbury Manor ermordet. Und zwar auf eine sehr seltsame und grausige Art und Weise.«
Eine betretene Stille senkte sich über das Büro, und alle Augen richteten sich auf Tweed. Normalerweise zeigte er bei grausigen Nachrichten keinerlei Gefühlsregung, aber diesmal war es anders.
Mehrere Sekunden lang blieb er stocksteif wie eine Statue sitzen, und auf seinem Gesicht waren Trauer und Wut zu sehen. Dann wanderte sein Blick in die Ferne, als erinnere er sich an sein Gespräch mit Bella Main, einer Frau, die er für ihre Intelligenz bewundert und wegen ihres Charakters gemocht hatte.
Vierundachtzig Jahre war sie alt geworden, und Tweed hatte geglaubt, sie würde hundert werden.
»Bella hatte ein fast königliches Auftreten«, sagte
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