Todeslauf: Thriller (German Edition)
anderen Ende der Bar bei einem kleinen Glas Genever und las die Zeitung. Ich mochte diese Bar, weil sie etwas Angenehmes, Ruhiges ausstrahlte. Der Prinz mit dem roten Fleck sah von der Wand auf uns alle herunter.
Keine Spur von Mila. Henrik stand hinter der Bar, und ich nickte ihm kurz zu.
»Irgendein Typ hat wegen dir angerufen«, sagte Henrik.
Ich zeigte mit dem Daumen auf Piet. »Mein Freund. Er hat mich gefunden.«
Henrik nickte. Piet bestellte zwei Heineken für uns; wir setzten uns ans Ende der Bar, gegenüber dem Mann im Anzug.
Ein Dilemma, dachte ich, während Henrik uns unser Bier brachte. Piet wirkte etwas ruhiger. Er brauchte mich, und zwar sehr. Er war jetzt auf meinem Terrain, und ich könnte ihn zusammenschlagen, hinaufschleppen und ihn rannehmen, bis er mir verriet, wo die Bande ihr Hauptquartier hatte. Und dann würde ich ihn wahrscheinlich töten, weil ich ihn schlecht der Polizei übergeben konnte, solange ich noch etwas zu erledigen hatte. Aber nach dem Infiltrationsversuch durch den Türken musste ich einkalkulieren, dass Edward besonders auf der Hut war und mit Yasmin Zaid aus Amsterdam verschwand. Nein, ich brauchte Piet lebend, damit er mich zu diesen Typen brachte.
»Das war nicht gerade ein guter Tag für dich«, flüsterte ich.
Piet nahm einen Schluck Bier. Er hätte eigentlich direkt zu seinem Boss Edward laufen und ihm alles erzählen müssen. Aber niemand überbringt gern schlechte Neuigkeiten.
Ich begann ihn zu bearbeiten. »Mir ist schon klar, dass du momentan in der Klemme steckst. Du machst von hier aus deine Geschäfte. Vielleicht hat dir Nic geholfen, Papiere auf seinem Computer zu fälschen. Du verdienst dein Geld hauptsächlich mit diesen Frauen, die du aus Osteuropa herüberholst. Und du hast dich für ein richtig großes Ding anheuern lassen, von diesem Edward. Um diese Waren nach Amerika zu liefern.«
Er sah mich an.
»Was glaubst du, warum ich so plötzlich aus Prag abgehauen bin? Mann, mir ist es ähnlich gegangen wie dir, verstehst du?« Ich schüttelte den Kopf und trank mein Bier. Ich hatte vor nicht einmal einer Stunde zwei Menschen umgebracht, und jetzt saß ich in einer Bar und trank Bier. Die zwei würden nie wieder den erfrischenden Geschmack von Bier genießen können. Sie hatten ihr Leben selbst so gewählt. Wenn ich sie nicht getötet hätte, wären unschuldige Menschen gestorben. Ich würde mich nicht damit quälen, was ich getan hatte, aber ich war auch nicht stolz darauf. Jetzt kam es darauf an, dass Piet mich für einen genauso großen Schweinehund hielt, wie er selbst einer war. Meine Hand zitterte nicht, als ich mein Bierglas hob. Sie blieb ganz ruhig.
»Edward wird nicht begeistert sein, wenn er das hört, oder?«
»Nein.«
»Und er ist keiner, der jemanden einfach nur feuert, wenn er mit ihm unzufrieden ist.«
»Nein.«
»Wie ist er denn so?«
Piet überlegte. »Ziemlich clever, aber ein Arsch. Er ist Engländer. Er hat mal erwähnt, dass er Schauspieler war, ich weiß nicht wo, vielleicht in irgendeinem Kaff. Und er ist ein Experte im Fälschen – ich kann mir vorstellen, dass er früher mal bei einem Geheimdienst gearbeitet hat. Er bringt locker alle möglichen Leute dazu, für ihn zu arbeiten. Er redet wie jemand, der aus einer steinreichen Familie kommt, und er wirft auch ganz schön mit Geld um sich.«
»Woher weißt du so viel über ihn? Der Typ scheint mir ein bisschen zu viel zu plaudern.«
»Edward steht gern im Mittelpunkt. Er gibt gern ein bisschen an.«
Es war Zeit, dicker aufzutragen. »Es kann sein, dass du ihn feuern musst.«
»Ihn feuern?«
»Es gibt Partner, die ein Problem fürs Geschäft sind. Das ist mir in Prag passiert. Ich habe Partner gefeuert, die mich bescheißen wollten.«
Er lachte. »Und jetzt bist du auf der Flucht.«
»Nein. Ich bin einfach hierher übergesiedelt. Das war in dem Moment notwendig, damit ich nicht selbst von dieser schönen Welt gefeuert werde.«
»Warum erzählst du mir das?«
»Weil ich Typen wie Edward kenne. Er hat irgendeine heiße Ware, die verschoben werden muss. Diese Leute brauchen unsere Netzwerke, unsere Verbindungen – und sobald die Sache schiefgeht, lassen sie uns über die Klinge springen.« Ich kam mir vor, als würde ich in eine neue Haut schlüpfen; ich trank mein Bier aus und hob die Hand, um noch eine Runde bei Henrik zu bestellen. »Wir zwei sind Geschäftsleute, aber mit Typen wie diesem Edward ist es schwer, Geschäfte zu machen, da handelt man sich meistens
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