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Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz , Daniel Holbe
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äußerst dankbar, dass der Chef ihr nicht hinterhergelaufen kam oder sie gar anpackte. Nach dem dritten Atemzug öffnete sie langsam die Augen und fühlte sich bereit, das Gespräch fortzuführen. Und noch bevor die Kommissarin ihren Stuhl erreichte, kam ihr die, wie sie fand, ultimative Idee.

Montag, 17.35 Uhr
    T rotz dick gemauerter Steinwände wurde es in Alexanders Verschlag nach einem heißen, sonnigen Tag unerträglich stickig. Im Gegensatz zu dem Schlafzimmer, das sich bei geöffneter Tür durch den Treppenaufgang gut lüften ließ, zirkulierte in dem dunklen Raum stets dieselbe abgestandene Luft. Das kleine Standklimagerät konnte Alexander nicht nutzen, weil das dumpfe Brummen des Kältemittelverdichters zu laut war, also hatte er sich kurzerhand dazu entschlossen, heute anderweitig aktiv zu werden. Ab und an zog es auch ihn in die reale Gesellschaft des anderen Geschlechts, wenn auch selten. Angestachelt durch das zurückliegende Wochenende und das neueste Video hatte Alexander Bertram sich mit wenigen gezielten Klicks durch die Suchmaschine eine angenehme Abendbeschäftigung organisiert. Danach hatte er den PC heruntergefahren, war an den hinter einem Regal versteckten Wandtresor getreten und hatte einem beachtlichen Geldbündel drei Scheine entnommen. In dem danebenliegenden Notizbuch vermerkte er handschriftlich -300,00 / 08.09.
    Als er den Kleiderschrank auf allen vieren verlassen hatte und sich in seinem Schlafzimmer aufrichtete, überlegte er kurz, ob er duschen sollte, doch ein Blick auf die Uhr mahnte zur Eile. Vor dem mannshohen Spiegel, der direkt neben dem Schrank hing, betrachtete er zufrieden seinen nackten Oberkörper. Der Glanz seiner hellen, leicht schwitzigen und vollkommen unbehaarten Brust erinnerte ihn an Jennifers Körper.
    Alexander Bertram war ein unauffälliger Mensch, zumindest tat er alles, um diesen Eindruck zu erwecken. Er war groß, aber kein Riese, hatte eine unauffällige, hellbraune Kurzhaarfrisur und grünbraune Augen. Nase, Ohren, Schulterbreite: Alle Faktoren, an denen man heutzutage die Norm seiner Mitmenschen maß, erfüllte Alexander mit Mittelmaß. Dabei verbarg sich unter dem grauen No-Name-Poloshirt und der dunkelblauen Secondhand-Jeans ein recht attraktiver junger Mann. Ein anderes Hemd, das seine muskulösen Oberarme mehr betonte, und zwei Finger voll Haarwachs würden den schlanken, gut trainierten jungen Mann plötzlich ganz anders dastehen lassen. Doch Alexander wollte kein Frauenschwarm sein, kein Schönling oder Athlet. Nicht für jedermann. Momentan war es ihm lieber, in einer Gruppe von Studenten nicht aufzufallen, eine Art männliches Mauerblümchen, jemand, von dem man hinterher nie mit Gewissheit sagen konnte, ob er irgendwo dabei gewesen war. Diese Strategie hatte sich auch am vergangenen Wochenende bewährt.
    Alexander überprüfte noch einmal, ob er den Schrank gut verschlossen hatte, innen wie außen, dann verließ er sein Zimmer und löschte beim Hinausgehen das Licht.
    »Du willst noch weg?«, fragte Hannelore Bertram besorgt, die im Wohnzimmer eine Vorabendserie ansah. Alexander trat neben seine Mutter, lehnte sich hinab und stützte sich dabei auf das dunkle, frisch imprägnierte Leder der klobigen Couch.
    »Mama, heute ist doch Kinotag«, raunte er ihr mit leicht vorwurfsvollem Blick ins Ohr. Ihre Haare rochen frisch gewaschen, die Haut nach einer der unzähligen Gesichtsmasken, vor denen der Badezimmerschrank nur so strotzte. »Ist jeden Montag, das weißt du doch.«
    Mutter Bertram streichelte ihm kurz über die Schulter, dann seufzte sie: »Ach, ich meine doch nur, wegen dieser schlimmen Sache am Samstag … Es gibt so viele schlechte Menschen auf der Welt.«
    Obwohl die Zeit langsam knapp wurde, entschied sich Alexander, für einen Moment auf der Armlehne Platz zu nehmen.
    »Du hast ja recht«, säuselte er, »aber ich hatte ja irgendwie den richtigen Riecher, als ich so früh aufgebrochen bin. Komische Leute, allesamt, da war so eine richtig blöde Stimmung. Die Mädels total abgedreht, es war niemand da, den ich richtig kannte. Na ja, und dann die Drogen. Also bei Drogen, da hört der Spaß echt auf.«
    Mit einem Mal spürte Alexander, wie sich die Hand seiner Mutter krampfhaft um seinen Unterarm schloss. Er zuckte zusammen und wollte schon aufspringen, sah aber dann in ihrem Blick, dass es der verzweifelte Griff einer Mutter war, die in Sorge um ihr einziges Kind war. Beinahe gerührt ließ er sie gewähren.
    »Alexander, mein Junge,

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