Todesläufer: Thriller (German Edition)
wir gehen da einfach so rein?«
»Siehst du jemanden, dem du deinen Wisch vorzeigen könntest?«
Und solche Leute mokieren sich über unsere Methoden!
Sam kannte die verschiedenen nach dem 11. September zum Schutz des Landes erlassenen Gesetze zwar nicht auswendig, doch er wusste, dass sie bei Ermittlungen, die im Zusammenhang mit dem Verdacht auf terroristische Aktivitäten standen, in Ausnahmefällen gewisse Sonderrechte einräumten – und auch, dass die Ausnahme zur Regel geworden war.
Die kleine Dreizimmerwohnung, die einen gewissen Wohlstand atmete, war ein richtiges Junggesellennest. Auf dem Couchtisch standen die Reste einer Mahlzeit vom Chinesen um die Ecke, Zeitschriften und Bücher waren auf dem Fußboden verstreut, und überall türmten sich Stapel von Kleidungsstücken, die nicht unbedingt alle sauber waren.
Ein Foto – Sam erkannte in dem Mann mit der Stirnglatze den Kerl von den Bildern der Überwachungskamera –, auf dem dieser von einer ziemlich nichtssagenden Frau mit blondgefärbten Haaren und zwei schätzungsweise zehn- bis dreizehnjährigen Kindern eingerahmt wurde, zeigte, dass Artwood nicht immer allein gelebt hatte.
Louis gab jedem von ihnen ein Paar Latexhandschuhe, und die kriminaltechnische Untersuchung begann. Erstaunlich flink und dennoch äußerst sorgfältig öffneten die beiden Männer, was sich öffnen ließ, und drehten um, was sich umdrehen ließ – Schrank für Schrank und Schublade für Schublade.
Vom Schlafzimmer des Wohnungsinhabers wie auch vom Kinderzimmer, in dem ein Stockbett stand, bot sich ihren Augen dafür, dass sie sich mitten in Manhattan befanden, ein unglaublicher Ausblick. Vom Westfenster aus sah man eine Fassade von 1 WTC . Bis Präsident Cooper den Turm mit großem Gepränge einweihen würde, blieben nicht einmal achtundvierzig Stunden. Der Festakt sollte am 11. September genau um 8 Uhr 46 und 40 Sekunden beginnen. Das war der Augenblick, in dem vor Jahren der Flug American Airlines Nummer 11 auf den Nordturm des ersten World Trade Center geprallt war.
Liz legte Sam eine Hand auf die Schulter.
»Was hältst du davon?«
»Von der Wohnung hier?«
»Nein, von dem Turm.«
»Hmm. Zu hoch«, sagte er knapp und wandte den Blick ab.
Im uralten drehbaren Nummernregister neben dem Festnetztelefon fanden sie den Namen und die Anschrift von Artwoods früherer Frau, Sally Bonham-Artwood.
Liz hätte die Hand dafür ins Feuer gelegt, dass dies nicht die Wohnung eines gefährlichen Aktivisten war. Alles quoll über von persönlichen Gegenständen und Informationen. Obwohl das im krassen Gegensatz zum Idealbild des kleinen Terroristen aus dem Handbuch der al-Qaida stand, wurde alles, was sich ohne Weiteres mitnehmen ließ, nummeriert, notiert und von den beiden Helfern sorgfältig in Plastiksäcken verpackt, die schon bald den versiegelten Parkettboden bedeckten.
Das Smartphone vibrierte. Liz meldete sich.
»Greg? Ich höre.«
Das Gespräch war kurz, wurde aber von zahlreichen erstaunten Ausrufen wie »was?!«, »ehrlich?« und schließlich »ach du großer Gott« unterbrochen, die ziemlich ernst klangen.
Als Sam zu ihr ins Wohnzimmer kam, wirkte sie angespannt.
»Inzwischen sind es sechs menschliche Bomben. Sieben, wenn man das Opfer aus Atlantic City mitzählt. Die neuesten Fälle sind aus dem Mittleren Westen und von der Westküste gemeldet worden.«
»Dann betrifft das also das ganze Land …«
»Ja«, stimmte sie gequält zu.
»Hast du gerade ›menschliche Bombe‹ gesagt?«
»Wir haben einen vorläufigen Bericht aus dem Labor des FBI über die ersten Proben. Man hat am Ort des Geschehens ›nennenswerte‹ Spuren von Sprengstoff gefunden.«
»Und kennt man die genaue Zusammensetzung und Größe der Ladung?«
»Nein, dafür ist es zu früh. Dazu müssen weitergehende Analysen vorgenommen werden.«
»Na, großartig. Da sind wir ja schon richtig weit gekommen!«, fasste Sam die Situation zusammen.
»Immerhin können wir uns wertlose Hypothesen vom Typ ›spontane Verbrennung‹ oder ›Whisker‹ sparen.«
»Was für ein Whisky?«
»Kein Whisky – Whisker. Das sind Haarkristalle, die auf Metallen wie Zinn, Zink oder Cadmium entstehen, wie sie bei bestimmten elektronischen Baugruppen eingesetzt werden. Bisher ist noch kein Mensch dahintergekommen, auf welche Weise und warum das geschieht. Man weiß lediglich, dass man es durch die Zugabe von Blei verhindern kann …«
»Was aber in sämtlichen Industrieländern verboten ist«, beendete Sam
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