Todeskleid: Thriller (German Edition)
Holden, denn die Frau galt als unbestechlich. Und er musste es wissen. Er hatte es vor langer Zeit selbst schon versucht, aber sie war nicht auf den Köder angesprungen. Sie gehörte zu den Polizisten der übelsten Sorte – den aufrichtigen Gesetzeshütern.
Er hatte außerdem erfahren, dass sich zwischen Holden und Smith etwas anbahnte. Der Verdacht war ihm schon gekommen, als er die Nachrichten gesehen hatte, aber nun wusste er es mit Sicherheit. Das war ausgesprochen nützlich. Smith hatte Familie. Männer mit Familien waren sehr leicht zu überzeugen.
Und schließlich hatte er auch erfahren, weswegen er eigentlich gekommen war. Silas wird weich. Er hatte es schon lange vermutet und war ihm deshalb dieses Mal gefolgt. Dass Silas davor zurückgeschreckt war, die Tötung von Roscoe James zu übernehmen, war schlimm genug gewesen. Dass er nach der Tötung Delgados ausgesehen hatte, als müsse er sich übergeben, war schlimmer. Aber nun hatte er Smith und Holden im Fadenkreuz gehabt und nichts getan.
Der Bursche braucht einen Auffrischungskurs. Das war ziemlich leicht zu bewerkstelligen. Und wenn die Mahnung allein nichts ausrichtete, dann würde er keine Probleme damit haben, seine Drohung wahrzumachen.
Doch nun musste er entscheiden, was er wegen Holden und Smith unternehmen sollte. Er überlegte einen Moment, dann nahm er sein Handy und wählte.
»Und?«, meldete sich unverzüglich eine Stimme.
»Jetzt ist die Polizei im Boot.«
»Du hast gesagt, du kümmerst dich darum, dass die Polizei nichts erfährt.«
»Tja, dumm gelaufen. Uns war immer klar, dass Ramon Muñoz als Täter keine Garantie bietet. Wir müssen auf unseren Alternativplan zurückgreifen.«
Eine lange Weile herrschte angespanntes Schweigen auf der anderen Seite. »Verdammte Schlampe. Warum hat sie nicht einfach die Finger davongelassen?«
Er war sich nicht sicher, ob mit der »Schlampe« Elena Muñoz oder Crystal Jones gemeint war. »Sind wir uns einig?«
»Ja.« Das Wort kam barsch heraus. »Tu, was nötig ist. Aber kümmere dich darum.«
Und dann war die Verbindung unterbrochen, und er starrte auf sein Telefon. »Wie immer.«
Dienstag, 5. April, 21.00 Uhr
Schweigend ging Paige mit Peabody auf ihre Wohnung zu. Grayson blieb einen Schritt hinter ihr, um ihr Deckung zu geben. Er würde den Hund Gassi führen, sobald sie sicher im Haus war.
Grayson spitzte die Ohren nach jedem ungewöhnlichen Geräusch. Aber im Treppenhaus schien alles in Ordnung zu sein, und er ertappte sich dabei, dass seine Aufmerksamkeit immer wieder vom Anblick ihrer hautengen schwarzen Hose abgelenkt wurde. Oder vielmehr von ihrem Gluteus maximus, der sich im dämmrigen Licht mit jeder Stufe, die sie vor ihm hinaufstieg, so sexy anspannte. Dass sie unter ihrer Kleidung drei Pistolen und fünf Messer trug, machte das Gesamtbild irgendwie noch attraktiver.
Doch sobald sie an ihrer Wohnungstür ankamen, wurde er wieder in die Realität der gegenwärtigen Bedrohung zurückgeholt. Sie hatte offensichtlich schon vorher jede nur mögliche Vorsichtsmaßnahme getroffen. Erster Stock, Stahltür, drei neue Sicherheitsschlösser. Dass sie sich genötigt fühlte, sich derart zu schützen, machte ihn aufs Neue fuchsteufelswild.
»Diese zusätzlichen Riegel hier sind wahrscheinlich ein bisschen zu viel des Guten«, gab sie zu. »Aber ich fühle mich wohler damit.«
Nachdem sie die Wohnung betreten hatten, schob sie alle drei Riegel vor und ließ ihren Rucksack auf einen altmodischen Sekretär fallen.
»Leg doch deinen Mantel ab«, sagte sie und deutete auf die Garderobe gleich am Eingang, dann zog sie ihre Jacke aus, hängte sie an einen Haken und ging in die Küche.
»Geh ruhig durch und mach’s dir bequem«, rief sie über die Schulter, während er sich überrascht in den Räumlichkeiten umsah.
Er hatte einen modernen, vielleicht sogar kargen Look erwartet, doch stattdessen hatte sie sich mit farbenfrohen Antiquitäten umgeben. Das Wohnzimmer strahlte den rustikalen Charme eines Blockhauses in der Prärie aus, vor allem der riesige Vorratsschrank, der fast eine ganze Wand einnahm. Niemals hätte er das mit der Frau in Verbindung gebracht, die er heute Morgen kennengelernt hatte. Es war gemütlich hier. Heimelig. Er setzte sich auf das bequeme Sofa, auf dem man zur Not auch schlafen konnte. Sein Blick wanderte durch den Korridor zu einer Tür, die vermutlich zu ihrem Schlafzimmer ging. Ihr Bett würde wohl weit bequemer sein. Aber falls er dort hinkam, würde er nicht
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