Todesmal: Ein Fall für Ella Andersson
die Heilung normal verlief, auch kein weiterer Arztbesuch nötig war.
»Die Polizeitechniker haben jedenfalls ihre Ausgrabungen auf Erlandssons mehr oder weniger gefrorenem Grundstück ausgeweitet und sind auf einen alten Spaten und diverse kleinere Gegenstände gestoßen, von denen sie hoffen, dass sie uns weiterhelfen können«, fügte er hinzu und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab.
Sie standen auf und bezahlten jeder für sich. Ella hätte gern erfahren, um welche Art von Gegenständen es sich handelte. Sie erinnerte sich an die Fotos, die die Polizisten bei sich gehabt hatten. Ein Gürtel? Eine Thermoskanne? Oder war der gesamte Garten von Arne Erlandsson etwa voll mit den Antiquitäten aus dem Haus ihrer Kindheit? Ihr fiel ein, dass die Tischuhr zur Auktion angeboten worden war, bevor die Leiche im Garten gefunden wurde, aber nachdem Arne Erlandsson gestorben war. Sie musste herausfinden, wie die Uhr in dessen Besitz gelangt war, überlegte sie im Stillen, während Simon sie beide zurück ins Büro fuhr.
Ella verbrachte den restlichen Arbeitstag damit, ihre Papierstapel abzuarbeiten, die besorgniserregend schnell wuchsen. Sie verließ das Büro erst kurz nach neunzehn Uhr dreißig. Außerhalb der Rushhour schaffte sie es in der Hälfte der Zeit nach Hause, die sie im morgendlichen Verkehr benötigte. Von ihrer neuen Wohnung aus würde die Strecke sogar noch etwas kürzer sein, stellte sie zufrieden fest, während sie den Wagen parkte. Als sie gerade den Türcode eingegeben hatte, warf sie eher zufällig einen Blick zurück auf ihr Auto, das nahezu vollständig im Dunkeln stand. Der Abstand zwischen den Straßenlaternen war so groß, dass der Lichtkegel an diesem Januarabend zwar nicht bis dorthin reichte, aber sie konnte dennoch einen Schatten erkennen, der sich über ihre Windschutzscheibe beugte. Die Person trug eine schwarze Jacke mit Kapuze, das Gesicht war nicht zu erkennen. Die Gestalt mit der Kapuze schaute auf und schien sie nun direkt anzustarren. Als das elektrische Türschloss klickte, riss sie vor lauter Angst, dass die Person ihr nachkommen könnte, schnell die Haustür auf. Doch die Gestalt flüchtete in die andere Richtung, wo sie zwischen den Häusern verschwand und von der Dunkelheit verschluckt wurde.
Ella blieb noch eine Weile im Treppenhaus stehen und suchte mit dem Blick den Parkplatz ab. Ihr Puls raste. Sie versuchte zu begreifen, was sie eigentlich gesehen hatte. Die Gestalt, die der Größe und Körperbau nach zu urteilen ein Mann war, hatte sich über ihre Windschutzscheibe gebeugt. Sie richtete ihren Blick auf die Windschutzscheibe und meinte einen hellen Gegenstand zu erkennen, der unter den Scheibenwischer geklemmt war. Sie wusste, dass es gefährlich war, wieder hinauszugehen und nachzusehen, was es war, aber ihre Neugier war größer. Mit bestimmten und nach außen hin mutig wirkenden Schritten begab sie sich erneut in die Dunkelheit hinaus und ging auf ihren Wagen zu. Innerlich war sie völlig verängstigt und verwünschte ihre Neugier. Sie spähte ins Dunkel hinaus. Vielleicht hockte der Mann dort noch irgendwo und beobachtete sie. Sie riss den Briefumschlag an sich, der an die Scheibe geklemmt war, und begann mit ruhigen Schritten zurück in Richtung Haustür zu gehen. Doch ein knarrendes Geräusch irgendwo in der Dunkelheit ließ sie die Kontrolle verlieren und nach den ersten beiden Schritten losrennen. Der Boden war gefroren, und sie geriet auf dem eisigen Asphalt ins Rutschen. Mit steifen Fingern tippte sie erneut den Türcode ein und riss die Haustür auf. Erst dann fasste sie den Mut, sich noch einmal umzudrehen, aber da draußen war jetzt alles still.
Im Aufzug hinauf zur Wohnung betrachtete sie den Brief in ihren Händen. Es war ein einfaches weißes Kuvert. Auf der Vorderseite stand »ella Anderson«. Der Text war aus einer Zeitung ausgeschnitten. Jemand hatte ein zusätzliches L zwischen das L und das A geschoben, um ihren Namen zu buchstabieren. Ihr war bislang nie aufgefallen, dass ihr Name Ähnlichkeit mit dem eines ehemaligen Baywatch-Sternchens hatte. Als sie die Wohnungstür öffnete, hörte sie, wie Markus hastig ein Telefonat beendete. Sie begegnete seinem Blick, als er in den Flur hinausschaute. Sie ließ den Umschlag schnell in ihrem Mantelärmel verschwinden. Er wirkte etwas beschämt. Ella schaute ihm tief in die Augen und musste an die Krankenschwester mit der hübschen kleinen Stupsnase denken.
»Ist schon okay. Wir können ja nicht bis in
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