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Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson

Titel: Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elias Palm
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Prozedere in dieser Form durchgeführt wurde, litt jedoch mit den Eltern, als sie den Bericht las. Jetzt stand Gerarldsson mit konzentriertem Blick da und untersuchte die winzigen roten Flecken im Gesicht des Mädchens. Ella ging auf den Obduktionstisch zu, wo sie stumm stehen blieb und ihn beobachtete. Dann wandte sie sich dem Kind zu. Die kleinen roten Punkte beschränkten sich nicht nur aufs Gesicht. Wenn man einmal begann, nach ihnen zu suchen, waren sie letztlich überall zu finden. Die Punkte hatten allerdings nichts mit irgendwelchen Würgegriffen zu tun. Sie seufzte. Es handelte sich eher um Einblutungen, die entstanden, wenn die Gerinnungsfähigkeit des Blutes außer Kraft gesetzt worden war. Bei Kindern konnte dies bei einer Reihe von Krankheiten vorkommen. Das Mädchen auf dem kalten Stahltisch war mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht misshandelt worden. Es war krank gewesen. Sehr krank. Ella schaute auf und warf einen Blick auf den Arzt am Nebentisch. David stand mit dem Rücken zu ihnen gewandt und war dabei, den Hals eines älteren Mannes zu untersuchen, der sich erhängt hatte. Wenn sich ein Kind im Obduktionssaal befand, herrschte immer eine etwas gedrückte Stimmung. An anderen Tagen wurden Witze gemacht, und man unterhielt sich über die Erlebnisse des Wochenendes oder tauschte Anekdoten von früher aus. Heute hingegen waren alle still. Ella fiel ein, dass David selbst eine Tochter im Alter von drei Jahren hatte.
    »Komm doch mal bitte kurz«, forderte Ella ihn auf.
    David schaute auf und drehte sich um. Blass im Gesicht näherte er sich ihr mit schweren Schritten.
    Ella deutete auf die roten Verfärbungen an den Beinen des Mädchens.
    Langsam kehrte die Gesichtsfarbe des Assistenzarztes wieder zurück. Er war jetzt wieder mehr Arzt und weniger anteilnehmender Vater.
    »Leukämie?«, fragte er.
    Ella nickte.
    »Höchstwahrscheinlich, oder eine andere Krankheit, die das Gerinnungsvermögen des Blutes herabgesetzt hat. Vielleicht eine Blutvergiftung oder auch eine Hirnhautentzündung. Bei Kindern geht es manchmal so schnell, dass man kaum reagieren kann, bevor sich die Infektion übers Blut verbreitet hat.«
    Gerarldsson hatte das Messer noch nicht an der Leiche des Mädchens angesetzt, aber wahrscheinlich würde die Antwort auf Ellas und Davids Frage erst nach der mikroskopischen Untersuchung feststehen. Wenn sich bei der Obduktion keine inneren Verletzungen zeigen sollten, würde man immerhin den Verdacht gegen die Eltern fallenlassen können, sodass sie sich ihrer Trauerarbeit widmen konnten.
    Ella blieb im Saal stehen, bis David mit sichtbar neuer Kraft zu dem älteren Mann zurückkehrte. Es war wichtig, ein Auge auf seine Kollegen zu werfen. Vor allem auf die, die Kinder hatten. Aber auch die älteren Rechtsmediziner hatten manchmal etwas unergründlich Trauriges im Blick, wenn sie eine gleichaltrige Person obduzierten, die zum Beispiel an einer Herzkrankheit gestorben war. Es tat keinem gut, in so drastischer Art und Weise, wie man es als Rechtsmediziner erlebte, an seine eigene oder die Sterblichkeit seines Kindes erinnert zu werden.
    »Vergessen Sie ja nicht, zusätzliche Schutzkleidung zu tragen, wenn Sie die Leiche öffnen«, sagte Ella mit mündiger Stimme zu ihrem Chef.
    Er blickte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    »Wenn sie eine Hirnhautentzündung gehabt hat, kann sie immer noch ansteckend sein«, verdeutlichte sie ihre Aussage und ging in Richtung Tür.
    Sie drehte sich ein letztes Mal um.
    »Der Polizeiwagen?«, fragte sie.
    Gerarldsson schaute erneut auf und lächelte Ella zu.
    »Sie haben einen Termin mit Simon wegen des Skeletts aus dem Garten«, antwortete er, während er sich den Mundschutz überstreifte.
    Ella machte auf dem Absatz kehrt und ging hinauf ins Obergeschoss.
    In der verglasten Bibliothek saß Simon mit zwei Männern, die Ella als Kriminaltechniker identifizieren konnte, sowie ein weiterer Mann und eine Frau, die sie noch nie zuvor gesehen hatte. Die Frau trug Jeans, eine blau-weiß gestreifte Bluse und ein Sakko. Ella tippte, dass sie um die vierzig war. Sie erinnerte sie an die Mädels, die sie während ihres Studiums an der juristischen Fakultät hatte studieren sehen. Ihr fehlte nur noch der obligatorische Pferdeschwanz. Ella ging an der Bibliothek vorbei, hängte ihren Mantel ins Büro und klopfte zaghaft an der geschlossenen Tür der Bibliothek.
    »Ist es okay, wenn ich mich dazusetze und ein wenig zuhöre?«, fragte sie, während sie den Raum betrat.
    Simon

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