Todeslauf: Thriller (German Edition)
auf, so zu tun, als wären Sie so ein braver Junge. Hören Sie auf, sich an deren Spielregeln zu halten, Sam. Deren Regeln haben Sie ins Gefängnis gebracht, obwohl Sie unschuldig sind. Sie wollen doch den Mann finden, der Ihre Frau entführt hat, Sie wollen doch wissen, warum er Ihre Kollegen ermordet hat und was er mit Ihrer Frau und Ihrem Kind gemacht hat. Lügen Sie mich nicht an. Sie wollen es doch unbedingt. Sie wollen sie finden.«
Da war ein Feuer in Milas Stimme, das mir wehtat.
»Lucy und Ihr Kind sind Ihnen heilig, Sam. Ich kenne Sie.«
»Sie kennen mich nicht.«
»Irrtum. Bei Ihnen dreht sich alles um den Kampf gegen das Böse, Sam. Sie sind zur Company gegangen, weil Sie Rache wollten. Eine Rache, die Sie nie bekommen können.«
Ich erstarrte. Mila zog eine Augenbraue hoch und musterte mich einen Moment lang.
»Der Drang nach Rache hat Sie zur Company geführt, und jetzt kann er Sie dazu bringen, den Mann zu finden, der Ihre Familie auseinandergerissen hat. Ein Seelenklempner hätte seine Freude an Ihnen.«
»Ich will einfach nur Lucy und das Baby zurückhaben«, sagte ich. »Ich will keine Rache.«
»Oh, Rache kann etwas Großartiges sein«, erwiderte Mila. »Ich glaube, Sie werden mir Recht geben, wenn Sie es einmal selbst erleben.« Sie zuckte mit den Schultern. »Also, ich finde Rache absolut aufregend und befriedigend.«
Ich griff nach der Whiskyflasche und schenkte uns beiden wieder ein.
Mila nahm einen kräftigen Schluck. »Arbeiten Sie für mich, und ich lasse Ihnen freie Hand, sie zu finden. Ich bin der beste Boss, den’s gibt.«
Ich sagte eine ganze Weile nichts.
»Was denken Sie?«, fragte sie schließlich.
»Das könnte eine Falle der Company sein. Ein Test, um zu sehen, ob ich bereit wäre, meine Dienste zu verkaufen. Ich weiß nicht, wer Sie sind, und es ist mir auch egal. Ich kann Ihnen nicht helfen. Schon allein aus praktischen Gründen.«
Sie verzog das Gesicht, als sie das Wort hörte. »Praktisch – das war die sowjetische Architektur. Man kann nicht immer nur das tun, was gerade praktisch ist. Das Angebot gilt noch genau eine Minute.«
»Und wenn ich Nein sage?«
»Dann bringe ich Sie nach Holland, und dort trennen sich unsere Wege, und Sie haben mich nie gesehen. Aber Sie können sicher sein, dass Sie schon nach wenigen Tagen wieder im Gefängnis sitzen. Ohne jede Hoffnung, Ihre Familie zu finden.«
»Und wenn ich Ja sage?«
Mila nippte von ihrem Whisky. »Finden Sie Yasmin. Bringen Sie sie zurück, dann können Sie sich an dem Mann mit der Narbe rächen. Wenn er weiß, wo Ihre Frau und Ihr Kind sind, geht Sie das Ganze sehr wohl etwas an. Aber zuerst müssen Sie Yasmin befreien.«
»Sie hat Menschen getötet.«
»Nein. Sie sehen es an Ihrem Gesicht – sie steht unter Drogen oder wurde von ihren Entführern gebrochen. Zerschlagen Sie diese kriminelle Gruppe für mich, und Sie bekommen von mir alles, was Sie brauchen, um Ihre Frau zu finden.«
»Was dann? Die Company wird immer noch hinter mir her sein.«
»Nicht, wenn Sie den Beweis für Ihre Unschuld vorlegen können. Der Kerl mit der Narbe hat vielleicht Informationen, die Ihren Namen reinwaschen würden.«
»Wer sind Sie?«, fragte ich so leise, dass ich mir nicht sicher war, ob sie es überhaupt gehört hatte.
Mila stellte ihr Glas ab. »Ich arbeite für eine Gruppe, die es vorzieht, anonym zu bleiben. Sie haben keinen Grund, mir zu vertrauen, aber Sie bekommen keine bessere Chance, Ihre Frau wiederzufinden. Sie hätten freie Hand und könnten mit unserer vollen Unterstützung rechnen. Sind diese Fragen, die Sie mir stellen, wirklich so wichtig? Wo Sie doch wissen, dass ich Ihnen nicht mehr sagen kann.«
Ihr Standpunkt war in gewisser Weise einleuchtend. Es war wirklich nicht so wichtig, wer diese Leute waren; alles, was zählte, waren Lucy und mein Sohn. Daniel. Ich fragte mich, ob sie ihm den Namen hatte geben können, wenn sie noch lebten.
Ich traf eine Entscheidung. »Und falls ich erwischt werde?«
»Dann können wir Ihnen nicht helfen.«
Ich wartete schweigend, dass ihr schmallippiges Lächeln verschwand. Sie wollte eine Antwort. »Warum tun Sie das?«, fragte ich.
»Es gefällt mir nicht, dass Ihr Talent ungenutzt bleibt. Sie sollten so eingesetzt werden, dass Sie etwas bewirken können.« Mila zündete sich eine Zigarette an; es war nicht ihre Art zu fragen, ob es mir etwas ausmachte, wenn sie in der engen Kabine rauchte. »In diesem Fall könnten Sie sogar außerordentlich viel
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