Todesmelodie: Ein neuer Fall für Julia Durant (Knaur TB) (German Edition)
Nackenhaare.
»Hör bloß auf!«, zischte er, und das Mädchen fuhr erschrocken herum. »Ich bin weder dein Schatz noch Bärchen oder Honey oder sonst was. Wozu habe ich einen Namen?«
Vivien setzte einen belemmerten Blick auf und antwortete mit piepender Stimme: »Tut mir leid, also okay, Leonard, ich wollte dich nicht verärgern.«
»Schon gut.«
»Wollen wir noch einmal von vorn anfangen?« Ihr Blick erhellte sich, und es war nicht zu übersehen, dass sie versuchte, ihn mit devoter Schulmädchenmimik zu bezirzen.
»Na klar. Wäre doch schade drum. Aber wollen wir nicht zuerst das Geschäftliche hinter uns bringen?«
»Setz dich doch. Da, auf die Couch, oder wo es dir gefällt. Was hast du dir denn vorgestellt, ich meine, es steht ja alles im Profil.«
»Was glaubst du denn, worauf ich stehe?«, provozierte Alexander sie und ließ sich zwischen die beiden herzförmigen Polster der rot-weiß gestreiften Couch fallen. Es knarrte, wahrscheinlich die Abnutzungserscheinungen regelmäßiger Benutzung, war aber recht bequem. Die Vorstellung, wie Vivien hier im Wochenendakkord einen oder mehrere Kerle bediente, reichte aus, um den Ekel wiederzuerwecken, den Alexander tatsächlich für einen Augenblick vergessen hatte.
»Hm, ich weiß nicht«, überlegte Vivien unsicher. »Girlfriendsex vielleicht, oder auch spanisch, ich kann das nicht so gut einschätzen.« Offenbar hatte sie Angst, etwas Falsches zu sagen, daher griff sie mit der Hand nach seinen Genitalien, massierte sie sanft und raunte dabei: »Blasen magst du bestimmt, du bist ja schon ganz geil, soll ich dir zeigen, was ich mit meiner Zunge alles kann?«
»Wir sind noch immer beim Geschäftlichen«, entgegnete Alexander kühl.
»Dann sag mir halt, ob du besondere Wünsche hast«, seufzte Vivien und zog die Hand zurück. »Kennst doch den Katalog. Anal mag ich nicht, das kostet extra, die meisten Sachen sind inklusive, auf Schmerzen stehe ich auch nicht. Wachsspiele gegen Aufpreis, Blasen ohne Gummi gegen Aufpreis. Hundert Euro für eine Stunde, Zeit beginnt bei Zahlung, eine weitere Stunde noch mal hundert. Über drei Stunden gehe ich dann etwas runter, hast du hoffentlich gelesen, ist aber heute nicht drin. Nur nach vorheriger Vereinbarung.«
»Wieso, hast du noch was vor?«
»Vielleicht. Das musst du schon mir überlassen.«
»Gut. Dann habe ich hier jetzt drei große Scheine, damit dürften wir bis gegen Mitternacht rumkommen.« Alexander zog ein gerolltes Bündel Geldscheine aus der Hosentasche, löste das Gummiband und zog drei Hunderter heraus. Ihm entging nicht der gierige Blick der Hure auf die noch immer beachtliche Rolle. »Na, doch noch Lust auf ein bisschen mehr?«, fragte er, zog die Augenbrauen hoch und wackelte lockend mit dem Geld.
»Kommt drauf an«, sagte Vivien misstrauisch.
»Worauf?«, bohrte er weiter.
»Na, du weißt schon. Ich bin für so kranke Sachen nicht zu haben, schau mal, ich bin fünfundzwanzig und habe echt keine Lust …«
»Dann hast du also beim Profil gelogen?«
»Wieso?«
»Ich habe dich mit dem Filter 18 bis 21 gefunden.«
»Also das ist bestimmt …« Vivien geriet ins Stottern.
»Erklär’s mir!«, forderte Alexander.
»Na, weil man das Alter ja nur einträgt beim Anmelden«, sagte sie schnell. »Nicht den Jahrgang, weißt du?«
Gut gekontert, dachte Alexander anerkennend, auch wenn es wohl gelogen war.
»Schon okay«, lächelte er. »Ich will nichts Perverses von dir, ich hätte es auch vielleicht am Telefon fragen sollen, aber damit habe ich keine guten Erfahrungen gemacht. Ich wäre jedenfalls bereit, dir das Doppelte zu zahlen, ja, ich würde da sogar noch etwas mit mir handeln lassen.«
»Und was willst du dann Besonderes?«
»Ich möchte dich oder, besser gesagt, uns dabei filmen«, erklärte Alexander, und bevor Vivien reagieren konnte, fügte er schnell hinzu: »Ein kleines Homevideo, nichts Besonderes, und Gesichter erkennt man dabei auch kaum. Ich würde es dir sogar hinterher zeigen, und wenn dir etwas nicht gefällt, können wir es schneiden oder löschen.«
Ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen, so zumindest deutete Alexander ihren Gesichtsausdruck, als sie mit gerunzelter Stirn ein leises »Ich weiß nicht so recht« verlauten ließ.
Warum gab es in all den Hurenforen denn auch keine entsprechende Rubrik? War ein bisschen Filmen so ungewöhnlich? Die ganzen sogenannten Edelhuren taten es doch auch, ungefragt wohlgemerkt, warum also dieses Theater? Alexander Bertram machte sich
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