Todeskind: Thriller (German Edition)
raschen Blick über die Schulter, dass Deacon den Hund an die Leine genommen hatte.
Ford mühte sich auf die Füße und bemerkte mit Befriedigung, dass Carter dem Alten die Handschellen nicht gerade sanft anlegte. Der Agent zerrte Beckett auf die Füße und rammte ihn mit dem Gesicht nach vorne gegen einen Baumstamm. Er beugte sich vor, um dem Alten ins Ohr zu flüstern, aber Ford konnte seine Worte trotzdem hören. »Los, wehr dich. Greif mich an. Tu mir den Gefallen. Bitte.«
»Fahr zur Hölle«, knurrte Beckett.
Ford sah zu seiner Mutter. Sie zitterte wieder, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und ließ Joseph nicht aus den Augen.
In diesem Moment wandte Beckett den Kopf und betrachtete seine Mutter von Kopf bis Fuß. Sein Blick war so lüstern, dass Ford die Fäuste ballen musste, um sich nicht erneut auf ihn zu stürzen.
»Aus dir ist ja wirklich was Nettes geworden, Daphne«, sagte Beckett gedehnt. »Ich würde sagen, du bist endlich gar. Wie du wohl schmeckst?«
Ein warnender Blick von Joseph sorgte dafür, dass Ford die Fäuste tief in die Taschen rammte.
Seine Mutter erbleichte, wich aber nicht einmal zurück. »Ich bin kein hilfloses Kind mehr, Onkel Wilson. Und in der Position, in der ich bin, solltest du mich lieber fürchten.«
Doch Beckett wirkte keinesfalls ängstlich, sondern amüsiert. »Wie hat dir das Bild von dir gefallen, Daphne? Ich hab dich heulend aus der Tür taumeln sehen. Ist sie nicht toll, meine kleine Galerie?«
Sie zog die Brauen zusammen. »Warum? Warum wir?«
»Kelly hatte Lust auf mich. Ich hab ihr nur gegeben, was sie wollte. Du wärst doch auch irgendwann so weit gewesen.«
Ford musste die Augen schließen, um sich zu beherrschen. Er hätte den Kerl zu gerne umgebracht und begriff nicht, wie Joseph so ruhig bleiben konnte. Bis er das Gesicht des Mannes sah. Es war ein Wunder, dass ihm die Zähne nicht herausbrachen, so fest, wie er die Kiefer zusammenpresste.
Aber seine Mutter schien vergessen zu haben, wo sie waren. Sie sah niemand anderen mehr außer Beckett. Er war ihr Alptraum, das wusste Ford. Nun hatte sie die Chance, sich ihrer größten Furcht zu stellen.
»Was ist mit den anderen?«, fragte sie. » Wollten sie es auch?«
Beckett grinste. »Welche anderen?«
Die Augen seiner Mutter weiteten sich. »Die vierundzwanzig anderen, deren Bild an der Wand hängt.«
»Welche denn genau?«, höhnte Beckett. »Die sechs, bevor du fünfzehn warst, oder die achtzehn danach? Die davor waren doch nur Zeitvertreib, bis du endlich so reif warst, wie ich dich haben wollte.« Seine Mutter wurde noch eine Spur blasser, Beckett grinste noch ein wenig breiter. »Die achtzehn danach waren Ersatzbefriedigung. Ich konnte dich nicht haben, also musste ich mich mit zweiter Wahl zufriedengeben.«
Seine Mutter schluckte.
Und dann veränderte sich plötzlich etwas. Die Angst verschwand aus ihrer Miene, an ihre Stelle trat Erkenntnis. »Ich hab dich übertroffen«, murmelte sie. »Ich konnte entkommen. Ein achtjähriges Mädchen hat dich ausgetrickst. Es ist gar nicht so, dass du mein größter Alptraum bist. Ich bin deiner.«
Becketts höhnisches Grinsen verblasste für einen kurzen Moment, doch dann kehrte es zurück, wenn auch schwächer. »Bilde dir mal nichts ein.«
»Vielleicht tue ich das. Aber ich glaube, ich habe verstanden, und das reicht mir. Komm, Ford. Wir gehen nach Hause.«
Donnerstag, 5. Dezember, 16.30 Uhr
Daphne fühlte sich wie ausgehöhlt, als sie zusah, wie Joseph Beckett abführte und auf den Rücksitz eines Streifenwagens der Polizei von Wheeling schubste. McManus würde ihn in Gewahrsam nehmen.
»Mein Chef hat die Liptons bereits kontaktiert«, sagte McManus. »Er war derjenige, der die Suche organisiert hat, als die Eltern Heather vor ein paar Monaten vermisst gemeldet haben. Er war auch derjenige, der die schlechten Nachrichten überbringen musste, als man keine Spur von ihr fand. Diesen Anruf jetzt hat er verdammt gerne gemacht. Ich halte Sie auf dem Laufenden.«
Er stieg in den Wagen und fuhr mit einem Winken davon. In dem Auto saßen zwei weitere Polizisten, die ihre Waffen auf Beckett gerichtet hatten. Zwei Streifenwagen eskortierten den Gefangenentransport. Hier wurde kein Risiko eingegangen.
Daphne sah sich um. »Wo ist Tasha?«
Deacon deutete auf den Escalade. »Hinten auf der Ladefläche. Toller Hund, der Schnauzer. So einen würde ich auch gerne haben.«
»Klar, wahrscheinlich um Ihren Megaschurken-Look abzurunden«, sagte Daphne.
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