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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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Herbert war aber ganz normal, oder? Abwarten.
    20 Uhr 20
    »Ich habe mit den Gerichtsmedizinern gesprochen. Wir sollen alles mitnehmen, sagte Schnake, jeden Brocken. Wäre wichtig. Leider konnte keiner von seinen Leuten kommen, weil sie alle unterwegs sind. Tierisch viel zu tun im Institut.«
    Beckmann grummelt was. Sein Schatten zwischen den Eisenringen. Er schaufelt den blutigen Schotter in den Speiskübel, kratzt vorsichtig die Reste vom felsigen Untergrund, sortiert die nicht blutigen Brocken wieder aus. Der Strahler wirft seine Bewegungen an die Wand. Hat was von chinesischem Schattentheater.
    »Ein Kübel wird reichen«, über die Schulter, sieht Trimm am Eingangspfeiler lehnen. »Am besten, ihr bleibt alle draußen. Den Bereich und den Pfeiler haben wir zwar schon, aber an der Stütze und den Ringen wollen wir noch versuchen, Epithelzell-Hautspuren zu sichern.« Ja, ist richtig. Aber diese Mr.-Wichtig-Tour. Er schaufelt vorsichtig weiter, Trimm geht betreten einen Schritt zurück. »Die beiden da sind besonders interessant«, er tippt mit der Schaufel an einen der Ringe in der Mitte, »wenn du es dir genau ansiehst, ist der Rost abgeschabt, innen sind einige fast blanke Stellen. Und hier«, er zieht mit dem Finger einen Kreis in der Mitte dazwischen, »sind ’ne ganze Menge Haare am Felsen, und zwar relativ lange Haare, hellblond.« Er sieht mit Alles-klar?-Blick rüber.
    »Da war jemand gefesselt.«
    »Würde ich auch sagen, und zwar wie Lattenjupp an Ostern«, er breitet die Arme aus. Wieder Schattenspiele.
    Gefesselt. Ketten umklammern Handgelenke, eng. Nackt in Kreuzigungspose, die Beine verdreht, Knöchel aufgerieben, Blut-Dreck-Gemisch auf durchscheuerter Haut. Verklebte Haare. Wie eine längliche Blüte klafft es am Hals, dunkle Schübe, es fließt, nimmt einen Umweg ums Schlüsselbein, zwischen den Brüsten herunter, streift die Schamhaare, verliert sich im Leistenknick. Sickert ein. Rotes Geröll. Fließt und fließt, der Rhythmus wird langsamer, allmählich. Ein paar Asseln saufen sich satt.
    »Den könnt ihr schon nach draußen bringen, müsste so ziemlich alles drin sein.« Er streicht mit der Kelle die Oberfläche im Kübel glatt. »Mit dem Boden wären wir dann fertig.«
    Trimm keucht zweimal kurz. Mein Gott, ist das Ding schwer. Nichts anmerken lassen. Vorgehen, die Taschenlampe unter den Arm geklemmt, das Licht des Strahlers reicht fast bis zur Biegung. Trimm stolpert hinten, der Kübel setzt auf, einige Brocken Blutschotter hüpfen raus. Er sammelt sie mit zwei Fingern ein, weiter. Draußen Kühle. Schnaufen, ’ne Karre wäre nicht schlecht. Bis zum Auto kriegt man ja lange Arme.
    Das Handy.
    »Kirchenberg.«
    »Hallo, hier ist Carmen.«
    »Halloho.« Trimm reagiert auf den vertrauten Ton, interessierter Blick. Die Diskretion in Person. Wegdrehen.
    »Wo bist du?« Anklage. »Ich war schon zweimal an deiner Wohnung.« Ach ja. Carmen.
    »Wir haben einen Tatort. Habe ganz vergessen, dich anzurufen. War alles ’n bisschen hektisch hier, tut mir Leid.«
    »Immer dasselbe. Wir haben nur so wenige Abende, spätestens Sonntag bin ich wieder verheiratet.«
    »Zwei, drei Stunden dauert das hier bestimmt noch. Du hast doch einen Schlüssel. Mach’s dir schon mal gemütlich.«
    »Und wann kommst du?« Leises Flehen mit Enttäuschung.
    »Ich schätze, Mitternacht bin ich da. Sonst ruf ich an. Im Regal ist neuer Wein, hab ich heute gekauft.«
    »Ich will keinen Wein, ich will dich.«
    »Ja, eins nach dem anderen.«
    »Beeil dich!«
    »Hätte ich auch ohne Aufforderung getan.«
    Das Display leuchtet grün. Schon ganz schön dunkel.
    »Was machen wir jetzt mit dem Zeug?« Trimm, zwischen zwei Schnäuzfanfaren.
    »Wir lassen es erst mal hier stehen. Ich denke, Beckmann nimmt jetzt noch die Hautspuren und das war’s dann auch für heute.«
    Er nickt, steckt das Taschentuch ein, setzt sich auf eine Ecke der alten Rinne. Die Bäume gegenüber verwandeln sich in eine dunkelgrüne Wand. Im Westen der Abendstern.Venus oder Mars. Heute mal Mars.

DONNERSTAG
    00 Uhr 30
    Einmal durch die Haare, dann den Rücken. Wie eine Raspel, wunderbar. Geht doch nichts über ein bretthartes Handtuch. Die Dusche tropft nach, mal die Dichtungen auswechseln.
    Carmen in der Küche, entkorkt ihren Wein.
    »Oh, nackte Kerle in der Küche.« Sie sieht zum Fenster. »Kleine Vorstellung für die Nachbarschaft.«
    »Um die Zeit schlafen brave Bürger.«
    »Hier, Süßer. Trinken musst du dann allein.« Sie nimmt ein Glas, reicht es mit

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