Todeskind: Thriller (German Edition)
körperliche Ertüchtigung bestimmt auch nicht schaden.
Als er aus dem Treppenhaus den Korridor betrat, hörte er einen markerschütternden Schrei aus einem der Räume am Ende des Flurs. Daphne!
Joseph begann zu rennen. Mehrere Hotelgäste öffneten die Türen, um zu sehen, was passiert war. Als er endlich Daphnes Tür erreichte, ertönte ein weiterer, noch lauterer Schrei. Von innen.
O Gott, ich hätte sie niemals allein lassen dürfen.
24. Kapitel
Wheeling, West Virginia
Donnerstag, 5. Dezember, 6.30 Uhr
Das Geschrei weckte sie. Daphne riss die Augen auf und fuhr schwer atmend hoch. Ihr Hals schmerzte.
Das war neu. Ihr Hals hatte noch nie zuvor weh getan. Sie hob die Hand an ihre Kehle, während sie versuchte, ihre Atmung zu kontrollieren. Das Bett war leer. Joseph war fort.
Und dann flog die Tür auf, und er stürmte mit gezogener Waffe herein, brüllte ihren Namen, und sie schlug sich eine Hand vor den Mund, um den erschreckten Aufschrei zu unterdrücken.
Joseph rannte durch die beiden Räume, sah in jede Ecke, in jeden Schrank, in die Dusche. Und die ganze Zeit saß Daphne reglos da und sah ihm fassungslos zu.
»Joseph? Alles okay da drin?« Deacons Stimme weckte ihre Lebensgeister, und sie zerrte hastig die Decke hinauf bis unters Kinn.
Joseph, der gerade unter dem Bett nachgeschaut hatte, rappelte sich wieder hoch, drehte sich zu Daphne um und sah sie an. »Was ist passiert?«, keuchte er.
»Keine Ahnung.« Sie hustete. Ihr Hals war staubtrocken. »Muss ich annehmen, dass ich dieses Mal wirklich geschrien habe?«
»Kann man so sagen.« Ein zerzauster Deacon stand im Türrahmen. »Wenn hier alles okay ist, bin ich bis sieben wieder in meinem Zimmer.«
Joseph nickte. »Alles in Ordnung, danke.«
»Moment«, sagte Daphne. »Wenn Sie hier sind, Agent Deacon, wer ist dann bei Ford?«
»Hector. Wir haben den Posten getauscht, damit ich ein bisschen schlafen kann. Also dann – gute Nacht.«
Joseph sank aufs Bett, als Deacon fort war. »Mein Gott«, sagte er, noch immer atemlos. »Du hast mir den Schreck meines Lebens eingejagt.«
»Tut mir leid.« Daphne schloss die Augen. Die Schamesröte stieg ihr in die Wangen. »Das ist mir so peinlich. Das wollte ich nicht.«
Joseph nahm sanft ihr Kinn. »Ein Alptraum? Mach die Augen auf, Liebes.«
Sie gehorchte und sah seine zärtliche Miene. »Ja. Doch es war nicht derselbe wie sonst. Ich war bei Beckett, aber so, wie ich jetzt bin. Älter. Bisher war ich im Traum immer das kleine Mädchen, diesmal war ich es jetzt. Für einen Psychiater wahrscheinlich ein inneres Gartenfest.«
»Macht nichts. Sprich weiter. Du warst bei Beckett. Was passierte dann?«
»Der Gasmann kam mit seinem Truck, und ich stieg ein, aber ich war schon zu groß, und er und Beckett erwischten mich. Und dann wurden sie zu … zu Monstern. Kennst du das – man sieht niemanden, weiß aber, dass einem Böses droht?«
»Ja, solche Träume habe ich auch manchmal. Und dann?«
»Sie haben mich durch den Wald gehetzt. Mehr nicht.« Sie schob sich vorsichtig aus dem Bett und tappte Richtung Bad. »Was meinte Deacon mit sieben Uhr?«
»Ich habe eine Konferenzschaltung angesetzt, damit wir uns alle auf den neuesten Stand bringen können. Eigentlich wollte ich dich schlafen lassen.«
Sie blieb an der Badezimmertür stehen, ohne sich umzudrehen. Der Schrecken war noch frisch, und sie brauchte einen Augenblick, um sich zu sammeln. Wieder Kontrolle über sich selbst zu bekommen. »Wie spät haben wir denn?«
»Fünf nach halb.«
»Ich mache mich ein bisschen frisch, okay? Ich würde gerne zuhören, wenn das in Ordnung ist.«
»Klar.«
Sie warf ihm einen schnellen Blick über die Schulter zu. Joseph saß noch immer auf dem Bett und hatte nachdenklich die Stirn gerunzelt. »Was ist los?«
»Nichts. Ich bin nur … etwas aufgewühlt. Mach dich fertig.« Seine Lippen verzogen sich zu einem winzigen Lächeln. »Mir gefällt, was ich sehe, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass du dich so präsentieren möchtest.«
Ihre Wangen begannen zu glühen. Sie trug nur das Schlafanzugoberteil. »Nein. Könntest du mir beim Zimmerservice etwas zum Frühstück bestellen? Ich glaube, ich habe seit gestern Mittag nichts mehr gegessen. Danke.«
Sie schloss die Tür und ließ sich dagegensinken. Ihre Beine waren wie Gummi, und sie musste sich gegen die Duschwand lehnen, um sich die Haare zu waschen. Lauf, lauf, lauf. Raus aus der Hütte und durch den Wald.
Sie biss die Zähne zusammen und seufzte,
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