Todeskleid: Thriller (German Edition)
sagen. Die Gedanken, die mir im Augenblick durch den Kopf schießen, treiben mich sonst in den Wahnsinn.«
Interessante Wortwahl. »Ich glaube, das Gift war in den Pralinen.«
Er musterte sie ungläubig. »Die, die gestern mit der Post gekommen sind?«
»Sie kamen nicht mit der Post. Jemand hat sie abgeliefert.«
»Wie auch immer. Wie kommst du darauf?«
»Weil in letzter Zeit Verschiedenes passiert ist. Komisches.«
»Zum Beispiel?«, fragte er skeptisch.
Er hält mich ja jetzt schon für verrückt. »Vor ungefähr zwei Wochen hat jemand versucht, mich von der Straße zu drängen.«
»Als dir der Reifen geplatzt ist. Aber hast du nicht behauptet, du bist von der Straße abgekommen, als du einer Katze ausweichen wolltest?«
»Nein, es war ein Auto. Ein schwarzer Wagen. Er hat mich abgedrängt, und ich wäre fast gegen einen Baum gekracht.«
»Und warum hast du mir das nicht gesagt?«
»Weil mich jemand ein paar Tage vorher eine Treppe hinuntergestoßen hat.«
»Mir hast du gesagt, du bist gefallen.«
»Ja, das habe ich mir auch selbst eingeredet, denn alles andere kam mir unsinnig vor. Ich hatte mich mit einer Kundin in Washington am Zoo verabredet. In der U-Bahn gibt es doch diese lange Treppe.«
»Kenne ich«, sagte er tonlos.
»Die bin ich runtergegangen, die Hände voller Einkaufstüten. Plötzlich spürte ich, wie mich jemand schubste. Ich stolperte ein paar Stufen treppab, bevor ich das Geländer packen konnte. Als ich mich umdrehte, war niemand mehr zu sehen. Etwas später ereignete sich der Zwischenfall mit dem Wagen, der mich abdrängen wollte.« Sie sah ängstlich zu ihm hinüber. Seine Miene war nicht zu deuten. »Und dann geschah es wieder.«
»Wann?«
»Vor ein paar Tagen. Dann kamen gestern Abend die Pralinen. Ich hatte schon seit einem halben Jahr nichts mehr zu tun mit der Firma, deren Name auf dem Etikett stand. Es gab keinen Grund, weshalb sie mir Pralinen schicken sollte, daher habe ich die Dinger vorsichtshalber weggeworfen.«
»Glaubst du, dein Klient steckt dahinter?«
»Nein. Aber im Netz kann jeder meine Kundenliste einsehen.«
Er presste die Kiefer zusammen. »Warum hast du mir das alles nicht erzählt?«
»Weil es so verrückt klingt. Ich dachte, du glaubst mir nicht.«
»Ich glaube dir, Adele.«
Etwas in seiner Stimme erfüllte sie mit neuer Furcht. »Wirklich?«
»Rusty ist vergiftet worden. Ich würde gerne wissen, warum dir jemand etwas antun will. Ausgerechnet dir!«
Sie dachte an den schwarzen Wagen, der gestern Nacht an ihrem Haus vorbeigefahren war. Hatte sie ihn wirklich gesehen? Oder war er aus der Kiste mit Erinnerungen geschlüpft, die sie so gut verschlossen geglaubt hatte? »Ich weiß nicht«, flüsterte sie. Darren wartete, ob sie noch etwas sagen würde, aber schließlich zuckte sie die Achseln. »Ich weiß es einfach nicht«, wiederholte sie.
Darren nickte knapp. »Ich verstehe.« Wie ein Roboter fing er an, Kleidung auszuwählen. »Ich hole Allie von nebenan ab und bringe sie zu ihrem Babysitter. Meine Mutter nimmt sie heute Nachmittag, dann können wir weiterreden.«
Adele nickte verwirrt. Sie hatte gedacht, er würde verstört reagieren. Würde sich Sorgen um Allies Sicherheit machen. Ich dachte, er hätte mehr Angst um mich. Stattdessen wirkte er gekränkt. Distanziert. Sogar misstrauisch. »Wie du meinst«, murmelte sie. »Ich warte hier auf dich.«
Toronto, Mittwoch, 6. April, 12.45 Uhr
»Papa, hier gefällt’s mir gar nicht.« Violet stand mitten im Hotelzimmer und zog einen Schmollmund. Ihre abgewetzte Puppe hielt sie umklammert. »Ich will nach Hause.«
Silas tauschte einen raschen Blick mit seiner Frau. Sie wusste genug, um sich zu fürchten, aber nicht genug, um ihn zu verabscheuen. Noch nicht jedenfalls. Sie saß auf dem Bett. »Komm, setz dich. Wir machen den Fernseher an.«
»Ich bin zurück, sobald ich kann«, sagte Silas und reichte Rose eine Geldkarte. »Bei der Bank nebenan haben wir ein Konto.« Er gab ihr den Pin-Code. »Kauf, was ihr braucht.«
Seine Frau betrachtete den Namen auf der Karte, den er auch an der Grenzkontrolle genannt hatte. Sie schaute wieder zu ihm auf. »Du hast das von langer Hand geplant.«
»Ja. Aber ich habe immer gehofft, wir würden es nicht brauchen.« Er breitete die Arme für Violet aus, aber sie drehte demonstrativ den Kopf weg. »Ach, Schätzchen, es tut mir leid. Ich weiß, dass du durcheinander bist. Ich bin bald wieder da, und dann machen wir zwei was Schönes zusammen, einverstanden?
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