Todeskleid: Thriller (German Edition)
und sie konnte sich nicht dazu durchringen, sie wegzuschieben.
»Ich spreche nicht gerne darüber, ich weiß auch nicht, warum.«
»Vielleicht weil es dann irgendwie wirklicher wird.«
»Es ist immer wirklich. Daher habe ich so viele Schlösser. Und Pistolen. Und Peabody.« Sie lehnte sich gegen seine Handfläche und genoss die Berührung. Er liebkoste ihre Wange und strich ihr mit dem Daumen über die Unterlippe. Sie wollte so gerne mehr. Mit einem stummen Gebet um Kraft wich sie zurück. »Komm, lass uns loslegen. Wir haben viel zu tun.«
Er ließ die Hand sinken. »Könnte der Kerl im Parkhaus derselbe sein, der letzten Sommer entkommen konnte?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Der Bursche war kaum eins fünfundsiebzig, wenn überhaupt, und wog höchstens siebzig Kilo. Der von gestern war ein gottverdammtes Schwergewicht.«
»Wenn wir ihn hierbei nicht aufspüren, gehen wir alle Kampfsportschulen durch, bis wir ihn haben«, versprach Grayson. »Ich will, dass du auch noch ruhig schlafen kannst, wenn ich wieder weg bin.«
Sie spürte, wie es ihr die Kehle zuschnürte. Als er ihrem Blick begegnete, waren seine Augen so traurig, dass es ihr in der Seele weh tat.
»Nein, tu’s nicht«, sagte er. »Sag nichts. Ich bin gleich zurück.« Er rief Peabody, und die zwei gingen gemeinsam hinaus. Paige blickte ihnen durchs Fenster nach, bis sie Graysons dunkles Haar nicht mehr sehen konnte. Sie fühlte sich unruhig und nervös.
Und verdammt scharf. Wäre er jetzt zurückgekommen, hätte sie sich glatt auf ihn gestürzt.
Um sich abzulenken, trat sie an den Tisch, sammelte die benutzten Teller ein und trug sie in die Küche, wo sie sie in die Geschirrspülmaschine räumte. Nachdem sie damit fertig war, trennte sie die Verbindung des großen Monitors zu seinem Laptop und schleppte den Bildschirm ins Arbeitszimmer zurück, wo sie ihn wieder an seinen Rechner anschloss. Sie griff gerade hinter seinem Schreibtisch nach dem richtigen Kabel, als ihr Handy in der Tasche summte. Vor Schreck fuhr sie hoch und stieß sich den Kopf an dem Regal über dem Schreibtisch.
Gereizt rieb sie sich mit der einen Hand die schmerzende Stelle, während sie mit der anderen ans Telefon ging. Clay. »Wird auch Zeit, dass du mich anrufst«, sagte sie. »Wo bist du?«
»Endlich wieder zu Hause. Zach ist bei seinem Dad und in Sicherheit.«
Sie ließ sich auf Graysons Stuhl sinken. »Zum Glück. Und was ist mit Junkie-Mami?«
»Sitzt im Knast. Ich hoffe nur, dass sie eine astronomisch hohe Kaution festlegen. Zach ging es so weit gut, zumindest körperlich. Sein Vater hat versprochen, dass er ihm einen Therapeuten sucht. Mit etwas Glück kommt der Junge wieder in Ordnung.«
Nein, nicht wirklich, dachte sie. »Hoffen wir’s. Hör mal, Clay, ich brauchte heute einen Aufpasser. Hättest du Lust auf eine Übernachtung in einer Suite im Peabody?«
»Wie bitte?«
»Grayson hat zwei Suiten im Peabody Hotel gebucht, eine für mich und eine für meinen Bodyguard. Das Haus, in dem sich meine Wohnung befindet, wird in letzter Zeit außergewöhnlich stark von Killern frequentiert.«
»Und er wird nicht da sein?«, erkundigte sich Clay vorsichtig.
Paige biss sich auf die Lippe. »Nein.«
»Okay«, sagte Clay. »Schick mir die Zimmernummer per SMS und sorg dafür, dass ich unten einen Schlüssel bekomme. Ich leg mich ein bisschen hin, dann muss ich mich um sechs mit einem Klienten in Towson treffen. Wenn ich damit fertig bin, komme ich direkt zu dir. Sollte nicht später als zehn werden.«
»Danke.« Sie beendete das Gespräch und sah auf. »Verdammt.« Als sie sich den Kopf gestoßen hatte, waren alle Fotos umgefallen.
Sie sah sich jedes Bild genau an, als sie die Rahmen wieder aufstellte. Es waren mindestens ein Dutzend, die meisten von Grayson mit den Carters aus den vergangenen Jahren. Lisa und Joseph erkannte sie. Holly musste die Kleinste sein, aber da war noch ein drittes Mädchen, das Paige noch nicht kennengelernt hatte. Grayson hatte eine Zoe erwähnt, also nahm sie an, dass es sich um die dritte Schwester handelte. Auf anderen Bildern war ein lächelndes Paar mit den Kindern zu sehen. Wahrscheinlich die Eltern. Die Carters sahen aus wie eine glückliche Familie. Ob sie wohl wussten, wie glücklich sie waren?
Auf dem nächsten Foto war Grayson mit Hut und Robe und mit einer großen, stattlichen Rothaarigen abgebildet. Paige hielt das Foto unter das Licht und betrachtete ihr Gesicht. Zwar war sie so hellhäutig, wie Grayson dunkel war,
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