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Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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getarnten Einreise würde er nun nicht das Risiko eingehen, wegen eines gefälschten Passes in Bedrängnis zu geraten. Nicht bei dem Sicherheitsstandard am Frankfurter Flughafen. Er entschied also, unter seinem richtigen Namen nach Hause zu reisen, natürlich über Umwege. Seine beiden Tarnnamen waren, auch wenn er es sich kaum erklären konnte, aufgeflogen. Aber niemand konnte wissen, wer er wirklich war, hatte er doch jedes Detail seiner Reise minutiös geplant. Ein ganzes Jahr hatte er am Hindukusch darauf warten müssen, endlich Rache an den beiden Männern zu nehmen, die den Tod seiner geliebten Schwester mitverschuldet hatten. An die in Deutschland Inhaftierten kam er nicht heran, aber in einigen Jahren, wenn sie entlassen wurden, würde er zur Stelle sein. Dass aber ausgerechnet die Drahtzieher noch immer unbehelligt auf freiem Fuß waren, hatte ihn am meisten schockiert.
    Es war im Winter 2008 gewesen, in einem Ausbildungscamp am Arsch der Welt, die Temperaturen waren weit unter dem Gefrierpunkt, und auf der kleinen Party seiner Kameraden flossen daher Unmengen von Alkohol, und es liefen heiße Pornos. Zu fortgeschrittener Stunde, als nur noch der harte Kern beisammensaß, hatte Jim Deveraux, ein Hüne mit Stiernacken, kurz geschorenem blonden Haar und rot glänzender Haut eine DVD aus der Uniform gezogen und die Gemeinschaft schwören lassen, dass sie nichts von dem, was sie nun sehen würden, weitererzählten. Niemand hatte Einwände, und schon bald saßen sie gebannt vor einer Sammlung von Videoclips, die angeblich aus arabischen und russischen Gefängnissen oder asiatischen Bordellen stammten. Filme, in denen Menschen gequält und erniedrigt wurden und verzweifelt um Gnade flehten. Zwei Kameraden übergaben sich, einer verließ die Runde empört, der Rest aber grölte am Ende eines jeden Clips nach mehr. Ein Mädchen wurde vergewaltigt, keine vierzehn Jahre alt, Grölen, klimpernde Bierflaschen, dann der nächste Clip. Brandneu und allerbeste Qualität, wie Deveraux geheimnisvoll angekündigt hatte.
    »Nicht wie der Schrott aus irgendwelchen Gefängnissen, bei dem man nicht einmal weiß, ob es nicht doch nur russische Laiendarsteller oder billige Fakes sind. Keine Asiatin, die blöde in die Kamera glotzt und in ihrer unverständlichen Sprache wimmert, sondern Mädchen, die aussehen wie hier, wie unsere eigenen Girls.«
    Diese Worte sollte Mason nie wieder vergessen. Das Mädchen auf dem Video lag auf dem Rücken, offenbar betäubt, es wurde vergewaltigt von einem jungen Mann, dessen Gesicht man nicht zu Gesicht bekam, es wurde dort verletzt, wo auch Jennifer verletzt worden war, und starb schließlich auf dieselbe Weise, mit einem Schnitt durch die Halsschlagader. Ab und an war ein Stöhnen zu hören, lüstern von ihrem Peiniger, gequält, wenn es von dem Mädchen stammte. Doch noch unerträglicher war die Musik, die im Hintergrund lief, ruhig, entspannt und im grausamen Kontrast zu dem, was auf dem Bildschirm geschah.
    Mason besaß Kopien aller Akten und hatte sich Informationen über die Familien der Verurteilten beschafft. Er kannte die Tatortfotos, wusste über die Ermittlungsdetails Bescheid, hatte die Arbeit der Beamten in Deutschland durch den Familienanwalt und eine Detektei bis ins Kleinste beobachten lassen. Vielleicht kam ihm deshalb diese Eingebung, er wusste es nicht genau, aber an jenem Winterabend ahnte, nein wusste Jonas Mason, obwohl die junge Frau in dem Videoclip nicht seine Schwester war, dass es mindestens einen weiteren Täter gab, der für Jennifers Tod zur Verantwortung zu ziehen war: den Filmer, den Produzenten, den Regisseur und den Marketingchef, wahrscheinlich alles ein und dieselbe Person. Was aber noch weitaus schlimmer war, war das Wissen um eine nicht bekannte Anzahl an solventen Kunden – auch auf dieser Seite des Atlantiks –, die in ihrer kranken Gier Unsummen für solche Videos bezahlten. Die Nachfrage bestimmt den Preis, das war beim Sex nicht anders als bei Drogen und Waffen.
    Langsam leerte sich der Bahnsteig, und Jonas Mason schloss sich einer kleinen Gruppe französisch sprechender Personen an, die zwar im Schnitt deutlich älter waren als er, deren Sprache er aber verstand und deren lässige Kleidung gut zu seinem schlichten Outfit passte. Als er die Schirmmütze zweier Bahnbeamter erblickte, sprach er eine Dame der Gruppe höflich an und fragte nach der Uhrzeit. Freundlich erteilte sie ihm Auskunft, dann erreichten sie auch schon die schmale Rolltreppe nach

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