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Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Titel: Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Palm
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Sie sagten, war ein Taschentuch zwischen die Schnur und seinen Hals geschoben worden.«
    Sie hielt in ihren Ausführungen inne und starrte Ella an, als käme sie von einem anderen Stern.
    »Aber wie in aller Welt können Sie das eigentlich wissen?«
    Die Verzweiflung in ihrer Stimme war unüberhörbar. Dennoch ahnte Ella, dass sie noch nicht aufgegeben hatte. Ella ignorierte ihre Frage und fuhr stattdessen fort.
    »Ich nehme an, dass er nackt war, als Sie ihn fanden?«
    Frau Westmark schüttelte den Kopf.
    »Nicht?«, fragte Ella kritisch.
    Ihr Blick war so durchdringend, dass Frau Westmark zu Boden schaute, um ihm auszuweichen.
    »Und welche Art von Pornografie hatte er vor sich liegen?« Ellas Stimme war jetzt ganz weich. »Waren es gewalttätige Pornos? Bondage?«
    Ella machte eine Pause.
    »Handelte es sich um Pornos homosexueller Art? Oder sogar um eine Kombination?«
    Jetzt stand Herr Westmark auf. Das Ganze war offenbar mehr, als er verkraften konnte.
    »Der halbe Kleiderschrank war voll mit Schwulenpornos«, rief er.
    Seine Augen waren rotgeweint, und der Glanz seiner sonnengebräunten Haut war verschwunden.
    »Er starb, während er dasaß und wichste!« Seine Stimme brach, als er seinen Frust herausschrie. »Sind Sie jetzt zufrieden, Sie verdammtes Weibsbild?«
    Ella holte tief Luft. Auch wenn sie sich durch den Ausbruch des Mannes nicht direkt bedroht fühlte, war sie froh, dass Jonny mitgekommen war. Sie fuhr mit ruhiger Stimme fort.
    »In meinem Gutachten werde ich schreiben, dass er erstickt ist und dass es sich um einen Unfall handelt. Der Terminus, den wir benutzen, lautet autoerotische Asphyxie, das bedeutet Ersticken infolge der Verengung der Atemwege, um einen erhöhten Genuss beim Masturbieren zu erreichen.«
    Ella wartete, bis sich ihre Worte gesetzt hatten.
    »Es kommt zwar nicht besonders oft vor, aber es kommt vor. Vor allem bei Männern, die jung sind und ihre Sexualität erforschen. Unabhängig davon, ob sie Männer oder Frauen bevorzugen.«
    Ella begegnete Herrn Westmarks Blick. Die Wut, die sie eben noch in seinen Augen wahrgenommen hatte, war wie weggeblasen. Zurück blieb lediglich Resignation oder möglicherweise Scham. Ella und Jonny ließen das Ehepaar Westmark im Flur zurück. Von ihrer ehemals glücklichen Familie war lediglich ein Scherbenhaufen übrig geblieben. In ihrer Verzweiflung und Trauer hatten sie den Fokus verloren und sich allein von dem Gedanken leiten lassen, was andere wohl denken würden. Sie hatten sich selbst geschützt. Es war ihnen so wichtig gewesen, die sexuellen Neigungen ihres Sohnes und die in ihren Augen erniedrigende Art seines Sterbens zu verbergen, dass sie stattdessen seinen Selbstmord inszeniert hatten.
    Als sie auf dem Weg zum Büro wieder im Auto saßen, wandte sich Jonny Ella zu. »Das wäre nicht nötig gewesen«, sagte er leise.
    »Ich konnte schließlich nicht mit gutem Gewissen schreiben, dass die Todesursache Selbstmord lautete, wenn alles dafürsprach, dass dem nicht so war«, versuchte sie es. »Ich brauchte eine Bestätigung.«
    »Ich meinte das Letzte«, unterbrach er sie. »Das mit den Schwulenpornos. Und dann haben Sie noch nicht einmal diese Internetseite erwähnt.«
    »Das war auch nicht nötig«, antwortete Ella mit einem Seufzen. »Auch wenn ich ihnen im Hinblick auf diverse sexuelle Präferenzen die Augen öffnen wollte, hatte ich nicht vor, mich auf eine Diskussion über Sadomasochismus einzulassen.«
    Jonny konzentrierte sich auf die Straße, warf jedoch einen kurzen Blick in ihre Richtung und lächelte.
    »Wenn ich es nicht besser wüsste, würde man denken können, Sie kandidieren für den Posten der Schutzheiligen für Schwule.«
    Sie wusste, dass er recht hatte. Sie hätte ihre Befragung bereits beenden können, nachdem sie die Antworten von Frau Westmark erhalten hatte. Stattdessen hatte sie weitergemacht. Sie hatte den Frust über die Sache mit ihrem Vater am völlig unbeteiligten trauernden Ehepaar Westmark ausgelassen. Das war unprofessionell. Zugleich war es jedoch notwendig gewesen. Auch wenn sie um ihr Kind trauerten, wollte irgendetwas in Ellas Innerem sie dafür bestrafen, was sie diesem Kind angetan hatten. Das Kind, aus dem ein erwachsenes Individuum geworden war, das seine eigenen Entscheidungen traf und seine eigenen Schritte auf seinem Lebensweg machte. Und wie kurvenreich dieser Weg den Eltern auch erschienen sein mochte, war es doch der Weg, für den sich ihr Sohn entschieden hatte. Ein Weg, der ihn

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