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Todesmarsch

Titel: Todesmarsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihnen wahrnahm, schrie auf und rannte auseinander, als ob die beiden die Pest hätten.
    Garraty sah zu Pearson hinüber, der die Lippen zusammenpreßte.
    Die beiden wurden verwarnt. Als sie die Absperrungslinie erreicht hatten, drehten sie sich abermals um und blickten dem Panzerfahrzeug entgegen. Ihre Mittelfinger stachen in einer gleichzeitigen Bewegung in die Luft.
    »Ich hab' deine Mutter gefickt, und sie war erstklassig!« rief Scramm den Soldaten zu.
    Mike brüllte etwas in seiner eigenen Sprache.
    Die Geher brachen plötzlich in ungeheuren Jubel aus, und Garraty spürte Tränen der Schwäche hinter seinen Augenlidern. Die Menge schwieg. Die Stelle hinter Scramm und Mike war leer und verlassen. Sie bekamen ihre zweite Warnung und setzten sich mit untergeschlagenen Beinen auf den Boden. Dann fingen sie an, sich in aller Ruhe zu unterhalten. Das war schon verdammt seltsam, dachte Garraty, als er an ihnen vorbeiging, denn Mike und Scramm schienen verschiedene Sprachen zu sprechen.
    Er blickte nicht zurück. Keiner der Gruppe drehte sich nach ihnen um, nicht einmal, als es vorbei war.
    »Der Gewinner sollte sein Versprechen halten«, knurrte McVries plötzlich. »Das sollte er lieber, sonst...«
    Die anderen schwiegen.

    Zwei Uhr nachmittags.
    »Du schummelst, du Betrüger!« rief Abraham.
    »Ich schummle nicht«, antwortete Baker ruhig. »Du schuldest mir jetzt einen Dollar vierzig, du Angeber!«
    »Betrügern gebe ich nichts!« Abraham umklammerte den Zehner, den er gerade in die Luft geworfen hatte, fest mit der Hand.
    »Und ich spiele gewöhnlich nicht mit Leuten, die mich so nennen«, sagte Baker grimmig, doch dann lächelte er. »In deinem Fall werd' ich eine Ausnahme machen, Abe. Du hast so eine gewinnende Art an dir, daß ich gar nicht anders kann.«
    »Halts Maul und wirf!« brummte Abraham.
    »Oh, rede bitte nicht in diesem Ton mit mir«, sagte Baker unterwürfig und verdrehte die Augen. »Sonst falle ich in Ohnmacht und sterbe.« Garraty lachte.
    Abraham schnaubte verächtlich, warf seinen Zehner, fing ihn wieder auf und klatschte ihn auf sein Handgelenk. »Du bist dran.«
    »Okay.« Baker warf seinen Zehner höher, fing ihn etwas geschickter auf und ließ ihn - Garraty war sicher - in seiner Handfläche auf dem Rand stehen.
    »Diesmal zeigst du zuerst«, sagte er.
    »O nein. Ich hab' letztesmal zuerst gezeigt.«
    »Scheiße, Abe, ich habe davor dreimal hintereinander zuerst gezeigt! Vielleicht bist du derjenige, der hier mogelt.«
    Abraham murmelte etwas in seinen Bart, überlegte einen Augenblick und nahm die Hand weg, um seinen Zehner zu zeigen. Die Kopfseite war nach oben gekehrt, so daß der von Lorbeerblättern umkränzte Potomac River zu sehen war. Baker lüftete seine Hand, spähte darunter und lächelte. Sein Zehner zeigte ebenfalls Kopf. »Jetzt schuldest du mir einen Dollar fünfzig.«
    »Mein Gott, mußt du mich für blöd halten!« polterte Abraham los. »Du hältst mich für einen richtigen Idioten, nicht wahr? Na komm schon, gib's zu! Ich bin der Trottel, den du durch den Kakao ziehen kannst, nicht wahr?«
    Baker schien nachzudenken.
    »Na los, sag's schon!« brüllte Abraham. »Ich kann das vertragen!«
    »Jetzt, wo du es sagst«, meinte Baker. »Bisher ist es mir nicht in den Sinn gekommen, dich für einen Trottel zu halten. Aber daß du ein Idiot bist, hat sich inzwischen herausgestellt. Was nun das Durch-den-Kakao-Ziehen betrifft« - er legte Abraham die Hand auf die Schulter -, »das, mein Freund, ist wohl sicher.«
    »Na los«, erwiderte Abraham schlau. »Spielen wir um das Doppelte oder den Verlust der ganzen Summe. Und diesmal zeigst du als erster.«
    Baker überlegte. Er sah Garraty fragend an. »Würdest du das tun?«
    »Würde ich was tun?« Garraty war der Unterhaltung nicht mehr gefolgt. Sein linkes Bein fühlte sich auf einmal ganz komisch an.
    »Würdest du mit diesem Kerl hier um das Doppelte oder nichts spielen?«
    »Warum nicht? Schließlich ist er zu dumm, um dich zu betrügen.«
    »Garraty, bis jetzt hatte ich dich für meinen Freund gehalten«, sagte Abraham kühl.
    »Okay, ein Dollar fünfzig, das Doppelte oder nichts«, willigte Baker ein, und in dem Augenblick fuhr Garraty ein monströser Schmerz durchs Bein. Alle Qualen, die er in den letzten dreißig Stunden ausgehalten hatte, waren nichts dagegen.
    »Mein Bein! Mein Bein! Mein Bein!« schrie er los, unfähig, sich zu beherrschen.
    »O Gott, Garraty!« konnte Baker gerade noch überrascht ausrufen, dann waren sie

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