Todeskind: Thriller (German Edition)
sie die Ausgaben für Kim kürzen mussten. Sie meldeten ihren BMW ab, um vorübergehend Versicherung und Parkgebühren auf dem Campus zu sparen, was sie wohl nicht besonders gut weggesteckt hat. Damals wollte sie einen neuen Laptop haben, woraufhin die Eltern ihr vorschlugen, sich einen Job zu suchen. Tja, und dann kam die Nachricht, dass man ihre Tochter wegen Diebstahls verhaftet hatte.«
»Das passt zu dem, was ich in meiner Akte gelesen habe«, sagte Daphne. »Sie hat versucht, den Ring bei einem Pfandleiher zu versetzen, um sich den Laptop zu kaufen. Ich wäre auf geringfügiges Vergehen gegangen, aber sie benahm sich mir und ihren Eltern gegenüber ziemlich respektlos. Sie stellen einen teuren Anwalt an und zahlen ihre Kaution, und sie behandelt sie wie Dreck.«
»Na ja, um Anwalt und Kaution zu zahlen, haben sie ihren BMW letztendlich verkaufen müssen«, sagte Deacon. »Die MacGregors meinten, Kim habe sich schrecklich darüber aufgeregt. Die Eltern hatten gehofft, dass ihr diese Erfahrung eine Lehre sein würde. Sie waren entsetzt, als sie erfuhren, dass ihre Tochter an Fords Entführung beteiligt sein soll. Sie haben mich wiederholt gebeten, Ihnen auszurichten, wie leid es ihnen tut.«
Daphne schien um die richtigen Worte zu ringen. »Tja. Nun. Dann … ähm, bedanken Sie sich bitte in meinem Namen und sagen Sie ihnen, dass wir uns bemühen, ihre beiden Töchter zu finden.«
Joseph konnte ihr Zögern verstehen. »Es wird wohl einfacher sein, ihre Entschuldigung anzunehmen, wenn Ford erst einmal wieder zu Hause ist.«
Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. »Genau.«
Joseph sah sie noch einen Moment lang an, dann widmete er sich wieder seinen Notizen. »Lieutenant Ciccotelli, könnten Sie uns ein Foto von dem Mann im Parkhaus schicken?«
»Sicher. Wir machen ein paar Standbilder von ihm mit Perücke und mit Kapuze.«
»Danke. Unser Ziel ist es jetzt, Doug zu finden, wer immer dieser Kerl ist. Ich fasse zusammen: J.D. recherchiert in Grundbüchern und Hauseigentum, Agent Coppola und Detective Rivera sorgen für die Sicherheit von Daphnes Familie. Lieutenant Ciccotellis Zeichner arbeitet mit der fünfjährigen Zeugin an einem Bild des Täters im Parkhaus, die Informatikabteilung versucht, die Webcam aus Garganos Heizlüftung zurückzuverfolgen. Deacon, ich hätte dich lieber hier, wenn du nicht unbedingt in Philadelphia gebraucht wirst.«
»Ich denke, ich habe hier soweit alles abgedeckt«, antwortete dieser. »Ich fahre heute Abend noch zurück.«
»Gut. Sonst noch etwas?«
»Ja«, sagte J.D. »Wo ist eigentlich Agent Lamar?«
»Er arbeitet gemeinsam mit dem ATF daran, die Herkunft der Waffen zu bestimmen, die in Odums Häusern gefunden wurden.« Das ATF war als Behörde zuständig für Verstöße bei Alkohol, Tabak und Schusswaffen. »Er wird uns auf dem Laufenden halten. Alle einverstanden mit der Vorgehensweise?«
Einträchtiges Nicken, und plötzlich summten und brummten auf dem ganzen Tisch die Handys. Die Rund-SMS, die auf allen Handys eingegangen war, rief Jubel und allgemeinen Applaus hervor. Grayson bekam feuchte Augen, und er war nicht der Einzige. Joseph selbst musste heftig blinzeln, um die Tränen zurückzuhalten, und J.D. machte sich die Mühe gar nicht erst.
Joseph beugte sich über den Lautsprecher. »Hey, Maynard. Haben Sie die SMS auch schon gelesen?«
»Ja.« Clay räusperte sich. »Stevie ist aufgewacht. Ich komme so schnell wie möglich zurück.«
Joseph sah zu Daphne am anderen Ende des Tisches. Sie hatte die Augen geschlossen und bewegte lautlos die Lippen. Sie betet, dachte er. Als Dank oder als Bitte um ebensolche Gnade.
Oder beides.
West Virginia
Dienstag, 3. Dezember, 20.30 Uhr
Ford würgte ein paar Stücke Trockenfleisch herunter und aß eine Handvoll Schnee, achtete aber penibel darauf, dass er mit den Lippen nicht den dreckigen Handschuh berührte, den er aus der Hütte des alten Mannes genommen hatte. Wenigstens würde er nicht dehydrieren.
Vorher würde er nämlich erfrieren. Am Himmel waren keine Sterne zu sehen, nur ein Vorhang aus dicken weißen Flocken. Weit und breit kein einziges Licht. Dies war die finsterste Nacht, die er je erlebt hatte.
Ford zog die Schultern nach vorne, um sich gegen den Wind zu wappnen. Los. Einen Fuß vor den anderen setzen. Er musste in Bewegung bleiben, wenn er nicht sterben wollte. Und zum ersten Mal zog er ernsthaft in Betracht, dass genau das geschehen konnte.
Aber du willst nicht sterben. Also beweg dich. Einen
Weitere Kostenlose Bücher