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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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verheiratet?«
    »Ja.« Scramm blickte voll Freude in die frühe Morgensonne. »Als ich vierzehn Jahre alt war, bin ich von der Schule abgegangen. Es hatte keinen Zweck mehr - nicht für mich. Ich war kein Störenfried, aber ich konnte einfach keine anständigen Zensuren zustande bringen. Eines Tages hat unser Geschichtslehrer uns einen Artikel über die überfüllten Schulen vorgelesen, und da dachte ich mir, ich mache meinen Platz lieber für jemanden frei, der wirklich etwas lernen kann, und komme gleich zur Sache. Ich wollte Cathy sowieso heiraten.«
    »Und wie alt warst du da?« fragte Garraty, noch faszinierter als zuvor. Sie marschierten wieder durch eine kleine Stadt. Auf den Bürgersteigen standen Unmengen von Leuten mit selbstgebastelten Schildern, doch Garraty nahm keine Notiz von ihnen. Für ihn befanden die Zuschauer sich schon in einer anderen Welt, zu der er keinen Bezug mehr hatte. Sie hätten ebensogut hinter einer dicken.Panzerglas-scheibe stehen können.
    »Fünfzehn«, antwortete Scramm und kratzte sich am Kinn, das einen bläulichen Schatten von Bartstoppeln aufwies.
    »Hat denn keiner versucht, dir das auszureden?«
    »Doch, ein Studienberater an der Schule. Er hat mir den ganzen Blödsinn runtergebetet, daß es doch viel besser sei, an der Schule zu bleiben, als irgendwo Gräben auszuheben, aber er hatte Wichtigeres zu tun, als mich an der Schule halten zu wollen. Man könnte sagen, er hat es nur auf die sanfte Tour versucht. Außerdem, irgend jemand muß ja schließlich die Gräben ausheben, nicht wahr?«
    Er winkte begeistert einer Gruppe von Mädchen zu, die gerade mit fliegenden Faltenröckchen und spitzen Knien ihre Cheerleadergymnastik absolvierte.
    »Na ja, ich habe nie einen Graben ausgehoben, habe in meiner ganzen Laufbahn nie einen Spaten in die Hand genommen. Bin gleich in eine Wäschefabrik in Phoenix gegangen, wo ich drei Dollar die Stunde verdient habe. Wir sind glücklich, ich und Cathy.« Scramm lächelte versonnen. »Manchmal, wenn wir zusammen vor dem Fernseher sitzen, dann faßt Cathy mich plötzlich am Arm und sagt: >Du, wir sind glückliche Leute, Liebling.< Sie ist einfach Klasse.«
    »Habt ihr Kinder?« erkundigte Garraty sich und bekam immer mehr das Gefühl, daß es sich hier um eine schwachsinnige Unterhaltung handelte.
    »Cathy ist schwanger. Sie wollte, daß wir so lange warten, bis wir genug Geld auf der Bank hätten, um die Entbindung zu bezahlen. Als wir siebenhundert zusammengespart hatten, sagte sie okay, und los ging's. Sie ist in Null Komma nix schwanger geworden.« Scramm warf Garraty einen ernsthaften Blick zu. »Mein Junge wird aufs College gehen. Es heißt zwar, daß solche Dummköpfe wie ich keine intelligenten Kinder kriegen, aber Cathy hat Grips genug für uns beide. Sie hat die Schule fertiggemacht, dafür habe ich gesorgt. Vier Abendkurse, und dann hat sie ihre Abschlußprüfung gemacht. Mein Junge wird'so lange aufs College gehen, wie es ihm gefällt.«
    Garraty sagte nichts dazu, ihm fiel einfach nichts ein. McVries hatte sich auf die Seite geschlagen und unterhielt sich angeregt mit Olson. Baker und Abraham spielten ein Wortspiel, das sie >Geist< nannten. Er fragte sich, was Harkness machte. Jedenfalls lief er weit im Abseits, und genau da befand sich auch Scramm. He, Scramm, ich glaube, du hast da einen groben Fehler gemacht. Deine Frau ist zwar schwanger, aber das verschafft dir hier keine Sonderbehandlung. Siebenhundert auf der Bank? Aber man kann eine Schwangerschaft doch nicht mit einer dreistelligen Summe abtun. Und keine Versicherung der Welt würde einen Teilnehmer des Marsches auch nur angucken.
    Garraty starrte durch einen alten Mann in einem FischgratJackett hindurch, der verzückt einen Strohhut mit ausgefranstem Rand schwenkte.
    »Scramm - und wenn du nun dabei draufgehst?« fragte er vorsichtig.
    Scramm lächelte nachsichtig. »Ich nicht. Ich habe das Gefühl, als könnte ich in alle Ewigkeit gehen. Ich wünsche mir schon, an dem Marsch teilnehmen zu dürfen, seit ich alt genug bin, mir überhaupt etwas zu wünschen. Erst vor zwei Wochen bin ich achtzig Meilen marschiert, ohne auch nur zu schwitzen...«
    »Aber nehmen wir einmal an, dir passiert etwas.«
    Scramm lachte nur.
    »Wie alt ist Cathy?«
    »Gut ein Jahr älter als ich. Beinahe achtzehn. Ihre Familie ist jetzt bei ihr in Phoenix.«
    Garraty kam es so vor, als wüßte Cathys Familie etwas, das Scramm nicht so ganz klar war.
    »Du mußt sie unheimlich lieben«, sagte er ein

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