Todesmarsch
werde dein Name...«
»Ich schlage dich!« Abrahams Gesicht war sehr blaß. »Hör auf, oder ich knall' dir eine, Pete!«
»Oh, ein Betbruder!« kicherte McVries. »Ach, du heiliges Badewasser! Ach, du mein heiliger Hut!«
»Wenn du jetzt nicht still bist, schlage ich dich ins Gesicht!« brüllte Abraham.
»Nicht«, mischte Garraty sich besorgt ein. »Bitte, streitet euch nicht. Laßt uns nett zueinander sein.«
»Soll ich dir sagen, wem ich den Vorzug gebe?« fragte Baker aufgekratzt.
»Wer hat dich gefragt, du blöder Affe?«
»Seine Mutter hat ihn verzogen«, sagte Abraham mit zitternder Stimme. »Das konnte man deutlich sehen.« Er blickte Garraty und Pearson flehend an. »Das konnte man doch sehen, oder?«
»Jedenfalls wird sie ihn jetzt nicht mehr verziehen«, sagte McVries düster.
Olson fing wieder an, die Soldaten anzubetteln. Derjenige, der Percy erschossen hatte, hatte sich hingesetzt und aß in aller Ruhe ein Sandwich. Sie gingen weiter, und es wurde acht Uhr. Als sie 'an einer Tankstelle vorbeikamen, spritzte ein Mechaniker in ölverschmiertem Overall gerade die Asphaltoberfläche mit einem Wasserschlauch ab.
»Ich wünschte, er würde uns gleich ein bißchen mit absprühen«, seufzte Scramm. »Ich glühe wie ein Backofen.«
»Ich dachte, in Maine würde es nie so heiß werden«, stöhnte Pearson müder als je zuvor. »Ich dachte, in Maine würde es schön kühl sein.«
»Na, jetzt weißt du's besser«, erwiderte Garraty kurzangebunden.
»Du machst mir wirklich Spaß, Garraty«, sagte Pearson. »Weißt du das? Du bist echt komisch. Ich bin froh, daß ich dich kennengelernt habe.«
McVries lachte.
»Soll ich dir mal was sagen?« giftete Garraty zurück.
»Was?«
»Du hast braune Streifen in der Unterhose!« Es war das Geistreichste, was ihm in der Eile einfiel.
Sie kamen wieder an einem Fernfahrerrestaurant vorbei, vor dem drei große Sattelschlepper auf dem Parkplatz standen. Offenbar waren sie von der Straße geholt worden, um den Gehern Platz zu machen. Einer der Fernfahrer stand besorgt neben seinem Kühlhänger und betastete die Metallseite, als spüre er der Kälte nach, die in der Morgensonne da-vonschlüpfte. Die Kellnerinnen winkten, als die Jungen vorbeitrotteten, doch der Fernfahrer blickte wütend hoch und zeigte ihnen den Vogel. Er war ein großer, stämmiger Mann, dessen roter Stiernacken aus seinem T-Shirt herausragte.
»Also, warum macht er denn so was?« rief Scramm empört. »So ein gemeiner Mistkerl!«
McVries lachte. »Das ist der erste ehrliche Bürger, den wir treffen, seit diese Party angefangen hat, Scramm. Mann, ich habe ihn richtig gern!«
»Wahrscheinlich hat er eine verderbliche Ladung für Montreal«, erklärte Garraty. »Er kommt den ganzen Weg von Boston, und wir haben ihn von der Straße gejagt. Er hat wohl Angst, seinen Job zu verlieren - oder seinen Sattelschlepper, wenn er ein Unabhängiger ist.«
»Das ist ja wirklich schlimm für ihn!« rief Collie Parker dazwischen. »Schließlich wissen die Leute erst seit zwei Monaten, was heute auf dieser Straße los sein wird. Ich sag' dir, der da drüben ist nichts weiter als ein verdammter Hinterwäldler!«
»Du scheinst eine Menge Ahnung davon zu haben«, sagte Abraham zu Garraty.
»Ein wenig«, antwortete Garraty und starrte Parker an. »Mein Vater hat einen Sattelschlepper gefahren, bevor er -bevor er wegging. Es ist ein verdammt harter Job. Der da hinten hat vermutlich gedacht, daß er noch Zeit genug hätte, es bis zur nächsten Ausfahrt zu schaffen. Wenn es eine kürzere Strecke gäbe, wäre er bestimmt nicht hier entlanggefahren.«
»Trotzdem hätte er uns nicht den Vogel zeigen müssen«, beharrte Scramm. »Nein, das hätte er nicht tun sollen. Seine vergammelnden Tomaten sind schließlich keine Sache auf Leben und Tod wie das hier.«
»Hat dein Vater deine Mutter sitzenlassen?« fragte McVries Garraty.
»Mein Vater wurde von den Soldaten geholt«, antwortete Garraty trotzig und blickte Parker herausfordernd an - und jeden anderen, der es wagen würde, den Mund aufzumachen -, doch niemand sagte etwas.
Stebbins bildete immer noch das Schlußlicht. Kaum war er an dem Restaurant vorbei, da schwang der Fernfahrer sich auch schon in die Kabine seines Brummis. Weiter vorn knallten die Gewehre ihre eindeutige Botschaft in die Gruppe. Ein Körper drehte sich um die eigene Achse, fiel auf die Straße und lag still. Zwei Soldaten zerrten ihn an den Straßenrand, ein dritter warf ihnen eine
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