Todesmuster
kraus, wischt sich mit dem Zeigefinger unter der Nase lang. »Wie viele Spuren sind’s denn?«
»Keine Ahnung, wie viele es werden. Im Augenblick ist es noch überschaubar.«
Er steht auf, die Hände in den Taschen, sieht aus dem Fenster. Der Hubschrauberlandeplatz auf seinem Hinterkopf wie mit dem Zirkel gezogen.
»Für’s Erste kannst du die Durchläuferin haben. Und heute Mittag kommt endlich der Neue, der schon seit einer Woche angekündigt ist. Soll ein erfahrener Mann sein, Mitte vierzig, A12, kommt aus Berlin.« Prüfender Blick aus den Augenwinkeln.
»’ne Durchläuferin und ein Neuer, den keiner kennt … Nicht unbedingt das Dream-Team.«
»Ich weiß«, er seufzt, »vielleicht …«
»Es nützt nichts. Mit Gewalt melkt man keinen Bullen. Fangen wir erst mal an. Schön wär’s, wenn Klaus Glowatzki und Dirk Stroter dazu kommen könnten.«
»Ich versuch mal, was sich machen lässt.« Kehrt hinter den Schreibtisch zurück. »Danke für deine Kooperation.«
Was bleibt einem denn übrig …
»Und wegen Glowatzki und Stroter probier ich’s jetzt gleich. Mal sehen.« Kurzer Gruß.
Petra im Vorzimmer löffelt Nudeln aus einer dampfenden Plastikterrine. Um diese Zeit?
»Sieht ja nicht grad aus wie von Käfer.«
Sie grient. »Ist besser, als es aussieht. So zwischendurch«, mit vollem Mund, eine Nudel fliegt im Bogen auf die Tastatur. Verlegener Lacher mit Kiekser.
Ullas Tür steht auf, Ulla konzentriert über einer Akte, zupft beim Lesen an den Schläfenhaaren.
»Na, Ullala, man kann ja fast sehen, wie dir der Schädel qualmt.«
»Irgendwo muss er ja versteckt sein.« Sie sieht zur Seite, ohne die Hände vom Kopf zu nehmen. »Ich gehe noch mal einige Vernehmungen durch, vielleicht haben wir was übersehen.«
»Ich drücke dir alle drei Daumen. Tschüss. Ach, ja, deine Durchläuferin musst du wohl doch abgeben …«
»Bitte!« Mit Empörung.
»Sei gnädig. Ich fang wahrscheinlich grad mal mit fünf Leuten an. Also, beklag dich nicht.«
Kurzes Schulterzucken, müdes Lächeln. Fünf nach neun. Zehn kommt der Hubschrauber, kurz nach zwölf die Hundertschaft. Das könnte Glowatzki schon machen.
11 Uhr 10
Ein satter Schwall. Das Dünne fließt in ein Mauseloch direkt neben dem Anstoßpunkt. Der Schinken vom Frühstücksbrötchen zart rosa geschnibbelt. Noch ein Schwall, ein Teil durch die Nase, von der Spitze zieht sich ein zehn Zentimeter langer, trüber Faden.
Vogel steigt aus, der Rotor macht die letzte langsame Runde. Er kommt, beugt sich vor, Hand auf die Schulter.
»Alles klar?« Geht schon. Unter der Zunge noch zwei Brocken, könnte Apfel sein.
»Wenigstens hab ich den Hubschrauber sauber gelassen.«
Er klopft auf die Schulter. »Kommt schon mal vor.«
Beckmann kramt grinsend in der Jackentasche, reicht ein Tempo. Danke. Auch noch von dem. Wahrscheinlich für sich selber mitgenommen.
»Den nächsten Urlaub solltest du besser mit dem Auto planen.« Mit Häme. Blödmann.
»War’s das, oder müssen wir noch mal hoch?« Vogel zieht sich die Reißverschlüsse auf, fächelt sich mit den Händen Luft zu. Bloß nicht. Das reicht.
»Der Film muss ja erst entwickelt werden, aber wir können uns ja mal die Polaroidbilder ansehen.« Beckmann versteht die Aufforderung. Der Rotor steht, er legt die Fotos in Reihe auf den hinteren Sitz. Sind ganz gut.
»Hier ist der Mineneingang.« Vogel zeigt mit ausziehbarem Kugelschreiber. Man doziert wohl an der Polizeischule. Mal sehen, ob man die so hinschieben kann, dass man ein Bild von der Gegend kriegt. Beckmann hilft beim Mosaik. So geht’s. Da ist der Weg, der Trampelpfad zum Eingang, die alten Verladerinnen. Auf der anderen Hügelseite der Feldweg, Äcker, ein Stück der Landstraße im oberen rechten Winkel des letzten Fotos.
»Wenn man von hinten an die Mine will, wäre das da der günstigste Weg?«
Das Handy. Gerda.
»Hallo. Wo bist du?«
»Im Krankenhaus. Ich habe mit der Ärztin gesprochen, aber heute Morgen war es wohl noch mal etwas kritisch. Die Ärztin sagt, sie mussten sie zwar nicht wiederbeleben, aber …« Mein Gott, von gleich auf jetzt. Kurzer Blick, Vogel geht drei Schritte, spielt den Desinteressierten.
»Und wie geht’s ihr jetzt?«
»Etwas besser. Ihr Kreislauf hat sich wohl stabilisiert. Außerdem, sagt die Ärztin, ist sie wacher geworden.«
»Okay, Schwesterchen, ich bin hier gerade in einer wichtigen Besprechung. Sind ja eigentlich ganz gute Nachrichten, oder? Ich fahre heute Abend auch noch bei ihr vorbei. Danke für
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