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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hielt sich die Hand ans Ohr. »Was hast du gesagt, mein Junge?«
    »Hölle. Hölle!« schrie Olson los. »Du sollst zur Hölle fahren!«
    »Ach, das hast du gesagt?« McVries nickte befriedigt.
    Olson sah wieder auf seine Füße hinunter, und McVries verlor die Lust, ihn weiter zu ärgern- wenn er das überhaupt versucht hatte.
    Garraty dachte darüber nach, was Parker gesagt hatte. Parker war ein Scheißkerl. Ein großspuriger Westentaschencowboy, ein toller Hecht, aber nur am Samstagabend, ein Lederjackenheld. Was wußte er schon von Maine? Er selbst hatte immerhin sein ganzes Leben in Maine verbracht, in Porter-ville, einer kleinen Stadt westlich von Freeport. 970 Einwohner und nicht einmal eine Verkehrsampel, und überhaupt, was war denn Besonderes an diesem Joliet, Illinois?
    Sein Vater hatte immer gesagt, Porterville sei die einzige Stadt in der ganzen Region mit mehr Friedhöfen als lebenden Menschen, aber es war ein sauberes Städtchen. Die Arbeitslosigkeit war hoch, die Autos rosteten, und die Leute gammelten den ganzen Tag herum, aber es war ein sauberes Städtchen. Die einzige Aufregung war das Mittwochnach-mittag-Bingo in der großen Bauernhalle - ein Overall für einen vierundzwanzigpfündigen Truthahn und einen Zwanzigdollarschein beim letzten Spiel-, aber es war ein sauberes Städtchen. Es war ruhig, aber was war daran so verkehrt?
    Er warf Parkers Rücken einen vorwurfsvollen Blick zu. Du hast bei mir verspielt, mein Junge. Nimm dein Joliet und das Rattenpack aus dem Bonbonladen und die Fabriken und steck sie dir sonstwohin, meinetwegen auch kreuzweise, wenn sie hineinpassen.
    Er sehnte sich wieder nach Jan, er brauchte sie. Ich liebe dich, Jan. Er war nicht dumm und wußte, daß sie auf diesem Marsch mehr für ihn geworden war, als es die tatsächlichen Ereignisse rechtfertigten. Sie war sein Lebenssymbol, eine Abschirmung gegen den plötzlichen Tod, der vom Panzerwagen drohte. Sie war ein Zeichen für die Zeit, in der er sich noch selbst bestimmen konnte.
    Es war drei Viertel sechs. Er beobachtete eine Gruppe von Hausfrauen, die an einer belebten Kreuzung, dem kleinen Nervenzentrum eines unbekannten Dorfes, standen und winkten. Eine von ihnen hatte enge Hosen und einen noch engeren Pullover an und ein ziemlich nichtssagendes Gesicht. An ihrem Handgelenk steckten drei dicke, goldene Armreifen, die beim Winken klimperten. Er winkte zurück und dachte weiter an Jan, die von Connecticut heraufgezogen war, die so ausgeglichen und selbstsicher schien mit ihrem langen, blonden Haar und ihren flachen Schuhen. Sie trug meistens flache Schuhe, weil sie ziemlich groß war. Er hatte sie in der Schule kennengelernt. Zu Anfang war es sehr langsam gegangen, doch dann hatte es zwischen ihnen gefunkt. Mein Gott, hatte es da gefunkt.
    »Garraty?«
    »Hm?«
    Es war Harkness, und er machte ein sehr besorgtes Gesicht. »Du, ich habe einen Krampf im Fuß. Ich weiß nicht, ob ich damit noch lange weitergehen kann.« Seine Augen flehten Garraty an, etwas für ihn zu tun.
    Garraty wußte nicht, was er sagen sollte. Ach, Jan! Ihr La-chen, ihre Stimme, ihr goldbrauner Pullover und die preiselbeerrote Hose. Er dachte daran, wie sie einmal den Schlitten seines kleinen Bruders genommen hatten und in einer Schneewehe gelandet waren; dort hatten sie plötzlich angefangen zu schmusen, bis sie ihm Schnee hinten in die Parka geschüttet hatte... Das war das Leben. Harkness bedeutete Tod. Er konnte es inzwischen schon riechen.
    »Ich kann dir nicht helfen«, sagte er. »Das mußt du allein durchstehen.«
    Harkness sah ihn bestürzt an, Panik in den Augen, doch dann verzog er das Gesicht zu einem Grinsen und nickte. Er blieb stehen, kniete sich auf die Straße und fing an, seinen Schuh aufzubinden.
    »Warnung! Warnung für 49!«
    Er massierte sich den Fuß. Garraty hatte sich umgedreht und lief rückwärts, um zu sehen, was mit ihm passierte. Zwei kleine Jungen in Baseballhemden standen mit offenen Mündern am Straßenrand und beobachteten ihn ebenfalls. Ihre Baseballhandschuhe hingen an den Lenkern ihrer Fahrräder.
    »Warnung! Zweite Warnung für 49!«
    Harkness stand auf und humpelte mit einem Fuß ohne Schuh weiter. Sein gesundes Bein knickte ab und zu unter der zusätzlichen Last ein. Er verlor den Schuh aus der Hand, angelte danach, balancierte ihn zwischen zwei Fingern und ließ ihn wieder fallen. Er blieb stehen, um ihn aufzuheben, und erhielt seine dritte Warnung.
    Sein kräftiges Gesicht war feuerrot. Sein Mund stand offen

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