Todeskind: Thriller (German Edition)
Ford dieses Mal nicht um sich schlug. Wachsam kam sie näher und blieb an der Seite des Bettes stehen. Stumme Tränen liefen über die Wangen des Jungen.
»Ich bin so müde«, flüsterte er nach einer Weile.
»Dann schlaf wieder.«
»Wie lange?« Schon fielen ihm die Augen wieder zu. »Wie lange war ich weg?«
»Eineinhalb Tage«, antwortete Daphne leise. »Die längsten eineinhalb Tage meines Lebens.«
Joseph beugte sich vor. »Ford, ich bin Joseph Carter vom FBI.« Der Junge versuchte sich zu konzentrieren und zog die Brauen zusammen, daher fügte Joseph hinzu: »Jack Carters Sohn.« Ford nickte. »Weißt du, wo du gewesen bist?«
»Hütte. Im Wald. Bin meilenweit gewandert. Bin so müde.«
»Hat man dir gesagt, warum du entführt worden bist?«
»Geld. Lösegeld.« Ford schlief schon halb wieder. »Mich vermisst?«
Daphne küsste seine Stirn, seine Wangen. »Ruh dich aus, Schätzchen. Ich bin hier. Und ich habe dich vermisst.« Sie richtete sich auf, und Joseph zog sie an sich. »Ich will ihn nicht allein lassen.«
»Das Hotel ist nebenan. Du kannst in zwei Minuten wieder hier sein, wenn er aufwacht. Jetzt endlich kannst du schlafen.«
18. Kapitel
Baltimore, Maryland
Mittwoch, 4. Dezember, 16.30 Uhr
Mitch, der gerade nach seinen beiden Gästen gesehen hatte, rannte die Kellertreppe hinauf, als er hörte, wie die Tür der Garage aufging. Cole war offensichtlich von der Schule heimgekommen. Doch der Junge stürmte hinauf in den ersten Stock und warf die Tür seines Zimmers so fest zu, dass die Wände bebten. Was war denn nun schon wieder los? Er ging hinauf und klopfte an Coles Tür.
»Lass mich in Ruhe.«
»Was ist passiert?«
»Nichts.«
Also vermutlich etwas Übles. »Ich finde es sowieso raus.«
Plötzlich wurde die Tür aufgerissen, und Cole stand vor ihm und starrte seinen älteren Bruder wütend an. »Ich sagte, lass mich in Ruhe! Hörst du schlecht?«
Verdammt, der Junge war nicht nur gewachsen, er wurde auch immer breiter. Noch ein paar Jahre und er würde so kräftig wie Ford Elkhart sein. Der, wie Mitchs schmerzender Rücken bezeugen konnte, schwer wie ein verdammter Ochse war. »Bist du schon wieder suspendiert worden?«
»Nein.« Aber er sah weg. »Lass mich in Frieden.«
»Sprich nicht in dem Tonfall mit mir, Junge. Ich musste mir heute freinehmen, um mit deiner Beratungslehrerin zu reden. Wenn du noch einmal vom Unterricht ausgeschlossen wirst, fliegst du, und ich darf dir eine neue Schule suchen. Nur habe ich im Augenblick überhaupt keine Zeit dazu. Also, was immer du gerade wieder angestellt hast, es sollte auf keinen Fall etwas sein, das dir eine weitere Suspendierung einbringt. Hast du mich verstanden?«
Cole blickte wütend auf ihn hinab. »Laut und deutlich. Sir. «
Mitch zuckte zusammen, als die Tür vor seiner Nase ins Schloss krachte. Er klopfte wieder. »Ich habe heute Abend einen Reparaturjob zu erledigen. Klimaanlage in einem Bürogebäude, also erst nach Dienstschluss. Ich sollte zurück sein, bevor du in die Schule musst, aber falls nicht, sieh zu, dass du deinen Hintern aus dem Bett hievst und gehst.«
»Klar. Auch das.«
Also nicht, dachte Mitch. Er würde sich überlegen, was er wegen Cole unternehmen sollte, wenn er zurückkam. Heute Nacht war er in West Virginia. Beckett musste inzwischen erfahren haben, dass Ford im Krankenhaus in Wheeling lag. Wenn ich Beckett wäre und der Junge mein Gesicht gesehen hätte, würde ich zuerst dorthin fahren.
Mitch nahm seine Schlüssel und ließ sie an einem Finger baumeln. »Der Motor vom Transporter läuft nicht rund, deshalb nehme ich den Jeep. Ich habe gesehen, dass auf dem Rücksitz ein Haufen Schulkram liegt. Brauchst du heute noch irgendwas davon? Vielleicht um … keine Ahnung, Hausaufgaben zu machen?«
Schweigen war die einzige Antwort. Mitch verspürte einen dumpfen Schmerz hinter den Augen. Ich wünschte wirklich, du wärst noch da, Mom. Der Bursche treibt mich noch in den Wahnsinn.
Gäbe es Daphne nicht, wäre seine Mutter noch hier. Ein Grund mehr, warum sie zahlen musste.
»Wenn ich morgen früh wieder zu Hause bin, Cole, müssen wir reden. Bitte geh morgen in die Schule.« Wieder nur Schweigen. Mitch seufzte frustriert. »Sieh einfach zu, dass du keinen Ärger kriegst, bis ich wieder da bin, okay?«
Die Kopfschmerzen wurden schlimmer, als er in den Jeep stieg und losfuhr. Wenigstens bewegte sich momentan alles in die richtige Richtung. Und es war nur eine Frage der Zeit, bis Mutts Vater Besuch von
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