Todeskleid: Thriller (German Edition)
Schluss gekommen, dass sie aussagestark genug sind. Man hat dich manipuliert, Grayson. Hättest du etwas ahnen müssen? Herrgott, ich weiß es nicht. Ich war nicht dabei.«
»Aber ich«, murmelte er, »und ich weiß es trotzdem nicht.«
»Und vielleicht wirst du es auch nie herausfinden. Tatsache ist jedoch, dass Ramons Leben sich für immer verändert hat, und damit musst du klarkommen. Du kannst Crystal nicht wieder lebendig machen, doch du kannst dafür sorgen, dass ihre Schwester aussagt, falls sie denn etwas weiß. Dann bestrafst du den wahren Täter, und Ramon bekommt seine Freiheit zurück.«
Sie hatte ein Talent, die Dinge auf den Punkt zu bringen. »Und dann?«
»Und dann steigst du jedem aufs Dach, der einfach weggesehen hat. Du sperrst die Mistkerle weg, aber vorher gibst du Ramon fünf Minuten Zeit allein mit ihnen in einem schalldichten Raum.« Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Er hat so viel verloren … Er ist das wahre Opfer hier. Er und seine Familie.«
»Du hättest Rechtsanwältin werden sollen«, sagte er, und sie lächelte traurig.
»Danke. Bist du jetzt bereit, mit Brittany Jones zu sprechen?«
Er schüttelte den Kopf, lieh sich aber ihren Satz von eben aus: »Ja, sicher, gehen wir.«
Sie grinste. »Du lernst schnell.« Doch dann wurde sie wieder ernst. »Soll ich das vielleicht übernehmen? Wenn sie vorher schon gelogen hat, machst du ihr vielleicht Angst.«
Er dachte darüber nach. Dachte über seinen seelischen Zustand nach. Und er beschloss, seinen Stolz beiseitezuschieben. »Okay, versuch du es. Sehen wir, was passiert. Aber ich gehe dennoch mit dir, darüber diskutieren wir nicht, klar?«
»Herrje, so viel hatte ich gar nicht erwartet. Aber versuch bitte, dich wie mein Bodyguard zu benehmen und nicht wie ein Anwalt, der sie wegen Falschaussage vor Gericht zerren könnte. Auf geht’s.«
Er ließ sie vorgehen und scannte aufmerksam die Umgebung, bis er plötzlich mit einem Hauch Selbstironie feststellte, dass er sich tatsächlich wie ein Bodyguard benahm. Doch das Grinsen verging ihm, als sich die Tür öffnete und er in das Gesicht einer Frau blickte. Brittany schien um fünfzehn Jahre gealtert zu sein.
»Ja?«
Paige lächelte. »Hi. Entschuldigung, dass wir stören müssen. Wir suchen Brittany Jones.«
Der Blick der Frau flackerte zu Grayson, dann zurück zu Paige. »Warum?«
»Nun, das würde ich lieber mit Miss Jones besprechen«, sagte Paige. »Sind Sie das?«
»Warum?«, wiederholte Brittany mit Nachdruck.
»Es geht um Ihre Schwester.« Paige legte ihre Hand an die Tür, als Brittany Anstalten machte, sie zuzuwerfen. »Ich bin nicht von der Polizei. Mein Name ist Paige Holden, und ich arbeite als Privatermittlerin. Ich brauche Ihre Hilfe. Bitte – sprechen Sie mit mir.«
Brittanys Blick flog wieder zu Grayson. »Aber er ist Anwalt. Ich kann mich an ihn erinnern.«
»Heute ist er das nicht. Heute ist er eher … mein Partner.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Dann lassen Sie uns bitte eintreten, damit wir es Ihnen erklären können.«
Brittany war sichtlich hin- und hergerissen. Ihre Lippen zitterten, sie schloss die Augen. »Ich kann nicht.«
Paige seufzte. »Brittany, drei Leute, die damals im Prozess gegen Ramon Muñoz ausgesagt haben, sind gestern gestorben. Mindestens zwei sind ermordet worden, vielleicht sogar alle drei.«
Brittanys Augen weiteten sich in echtem Entsetzen. »Oh, mein Gott.«
»Sie müssen uns sagen, was Sie wissen. Auch andere könnten in Gefahr sein.«
Brittany wurde bleich und schlug sich die Hand vor den Mund. Tränen traten ihr in die Augen. »Ich kann nicht.«
Mit einem Mal ging Paige in die Hocke und griff durch den Türspalt an Brittanys Fuß vorbei. Als sie sich wieder aufrichtete, hielt sie ein rotes Spielzeugauto in der Hand. »Tun Sie es. Bitte.«
Zitternd öffnete Brittany die Tür und ließ sie ein, dann fuhr sie sich verlegen mit der Hand durchs Haar. »Entschuldigen Sie. Ich hatte noch geschlafen. Ich arbeite im Nachtdienst.«
»Kein Problem«, murmelte Paige. »Wo arbeiten Sie denn?«
»In einem Pflegeheim. Als Hilfskraft.«
»Harter Job«, bemerkte Paige, als Brittany sie zu einem alten zerschrammten Tisch führte, auf dem Buntstifte lagen.
Brittany begann, die Stifte in einen Plastikkorb zu schieben, und Paige half ihr. »Und es muss noch härter sein, wenn man einen Sohn aufziehen und gleichzeitig noch die Schule besuchen muss.«
Brittany sah verdutzt auf. »Woher wissen Sie das mit der
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