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Todesläufer: Thriller (German Edition)

Todesläufer: Thriller (German Edition)

Titel: Todesläufer: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frédéric Mars
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verzichtete auf weitere Karten.
    Jimmy spielte grundsätzlich nur klassischen Poker. Für Varianten wie Stud, Razz oder modische Spielarten wie Texas hold’em hatte er nichts als Verachtung übrig.
    Seine bevorstehende Pleite durfte er auf keinen Fall zu erkennen geben. Ruhig bleiben, sich nichts anmerken lassen. Gut, dass er die Baseballkappe der New York Jets und die Pilotenbrille von Ray-Ban nie abnahm. Unauffällig steckte er eine Hand in die Tasche seiner Jacke, die über der Stuhllehne hing, während er mit der anderen die fünf Karten deutlich sichtbar festhielt, um bei seinen Mitspielern keinen Verdacht zu erregen.
    Als er die Hand wieder hervorzog, war sie allem Anschein nach genauso leer wie vorher. Ganz harmlos wechselte er die Karten von der einen Seite zur anderen. Jetzt brauchte er nur noch mit dem Daumen auf eine bestimmte Stelle der obersten Karte zu drücken, etwa eine halbe Minute zu warten und wie zufällig mit einem Finger über den dunklen Stoff seiner Jacke zu streichen.
    »Hört mal …«
    Er hatte diesen Dreh bei sich »Herz Elf« getauft, nach der imaginären Karte, die er für diese Gelegenheit auf die Schnelle erschuf. Eine Variante war der »Scheibenwischer«, bei dem er sich damit begnügte, mit Hilfe eines Lösungsmittels eine Figur zu löschen.
    Niemand hatte protestiert.
    »… ich glaube, mit den Karten stimmt etwas nicht!«
    »Inwiefern?«
    Ein Kahlkopf, dessen verschwitzte Stirn fiebrig glänzte, rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
    Jimmy warf die manipulierte Karte auf den Spieltisch.
    »Da! Ein Fabrikationsfehler …«
    Jeder konnte es erkennen: Unter dem Herzen im oberen Teil der Karte verdoppelte eine Art Schatten das Bild.
    »So was … eine Herz Elf!«, rief der Mexikaner aus, der bis dahin so gut wie nichts gesagt hatte.
    Es war genau die Art von Reaktion, auf die Jimmy gehofft hatte. Es hatte ihn Monate gekostet, die richtige Farbe zu finden, einen Weg, die Kapsel in der Tasche seines Jacketts zu befestigen, die Daumenbewegung einzustudieren, mit der sich die richtige Menge aufbringen ließ, und dafür zu sorgen, dass das Ganze im Nu trocknete …
    Alle Mitspieler nahmen die Karte genau in Augenschein. Einer nach dem anderen bestätigte, dass es sich um einen Fehldruck handeln müsse. Der Kahlkopf schien am Rande der Panik zu sein.
    »Und wie geht es jetzt weiter?«
    »Die Regeln sind eindeutig«, meldete sich der Geber zu Wort, ein Wikingertyp, dem die blonden Haare bis auf die Schultern fielen. »Wenn mit den Karten etwas nicht stimmt … gilt die ganze Partie nicht. Jeder nimmt seinen Einsatz zurück, und dann gehen wir als gute Freunde auseinander.«
    »Von wegen ›gute Freunde‹!«, brüllte der Mexikaner. »Du willst mich wohl verarschen! Komm mir bloß nicht so! ›Als gute Freunde auseinandergehen‹. Eher verreck ich!«
    Schützend legte er einen Arm um die Stapel von Spielmarken, die vor ihm lagen; es waren am Tisch die höchsten.
    In Jimmys Jackentasche drang ein winziger Farbtropfen aus der Kapsel und wurde von der schwarzen Baumwolle sogleich aufgesogen.
    »Augenblick mal. Ich hatte die Herz Zehn mindestens schon zweimal«, meldete sich eine Rothaarige mit Pferdegesicht zu Wort. »Und da hab ich das komische Ding nicht gesehen!«
    »Ich auch nicht«, kreischte der kahle Zwerg.
    Der Mexikaner war aufgesprungen und packte Jimmy am Kragen.
    »Du willst uns wohl aufs Kreuz legen?«
    »Reg dich nicht auf. Ihr kennt mich doch … wir spielen nicht zum ersten Mal miteinander!«
    Der nordische Koloss versuchte zu schlichten. »Immer mit der Ruhe, Leute! Ihr wisst wie ich, dass man sich die Karten vorher nie genau ansieht. Es ist gut möglich, dass wir das nicht gemerkt haben. Ihr nicht, und ich auch nicht.«
    Die anderen schienen nicht überzeugt zu sein und bildeten einen bedrohlichen Kreis um den Verdächtigen.
    »Jimmy ist in Ordnung«, fuhr er fort. »Wir haben alle schon mit ihm gespielt. Die Sache ist ganz einfach: Er leert seine Taschen vor unseren Augen aus, zieht sich aus … und wenn wir keine Karte finden, war es das. Bist du damit einverstanden, Jimmy?«
    »Na klar … aber ich schwöre …«
    Die Rothaarige protestierte: »Ich meine, man sollte die Direktion verständigen.«
    »Ach was, er soll sich ausziehen, und damit Feierabend!«
    »Aber nackt!«
    Es fiel Jimmy nicht schwer, den Gekränkten zu spielen, doch fügte er sich ohne große Widerrede. Der Geber warf sogar einen Blick in seine Unterhose, um sich zu vergewissern, dass sich keine

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