Todeskleid: Thriller (German Edition)
Flughafen in Montreal. Er verzog das Gesicht. Er würde den Bus nehmen müssen, das war unauffälliger. Acht Stunden in einem Bus wäre bestimmt Folter. Aber es ging nicht anders.
Er hatte vor, Violet in Toronto zurückzulassen. Bis man sie gefunden, identifiziert, geweckt und befragt hatte, würde er längst über alle Berge sein. Sie hatte kein einziges Mal sein Gesicht gesehen. Im Übrigen würde ein totes Kind die Gemüter nur noch mehr erhitzen und der Polizei Druck machen. Das wollte er nicht riskieren.
Noch jedoch bestand eine Chance, die Ermittlungen aufzuhalten, indem er alle Spuren, die zu den McClouds führten, verwischte. Und dazu brauchte er nur die beiden zu beseitigen, die über die meisten Informationen verfügten. Holden und Smith mussten ein für alle Mal von der Bildfläche verschwinden. Er drückte die Kurzwahl neun.
»Hast du sie?«, fragte er, ohne sich mit einem Gruß aufzuhalten.
»Ich weiß, wo sie ist.«
»Wann wirst du sie in deiner Gewalt haben?«, fragte er kalt.
»Die Leute hier gehen langsam nach Hause. Sie sollte gleich rauskommen. Ich melde mich.«
»Mach das.« Ich muss meinen Flieger erwischen.
Donnerstag, 7. April, 21.50 Uhr
»Hoffentlich spricht Rex mit uns.« Paige blickte vom Café auf der gegenüberliegenden Seite zum McCloud-Gebäude hinauf. »Und ich hoffe auch, dass die Großeltern ihm nicht hierher nachlaufen, um uns erneut zu piesacken. Ich werde heute wohl kaum die Geduld aufbringen, mich mit ihnen auseinanderzusetzen.«
Grayson ging es nicht anders. Er stellte die zwei Tassen Kaffee auf den Tisch und zog ihr den Stuhl zurück. »Wenigstens wissen wir, dass Adele Shaffer nicht im Leichenschauhaus liegt. Keine Polizeiwache hat etwas über sie, und wir haben ihr Bild an alle Krankenhäuser geschickt. Hyatt wollte das Foto in den Nachrichten veröffentlichen. Ich hoffe inständig, dass jemand sie gesehen hat.«
Paige zog eine Grimasse, als sie sich setzte. »Vielleicht kann uns Rex etwas darüber erzählen, was mit den MAC-Kindern geschah.«
Auch Grayson ließ sich auf den Stuhl sacken. »Hoffentlich kann ich wieder aufstehen, wenn ich einmal sitze.«
Sie nickte. »Silas war nicht gerade zimperlich«, murmelte sie. »Mir tut alles weh, so heftig hat er mich gegen die Wand geschleudert.«
»Wenn das hier vorbei ist, gehen wir zusammen in die Badewanne, und ich massiere dir den Rücken.«
»Hmmm. Deine schicken Möbel machen mich nervös, aber mit deiner Badewanne kann ich leben.«
»Und mit mir auch?« Die Worte waren schon heraus, bevor er noch wusste, dass er sie hatte aussprechen wollen. Und jetzt war es zu spät, sie zurückzunehmen. Nicht dass er es gewollt hätte. Er wollte sie, er wollte mit ihr leben. Aber es war viel zu früh, sie darum zu bitten.
Bloß hatte er genau das gerade getan.
Sie riss die Augen auf. »Was hast du da gesagt?«
Ihm wurde eine Antwort erspart, als Rex zu ihrem Tisch schlenderte. »Schau an. Wenn das nicht der Lone Ranger und sein treuer Kumpel Tonto sind«, höhnte er.
Paige verdrehte die Augen. »Setzen Sie sich.«
Er zog sich einen Stuhl heran und drehte ihn um, damit er sich rittlings daraufsetzen konnte. Er trug noch immer die Sachen vom Tag zuvor, aber seine Haltung hatte sich stark verändert. Jetzt hatte er Angst. Und war wütend.
»Vielen Dank auch für die Sondergenehmigung, Staatsanwalt«, sagte er spöttisch. »Ist doch immer schön, sich ab und an frei unter den braven Bürgern unserer Stadt zu bewegen.«
Grayson hatte Rex’ Bewährungshelfer angerufen und ihm mitgeteilt, dass er außerhalb der erlaubten Reichweite der Fußfessel mit Rex sprechen müsse. Dieses Mal durfte es keine Einmischung von Seiten der Familie geben. Nur Rex. Vielleicht kriegen wir dann endlich die Wahrheit aus ihm heraus.
»Wussten Sie, dass Betsy Malone tot ist?«, fragte Paige, wie sie vorher abgemacht hatten.
Rex’ Blick flackerte. »Ja«, sagte er leise. »Überdosis.«
»Das will uns jedenfalls jemand glauben machen«, sagte Grayson. »Man hat ihr die Drogen verabreicht.«
Rex setzte sich etwas gerader auf. »Und jetzt glauben Sie, dass ich es war?«
»Nein«, sagte Grayson. »Sie tragen die Fußfessel. Sie waren nicht einmal in der Nähe ihrer Wohnung.« Er hatte den Bewährungshelfer gefragt.
»Ich habe auch Crystal nicht umgebracht«, sagte er wieder. »Sie können mir nicht das Gegenteil beweisen.«
»Wer hat sie denn Ihrer Meinung nach umgebracht?«, fragte Paige. »Dass es Ramon Muñoz nicht war, wissen wir. Und
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