Todeskette
sofern sie nicht auf ihre eigenen Wagen Wert legen, in Ihrem Mercedes mit.«
Minuten später saßen sie im Wagen, und Tweed ermahnte Paula, nur ja nicht zu schnell zu fahren, damit Saafeld ihnen noch hinterherkam.
»Sie dürfen sich gern selbst ans Steuer setzen«, gab Paula ein wenig pikiert zurück, bevor ihre Stimme wieder nachdenklich wurde. »Ich frage mich, was uns in Hengistbury Manor wohl erwartet.«
10
»Ich habe ein ganz seltsames Gefühl«, sagte Paula, als sich das hohe schmiedeeiserne Tor von Hengistbury Manor wie von Geisterhand vor ihrem Porsche öffnete. »So als wäre ich in einem immer wiederkehrenden Traum.«
»Das kommt daher, dass wir erst kürzlich hier waren«, bemerkte Tweed.
Gefolgt von Professor Saafeld in seinem Rolls-Royce und dem Team in Newmans Mercedes, fuhr sie die Auffahrt entlang. Kaum hatten sie vor dem alten Herrenhaus angehalten, sprang Saafeld schon mit einer Tasche in der Hand aus seinem Wagen. Der mittelgroße Pathologe war Mitte fünfzig und hatte einen schlohweißen, wild zerzausten Haarschopf, buschige weiße Augenbrauen und graublaue Augen, deren durchdringender Blick jedem im Gedächtnis blieb.
Snape stand schon in der Eingangstür und ließ sie mit einem seltsamen Grinsen ins Haus, wo Marshal Main in einem schwarzen Anzug auf sie wartete und sie mit Handschlag salbungsvoll begrüßte. Tweed bemerkte, dass er sehr gefasst wirkte. Vielleicht zu gefasst.
Als Tweed Main mit seinem Team und Professor Saafeld bekannt machte, erschien wie aus dem Nichts auf einmal Chief Inspector Hammer, der seit seinem letzten Treffen mit Tweed und Paula noch einmal ziemlich zugenommen hatte.
»Ich bringe Sie gleich hinauf zu ihr«, sagte er zu Saafeld, ohne die anderen eines Blickes zu würdigen.
»Hat jemand die Leiche angefasst?«, wollte der Pathologe wissen.
»Wo denken Sie hin, Sir?«, gab Hammer indigniert zurück. »Natürlich nicht.«
»Sind Sie sicher?«
»Ich weiß, was ich tue, Herr Professor«, erwiderte Hammer mürrisch. »Bitte folgen Sie mir.«
»Mir wäre es lieber, wenn Mr. Tweed mich nach oben brächte«, sagte Saafeld.
Es war nicht zu übersehen, dass Saafeld Hammer nicht gerade sympathisch fand. Tweed schien das seltsam, denn der Pathologe verstand es normalerweise meisterhaft, seine Gefühle zu verbergen.
»Kommen Sie mit«, sagte er und führte ihn zur Treppe auf der anderen Seite der Halle. Dort saß auf einem Stuhl mit hoher, gerader Lehne Lavinia, die ein schwarzes Kleid trug, unter dem eine weiße Bluse mit Rüschenkragen hervorblitzte. Die perfekte Trauernde, dachte Tweed, während er ihr im Vorübergehen zunickte. An ihr ist nichts übertrieben.
Gefolgt von Paula, stiegen Tweed und Saafeld die breite Treppe hinauf und betraten die Bibliothek vor Bella Mains Büro, wo vier Männer in weißen Kitteln auf sie warteten.
»Das sind Angestellte der Gerichtsmedizin in Leaminster«, erklärte Saafeld.
»Ich habe sie von London aus hierher beordert, damit sie mir mit dem Transport der Leiche helfen.«
Außer den Männern waren auch noch vier uniformierte Polizisten in dem Raum. Zwei von ihnen hatten Fotoapparate um den Hals hängen, zwei weitere trugen dicke Aktentaschen. Das mussten die Fingerabdruckspezialisten sein, mutmaßte Paula.
Auf einmal wurde die Tür zum Büro von innen geöffnet, und Sergeant Warden, Commander Buchanans persönlicher Assistent, kam heraus. Sein Anblick erfüllte Paula mit einer Mischung aus Erstaunen und Erleichterung.
Buchanan war wirklich auf Zack, das musste man ihm lassen.
Warden, der einen schlichten Anzug trug, hatte denselben undurchdringlichen Ausdruck im Gesicht wie immer und verzog keine Miene, als er sich an Tweed wandte.
»Seit ich hier bin, war niemand außer mir in diesem Zimmer, Sir. Darf ich Sie jetzt hineinführen?«
»Dürfte ich einen Vorschlag machen?«, fragte Saafeld mit leiser Stimme und bedachte Paula mit einem entschuldigenden Blick. »Es wäre vielleicht besser, wenn Tweed und ich zunächst einmal allein hineingingen.«
»Ich hole Sie später«, sagte Tweed zu Paula und folgte dem Pathologen in das Büro.
Als sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte, musterte einer der Polizisten mit den Kameras Paula mit lüsternen Blicken. »So attraktive Frauen wie Sie trifft man nur selten an Tatorten«, sagte er und grinste anzüglich.
»Lass deine plumpe Anmache, George«, sagte sein Kollege und warf Paula einen entschuldigenden Blick zu. »Beachten Sie ihn einfach nicht.«
Die Tür öffnete sich,
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