Todeskleid: Thriller (German Edition)
Schule?«
Paige deutete auf den Couchtisch. »Ihr Physiologie-Buch. Ausbildung zur Pflegerin?«
Sie nickte. »Hilfskräfte verdienen praktisch nichts.«
»Ja, ich weiß. Ich habe mal als Rechtsanwaltsgehilfin gearbeitet. Die Differenz bei den Gehältern ist unverschämt. Sollen wir uns setzen?« Sie wartete die Antwort nicht erst ab, sondern nahm gleich am Küchentisch Platz. »Brittany?«
Brittany ließ sich zu ihrer Linken nieder, Grayson am Ende des Tisches.
»Wo ist Ihr Sohn jetzt?«, fragte Paige.
»Im Kindergarten. Ich muss ihn aber bald abholen.«
»Dann ist er also fünf?«, fragte Paige ohne Überraschung.
Grayson rechnete rasch nach, und ihm wurde schwer ums Herz. »Sie waren schwanger, als Crystal starb?«
»Ja.« Brittany sah zur Seite. Sie zitterte jetzt am ganzen Körper. »Mir wird schlecht.«
»Nein, bleiben Sie ruhig«, sagte Paige sanft. »Atmen Sie tief ein und aus. Erzählen Sie mir von Crystal.«
»Sie war eine tolle Schwester.« Brittany kniff die Augen zu. »Sie war alles, was ich hatte.«
»Und dann hat man sie Ihnen genommen.«
Sie ballte die Fäuste auf dem Tisch. »Ramon Muñoz hat sie mir genommen.«
»Nein«, widersprach Paige mit fester Stimme, und Brittanys Lider flogen auf. Sie blinzelte unsicher. »Und das ist das Problem, nicht wahr? Sie wussten, dass es nicht Ramon war.«
»Nein! Ich wusste das nicht. Die Polizei hat mir gesagt, Muñoz wäre es gewesen. Man hätte die Tatwaffe bei ihm gefunden.« Wieder traten Tränen in Brittanys Augen. »Aber es ist sowieso egal, wer es getan hat, denn im Grunde bin ich schuld. Sie hat’s für mich getan.« Nun rollten ihr die Tränen über die Wangen.
»Was hat sie für Sie getan?«, fragte Grayson nach.
»Sie ist meinetwegen zu dieser Party gegangen. Um mir zu helfen.«
»Sie hatte vor, sich dort Geld zu verschaffen«, sagte Paige. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Weil Sie ein Baby bekamen.«
Brittany zuckte müde die Achseln. »Ja. Sie hat immer auf mich aufgepasst und versucht, alle Schwierigkeiten von mir fernzuhalten. Ich hatte ein Stipendium bekommen und gerade erst mein erstes Semester angefangen. Und dann habe ich es phänomenal vermurkst. Crystal meinte, sie würde das wieder in Ordnung bringen. Sie wüsste, wo richtig viel Geld zu holen sei. Dann könnte ich weiterstudieren, und wir müssten nicht mehr jeden Cent umdrehen.«
»Sie beide haben allein gewohnt, richtig? Wie haben Sie sich denn Ihren Lebensunterhalt verdient?«
Brittanys Blick wurde misstrauisch, die Tränen versiegten. »Wir haben gearbeitet. Aber nicht als Huren, wie Sie sicher denken.«
»Das habe ich nicht gedacht«, beschwichtigte Paige.
»›Die Katze lässt das Mausen nicht‹«, erwiderte Brittany bitter. »Das hat jeder gesagt, vor allem die Polizistin, die in dem Fall ermittelt hat. Gott, was habe ich die gehasst!«
»Detective Morton?«, fragte Paige.
»Ja, dieses Miststück«, sagte Brittany wütend. »Sie hat so getan, als hätte meine Schwester verdient, umgebracht zu werden. Angeblich hat sie den Gärtner in den Schuppen gelockt, um da mit ihm rumzumachen. Aber so war das nicht. Das war doch totaler Unsinn.«
In ihrer Stimme lag ein scharfer Unterton, der Paige und Grayson aufhorchen ließ. »Warum nicht?«, fragte Grayson. »Warum war das totaler Unsinn?«
»Sie hasste Sex«, erklärte Brittany. »Weil ihr mal was passiert ist.«
»Ist sie missbraucht worden?«, fragte Paige. Brittany sah zur Seite.
»Sie war ein guter Mensch. Wir wurden in verschiedenen Pflegeheimen untergebracht, aber sie versprach mir, mich zu sich zu nehmen, sobald sie achtzehn würde. Sie hat ihr Versprechen gehalten.«
»Und kurz danach wurde sie wegen Prostitution verhaftet?«, fragte Paige.
»Ja. Sie ging auf den Strich, um uns etwas zu essen kaufen zu können, aber sie wurde erwischt. Man wollte mich wieder ins Pflegeheim bringen, daher hauten wir ab. Wir kamen hierher und fingen neu an. Sie bekam einen Job als Kellnerin, und ich arbeitete vor und nach der Schule in einem Drive-Thru. Eigentlich lief alles ganz gut, bis ich schwanger wurde.« Brittany seufzte. »Und dann ging sie zu dieser Party.«
»Um an das richtig große Geld zu kommen«, sagte Paige. »Das hätte sie mit Anschaffen niemals verdienen können.«
»Haben Sie das auch Detective Morton erzählt?«, wollte Grayson wissen.
»Nein.«
»Und warum nicht?«, fragte Paige.
Brittany schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht sagen.«
»Brittany«,
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