Todesläufer: Thriller (German Edition)
dem hochgestellten Kragen zu verbergen. Außerdem nahm er eine schwarze Mütze von einem Stapel und setzte sie auf.
Benton und Sam
Sie hatten ihre Runde in Bentons Crown Victoria wieder aufgenommen und suchten unermüdlich immer wieder dieselben Straßen nördlich von Ground Zero ab: Barclay, West, Warren, dann, mit einem kleinen Umweg über Park Place, zurück über den Broadway. Dabei sahen sie, dass die Demonstranten an der Baustelle des Cordoba-Hauses verschwunden waren.
Wenn Cooper von Nordosten kam, wie sie beide vermuteten, musste er zwangsläufig eine dieser Straßen nehmen, um auf den Vorplatz des 1 WTC zu gelangen.
Sam sah auf die Uhr.
»5 Uhr 05. Seit fünf Minuten ist Stanley Cooper eine wandelnde Bombe.«
»Mal ehrlich, hätten Sie es geglaubt, wenn Ihnen jemand gesagt hätte, Sie würden eines Tages Jagd auf einen Präsidenten mit einer Sprengladung im Leib machen?«
»Ich hätte es nicht mal für möglich gehalten, wenn man mir nur gesagt hätte, dass ich in New York den Präsidenten der Vereinigten Staaten verfolgen würde, keine Sekunde lang«, gab er zu.
Während der ganzen Zeit, in der Sam seine Tochter für tot gehalten hatte, oder zumindest für so gut wie tot, hatte er seine eigenen dringendsten Bedürfnisse hintangestellt. Seit sie aber ins Leben zurückgekehrt war, spürte er, wie diese gebieterisch ihr Recht forderten, bei dem Hunger, der ihn seit Stunden peinigte, angefangen.
Auf der Armlehne zwischen Benton und ihm standen auf einem Tablett aus recycelter Pappe zwei riesige Cola-Becher und verschiedene Leckereien, die der FBI -Mann noch rasch in der Cafeteria des Roosevelt besorgt hatte. Sie bedienten sich abwechselnd.
Jedes Mal, wenn sie sich dem riesigen freien Platz vor dem World Trade Center näherten, sahen sie die Kette von Polizeibeamten, die den ganzen Bereich absperrten, so dass theoretisch niemand dorthin vordringen konnte. Turmhoch überragten die neuen Bauten die Stadt als neue Herausforderung an die Welt und die Schwerkraft. Das galt insbesondere für 1 WTC , das Glanzstück der ganzen Anlage, dessen Höhe von genau eintausendsiebenhundertsechsundsiebzig Fuß symbolträchtig auf das Gründungsjahr der Nation hinwies.
Die Vollendung dieses Turms war, wie man so sagt, erst auf den letzten Drücker gelungen. Nach der Grundsteinlegung am Nationalfeiertag des Jahres 2004 hatten die Hafenbehörde, der Bürgermeister der Stadt wie auch das Weiße Haus entschieden, dass der Turm Nummer 1 auf Biegen und Brechen am 11. September 2012 fertig werden müsse, auf den Tag elf Jahre nach den tragischen Ereignissen an seinen Vorgängern. Allerdings war er knapp zwei Jahre vor diesem Zeitpunkt nicht einmal zur Hälfte fertig gewesen, so dass er die benachbarten Wolkenkratzer noch so gut wie nicht überragte. Der beträchtliche Rückstand ließ vermuten, dass sich der vorgesehene Zeitpunkt der Fertigstellung und Einweihung nicht einhalten lassen werde. Daraufhin wurden für die Riesenbaustelle unvorstellbare Geldmittel freigegeben, um das Ziel doch noch zu erreichen, wenn auch mit erheblicher Verspätung.
Und nun, als es endlich so weit war, hatte man die Einweihungsfeier abgesagt.
So ein großer Aufwand, und dann das , ging es Sam voller Verbitterung durch den Kopf.
Als sie den Bereich im Süden umfuhren, brach mit einem Mal das Licht der aufgehenden Sonne durch eine Lücke in der Wolkendecke und riss die Kreuzung zwischen Greenwich Street und Liberty Street wie ein Theaterscheinwerfer aus dem Dunkel der Nacht.
Zahra und die Läufer
Knapp zwanzig hatten sich schließlich bereitgefunden, sich ihr anzuschließen. Damit musste sie sich zufriedengeben. Wie Schulkinder bei einem Ausflug zogen sie in einer langen Reihe dahin. Auf der Höhe der Greenwich Street kamen sie an der Südostecke des Platzes an der Bronzetafel vorbei, die man dort zum Gedenken an die in den rauchenden Trümmern der Zwillingstürme umgekommenen über dreihundert Feuerwehrleute angebracht hatte. Die Inschrift darauf mahnte jeden, diese tapferen Männer nie zu vergessen.
Mit einem Mal wurde das vor ihnen liegende, von Regenschauern gepeitschte Stück Straße schlagartig erhellt: von Lichtstrahlen, die durch eine Wolkenlücke brachen, sowie von den Scheinwerfern eines sich nähernden Autos.
Benton bremste so scharf ab, dass die Getränkebecher nach vorn umfielen und ihren Inhalt über die Füße der beiden Männer ergossen.
»Was zum Teufel ist in Sie gefahren?«, fragte Sam empört, während er sich das
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