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Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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Verzweiflung, ob man sie jemals finden würde, das Verzweifeln an Gott und natürlich die sexuellen Übergriffe eines zutiefst gestörten Mannes.
    Irgendwann im Mai hatten die beiden Frauen sich voneinander verabschiedet, und Julia hatte den Rat von Madame Sutter beherzigt, all die schlimmen Dinge in Südfrankreich zu lassen, und zwar bei ihr, nicht etwa bei Susanne. Denn die Villa Tomlin sollte auch in Zukunft ein unbelasteter Zufluchtsort sein. »Besuchen Sie mich bei Bedarf jederzeit wieder«, waren die freundlichen Worte gewesen, ganz in dem bescheidenen Bewusstsein, dass Susannes Scheckheft diese Bereitschaft überaus großzügig abdecken würde.
    »Hören Sie, Chef, ich möchte nicht hier im Revier von einem verordneten Psychoheini in die Mangel genommen werden. Schlimm genug, dass man sich ohnehin überall das Maul über mich zerreißt.«
    »Quatsch, Frau Durant«, wehrte Berger ab. Doch wahrscheinlich hatte er es selbst schon miterlebt, wie Kollegen aus den umliegenden Abteilungen verstohlen getuschelt hatten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Das war sie doch, die Durant, oder? – Ja. Die, die letztes Jahr entführt und vergewaltigt wurde. – Mann, das muss echt hart sein.
    Julia seufzte. Allerdings war es das. Und allem voran das Getuschel.
    »Aber jetzt mal Tacheles, Chef«, sagte sie, denn diese sonderbare Audienz ging ihr gewaltig an die Nieren, vor allem, weil sie sich im Kreis zu drehen schienen. »Was soll ich denn Ihrer Meinung nach tun? Ich habe nicht den geringsten Bedarf an einer Therapie, ehrlich, mir geht’s nicht viel anders als sonst, und wenn ich mich voll in den Fall knie, dann liegt’s daran, dass ich endlich wieder raus aus dem Büro komme. Das da draußen ist meine Welt, das wissen Sie doch, hier drinnen bekomme ich Beklemmungen.«
    »Das weiß ich doch alles«, lächelte Berger. »Es liegt wohl an der besonderen Art des Falles, weshalb man mir so sehr auf die Finger schaut. Aber bevor Sie mir ins Wort fallen«, sagte er schnell, »ich meine damit nicht primär die Angelegenheit Holzer. Es geht mir um die aktuell Beteiligten, allesamt Studenten, die tote Kanadierin, die Mitbewohnerinnen aus Italien und den USA plus ein weiterer Ami.« Mit einem Augenrollen deutete Berger mit dem Daumen in Richtung Decke. »Sie glauben gar nicht, was da oben abgeht.«
    Doch Julia Durant konnte es sich in etwa vorstellen. Es gab wohl kaum etwas Schlimmeres als US-amerikanische Verdächtige in bundesdeutschem Gewahrsam. Zu Zeiten der Besatzung waren die Zuständigkeiten mit der Military Police ja noch einigermaßen abgesteckt gewesen, doch hier handelte es sich um Zivilisten. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Sensationsmedien und Anwälte der Supermacht sich wie Goliath vor der deutschen Justiz aufbauen und verächtlich auf sie hinabblicken würden. Die zusätzliche Beteiligung weiterer Nationen machte diese Ausgangslage nicht unbedingt erträglicher. Im vergangenen Herbst, so glaubte sie sich zu erinnern, hatte es irgendwo in Italien einen ähnlichen Fall gegeben. Doch Berger holte die Kommissarin abrupt aus ihren Gedanken zurück.
    »Deshalb ist es so wichtig, dass uns hier keine Fehler unterlaufen, verstehen Sie, Frau Durant?«
    »Klar verstehe ich das. Gerade deshalb will ich mich ja voll und ganz auf die Ermittlung konzentrieren. Indizien, Verdächtige, Alibis und Motive – für mich ändert sich da erst mal gar nichts.«
    »Doch, zum Teil schon«, entgegnete Berger. »Die Anweisungen von oben sind leider eindeutig: Ohne Gutachten kann ich Sie nicht als leitende Ermittlerin einsetzen. Nicht in diesem Fall.«
    »Scheiße, verdammt!«, rief Durant wütend und sprang auf. »Warum soll ich den ganzen Mist wieder und wieder durchkauen? Mann, ich will ermitteln, will dafür sorgen, dass das nicht wieder passiert!« Verzweifelt stampfte sie einmal quer durch den Raum, verharrte vor der tristen Betonwand und hätte am liebsten mit voller Wucht zugetreten. Stattdessen stützte sie sich mit beiden Händen ab, lehnte ihren Oberkörper nach vorn und ließ den Kopf sinken. Pfeifend sog sie die Luft durch die Nase ein und ließ sie langsam durch die geschürzten Lippen entgleiten. Einmal, zweimal, dreimal, wie gelernt, und tatsächlich entkrampften sich einige ihrer Muskeln. Wenn das so weitergeht, bin ich bald genauso fertig wie vor meiner Auszeit, dachte Julia müde. Irgendwo im Hintergrund hörte sie Berger eine Schublade aufziehen, dann raschelte Papier. Sie atmete drei weitere Male und war

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