Todesläufer: Thriller (German Edition)
genau.«
»Das sind Analyselabors, Pollack. Labors für die A-na-ly-se«, wiederholte er, wobei er in überlegener Manier jede einzelne Silbe betonte. »Mit Grundlagenforschung über irgendwelche Wellen haben die nichts am Hut.«
Aus seinem Büro im dreiundzwanzigsten Stock des Federal Building reichte der Blick bis weit in die Lafayette Street und die umliegenden Seitenstraßen. Die Aussicht auf das Gerichtsgebäude und das Rathaus war einfach großartig. Die reinste Postkartenidylle, wenn sich der Tag dem Ende zuneigte und in den öffentlichen Gebäuden nach und nach die Lichter angingen.
Doch heute sah man statt dieses herrlichen Anblicks lediglich die sich selbsttätig einschaltende Nachtbeleuchtung und Hinweisleuchten auf Notausgänge. Sämtliche Verwaltungsgebäude waren unbesetzt; nicht einmal das Wartungspersonal war da.
»Wir haben doch nichts zu verlieren, wenn wir fragen?«
Mit diesen Worten legte Sam den Schrittmacher, den Retner ihm überlassen hatte, auf den von Akten übersäten Schreibtisch. Benton wandte den Blick ab, obwohl das Gerät ungebraucht und damit deutlich sauberer war als das, das ihm der Chirurg in die Hände gelegt hatte.
»Für Sie ist das natürlich keine große Sache. Aber für mich würde das bedeuten, dass ich die Leute noch mehr unter Druck setzen und ihnen vorgaukeln müsste, mein neuer Auftrag sei dringender als alles, was ich ihnen schon gestern aufgehalst habe …«
»Uns bleibt keine Wahl! Wir dürfen uns nicht darauf beschränken, die Urheber dieser entsetzlichen Geschichte aufzuspüren. Wir müssen auch einen Weg finden, wie sich die Sprengsätze der Läufer entschärfen lassen.«
Benton hörte mit dem Schaukeln auf.
»Das ist Aufgabe der Nationalgarde.«
»Was tun die denn? Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen?«
»Die werden sehr gut damit fertig. Ich habe das selbst gesehen.«
»Aber die jagen doch die Leute nur weg, wo sie Schaden anrichten könnten.«
»Die Nationalgarde hat die Aufgabe, die Bevölkerung zu beschützen.«
»Ach ja? Was für eine Bevölkerung eigentlich? Damit meinen Sie anscheinend die, die Glück hatten, weil es sie nicht getroffen hat. Und was ist mit den anderen? Sollen die zusehen, wo sie bleiben? Dürfen die von ihrem Land nicht mehr erwarten? Ist das wirklich alles, was wir diesen Männern und Frauen anbieten können?«
Bei jedem seiner Sätze hieb er mit der flachen Hand auf die Schreibtischplatte.
Der FBI -Mann betastete seine Schenkelwunde. Statt des grünen Krankenhaus-Pyjamas trug er den Reserveanzug, den er in der Plastikhülle der Reinigung in seinem Schrank hängen hatte.
»Ich kann es mir nicht leisten, mich bei den Leuten wegen einer … Schnapsidee unmöglich zu machen.«
»Wie nennen Sie das?«
Sam kam drohend um den Tisch herum.
»Bleiben Sie, wo Sie sind! Sonst rufe ich meine Sekre…«
Sam hatte ihn bereits so fest an der Gurgel gepackt, dass sich Benton nicht rühren konnte. Er lehnte schwer mit seinem ganzen Gewicht auf ihm.
»Verdammter Drecksack! Ich spreche vom Überleben meiner Tochter … und du nennst das eine Schnapsidee ?!«
»Lassen Sie mich los!«, gurgelte Benton erstickt.
»Was muss passieren, damit du aufhörst, dich wie ein Arschloch aufzuführen? Na, was?«
»Aufhö …«
Auf dem Schreibtisch sah Sam ein Familienfoto. Francis Benton, wie er ihn sich nie im Leben hätte vorstellen können: lächelnd, liebevoll, mit einer blonden Frau und zwei rothaarigen Jungen beim Grillen. Sonnenschirme und riesige Spieße, die wie Siegestrophäen in die Kamera gehalten wurden. Ein glücklicher Familienvater.
»Und was würdest du für die da machen?«
Der FBI -Mann bekam kaum noch Luft. Seine Augen traten hervor. Nicht der geringste Laut drang aus seiner zusammengedrückten Kehle. Dann ließ ihn Sam mit einem Mal los.
»Würdest du bei denen auch von Schnapsidee sprechen? Sag schon!«
»Ich …«
Sam durchquerte den Raum in der anderen Richtung und stellte sich vor das Bild des Präsidenten, das in den Büros sämtlicher Führungskräfte von Regierungseinrichtungen hing.
»Und was ist mit ihm hier?« Bei diesen Worten wies er auf Coopers Foto. »Würdest du wenigstens für den ein bisschen mehr tun?«
Der verständnislose Blick seines alten Feindes zeigte ihm, dass dieser nichts über den Gesundheitszustand des Präsidenten wusste.
»Was wollen Sie damit sagen?«
Das leise Klingeln des Telefons auf dem Schreibtisch überraschte beide. Während sich Benton mit einer Hand den schmerzenden Hals
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