Todesmelodie
jederzeit Notizen machen zu können.
»Welcher Art war Ihre Beziehung zu Ann Rice?« war Margaret Hanovers erste Frage.
»Ich war ihr Freund«, erwiderte Paul.
»Sie waren noch viel mehr als ihr Freund, Sie waren ihr Verlobter, nicht wahr?«
»Ja, das stimmt.«
»Wie alt sind Sie, Paul?«
»Zwanzig«, gab er zurück.
»Wie lange waren Sie mit Ann zusammen?«
»Ungefähr ein Jahr.«
»Waren Sie glücklich miteinander?«
»O ja!«
»Haben Sie sich geliebt?« wollte die Staatsanwältin wissen.
»Ja.«
»Was geschah an dem Abend, an dem sie starb?«
»Genau das, was Chad gesagt hat.«
»Könnten Sie es uns bitte mit Ihren eigenen Worten schildern?«
Paul überlegte und sagte dann:
»Die Mädchen sind aufgestanden und ein Stück spazierengegangen, auf den Rand der Klippe zu. Wir konnten sie irgendwann nicht mehr sehen, aber als sie ungefähr zehn Minuten weg waren, hörten wir Ann laut rufen: ›Tu’s nicht!‹ Wir rannten zur Klippe, wo wir Sharon fanden, die in den Abgrund starrte. Ann war verschwunden.«
»Ich bin sicher, dies alles ist sehr schmerzlich für Sie«, sagte Margaret Hanover mitfühlend. Paul zuckte mit den Schultern und blickte krampfhaft geradeaus.
»Wessen Idee war es, diesen Spaziergang zu unternehmen?« fragte die Staatsanwältin weiter.
»Daran erinnere ich mich nicht«, antwortete Paul, und wieder war Margaret Hanover anzusehen, daß sie nicht die Antwort bekam, die sie erwartet hatte.
»Bitte, sagen Sie mir ehrlich, glauben Sie, daß Ann selbstmordgefährdet war?«
»Nein«, erwiderte Paul, ohne zu zögern.
»Seine Antworten sind Gift für mich«, flüsterte Sharon John zu, doch der flüsterte zurück: »Absolut nicht!«
»Wie stand Ann zu Sharon?« wollte die Staatsanwältin noch von Paul wissen.
»Sie waren Freundinnen.«
Margaret Hanover drehte sich um und ging zu ihrem Platz zurück. »Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!«
John erhob sich und ging langsam zum Zeugenstand hinüber – das war seine Art die Leute aufmerksam zu machen.
Paul folgte ihm die ganze Zeit über mit seinem Blick, und seine Miene blieb schwierig zu entschlüsseln.
»Wie lange sind Sie schon aus der Schule entlassen?« begann John die Befragung.
»Ein paar Jahre«, antwortete Paul.
»Und wo sind Sie zur Schule gegangen, Paul?«
»Auf die ›La Mirada-High-School‹, in Kalifornien.«
»Haben Sie einen Schulabschluß?«
»Nein.«
»Einspruch!« rief die Staatsanwältin. »Das gehört nicht zur Sache!«
»Sie können weitermachen«, erlaubte Richter Warner.
»Warum haben Sie keinen Abschluß gemacht?« hakte John nach.
Paul zuckte mit den Schultern. »Ich fand die Schule ziemlich langweilig.«
»Und was haben Sie gemacht, nachdem es Ihnen in der Schule zu langweilig geworden war?«
»Ich bin in die Marine eingetreten.«
»Wie lange waren Sie dabei?«
»Anderthalb Jahre.«
John kratzte sich am Kopf. »Sie sagen, Sie seien anderthalb Jahre in der Navy gewesen. Ich wußte gar nicht, daß man sich auch für eine so kurze Zeit verpflichten kann! Muß man nicht mindestens drei Jahre machen?«
»Ich bin aus dem Dienst ausgeschieden«, lautete die Antwort.
»Und wie haben Sie das angestellt?«
»Ich leide an Asthma«, erklärte Paul.
»Sein wann leiden Sie darunter?« fragte John.
»Schon immer; aber es hat angefangen, mich zu behindern, nachdem ich einige Zeit auf dem Schiff gewesen war. Die Abgase der Dieselmotoren haben es wohl verschlimmert.«
»Wie kommt es, daß in dem Gesundheitszeugnis, das Sie vor Dienstantritt erhielten, die Krankheit nicht erwähnt wird?«
»Das weiß ich nicht.«
»Haben Sie denn den Marineärzten bei der Untersuchung nicht erzählt, daß Sie Asthmatiker sind?« fragte John erstaunt.
»Nein.«
»Haben Sie sich, ehe Sie zur Marine gingen, wegen des Asthmas je in ärztliche Behandlung begeben?«
»Ja, ein paarmal.«
»Und wen haben Sie deswegen aufgesucht?«
»Daran kann ich mich nicht mehr erinnern.«
»Sie wissen es nicht mehr? Warum nicht?«
»Einspruch«, rief Margaret Hanover. »Die Verteidigung schüchtert den Zeugen ein!«
»Tut mir leid«, erklärte John, an den Richter gewandt, und drehte sich sofort wieder zu Paul um, bevor Richter Warner antworten konnte.
»Was haben Sie getan, nachdem Sie aus dem Dienst ausgeschieden waren?«
»Ich hab’ von Gelegenheitsjobs gelebt.«
»Eineinhalb Jahre lang?«
»Ja«, gab Paul zurück.
»Haben Sie während dieser Zeit Steuern gezahlt?«
»Nein.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich keinen festen
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