Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
Vom Netzwerk:
Öffnung, vier Infusionsträger ums Bett, Geblinke überall. Raumschiff Enterprise. Dahinter ein Wartezimmer. Gerda steht auf, Angst um die Mundwinkel, keine Träne. Der Orangefarbene geht.
    »Hi.«
    »Hast du schon mit jemandem gesprochen?«
    »Nein, bis jetzt war noch niemand da.« Sie setzt sich wieder. »Frau Stoppenkötter hat sie gefunden. Beim Ins-Bett-Gehen hat sie gesehen, dass noch überall Licht brannte, da ist sie rüber. Hat ja einen Schlüssel. Mutter lag im Bad.«
    »Wann war …«
    »Herr und Frau Kirchenberg?« Eine rothaarige Sanjassin mit Stethoskop und Namensschild.
    »Ich bin Konstantin Kirchenberg, das ist meine Schwester Gerda Rüter.«
    »Ich bin Svenja Kling, die Dienst habende Ärztin. Tja«, sie lehnt sich an den Türrahmen, »Ihre Mutter ist hier vor etwa einer Stunde ohnmächtig, wie es immer heißt, eingeliefert worden. Ihre Atmung war nicht ausreichend, sodass wir sie an ein Beatmungsgerät anschließen mussten. Sie ist jetzt immer noch ohne Bewusstsein, aber soweit stabil. Für Bewusstlosigkeit gibt es immer mehrere Möglichkeiten. So ist das hier auch. Die weiteren Untersuchungen werden uns da mehr Klarheit bringen. Sie hatte im Notarztwagen eine bösartige Herzrhythmusstörung, weshalb sie kurz wiederbelebt werden musste, Herz und Kreislauf sind jetzt aber wieder stabil.« Sie fingert sich eine Ernte 23 aus der Brusttasche des Kittels, rollt sie in der Hand, spielt damit. »Morgen werden noch weitere Untersuchungen folgen, aber jetzt ist sie für’s Erste versorgt.« Auf dem Flur ein Alarm wie im U-Boot, der Langhaarige gleitet vorbei, eilig.
    »Wiederbelebt? Heißt das, es besteht Lebensgefahr?«
    Sie kratzt mit dem Fingernagel übers Augenlid, die kalte Kippe zwischen Zeige- und Mittelfinger.
    »Lebensgefahr besteht für uns alle, immer.« Na, Klasse, Philosophie nach Mitternacht, das brauche ich jetzt. »Aber erst mal nicht.« Der Alarm verstummt. »Wie gesagt, morgen müssen wir noch Untersuchungen machen, aber erst mal ist sie hier gut aufgehoben. Wollen Sie sie sehen?«
    Sie geht vor, die Hand mit der Zigarette gleitet in die Seitentasche. Um die Ecke ein Tresen, Bildschirme mit Kurven und Zahlen. Auf der Tafel an der Säule sind mit Edding die Dienste eingetragen. Andrea hat die ganze Woche Nachtdienst.
    Mutters Gesicht ist ganz ruhig, über ihrem Kopf ein Bildschirm mit denselben Kurven und Zahlen. Das eine müsste der Puls sein, zweiundsiebzig. Und das andere? Eine Infusion steckt im Arm, ein Schlauch zieht den Mundwinkel leicht nach unten. Gerda atmet zweimal tief durch.
    »Darf ich sie anfassen?« Die Ärztin nickt, Gerda streichelt unsicher über die linke Hand. Mutters Brust unter dem weißen Hemd hebt sich regelmäßig. Sie sieht eigentlich ganz gut aus im Gesicht, gar nicht krank.
    »Wenn Sie mich brauchen, ich bin vorne.« Sie geht. Doch noch ein Rest Einfühlungsvermögen. Die Beatmungsmaschine keucht, Gerda streichelt weiter, nicht mehr so zaghaft.
    Sie streiten sich, Schreien, Vorwürfe, du, du, du, Türenschlagen, Weggehen, Tränen. Ihr bringt mich alle noch mal ins Grab. Beschwichtigungen. Streicheln. Ist gut. Ist ja gut.
    »Ob sie wieder gesund wird?« Gerda lässt die Hand nicht los.
    »Hast doch gehört. Erst mal ist sie hier gut aufgehoben. Wird schon gut gehen.«
    Sie dreht sich um, ängstliches Lächeln.
    »Komm, lass uns fahren, wir können eh nichts machen.« Sie löst zögernd den Griff, lässt sich in den Arm nehmen, fortziehen. Die Ärztin raucht beim Kaffee im Aufenthaltsräum mit übereinander geschlagenen Beinen, keine Gesundheitsschuhe, bleibt sitzen. Über der Tür ein gelbes Schild »Rauchen verboten«.
    »Hier ist meine Nummer, Frau Doktor«, sie nimmt die Karte zwischen zwei Zügen. »Ich bin jederzeit erreichbar. Ansonsten melden wir uns morgen bei Ihnen.«
    Sie nickt. Morgen ist ihre Kollegin da. Auch gut. Gruß.
    Auf dem Flur kommt der Langhaarige entgegen, verreibt Desinfektionsmittel zwischen den Händen. Warmer Blick, kaum merkliches Nicken.
    Die sehen echt aus wie Sanjassin.
    08 Uhr 40
    »Die springen mir mit dem nackten Arsch ins Gesicht.« Helmut steht auf, geht zwei Schritte, setzt sich seitlich auf seinen Schreibtisch. »Und ich kann’s verstehen. Wir haben seit zwei Wochen zwei Mordkommissionen laufen mit über zwanzig Kollegen aus den Kommissariaten, dann noch die ganzen Arbeitsgruppen wegen dieser Scheiß-Produktbeschreibungen, und irgendwann müssen die ja auch ihre eigenen Vorgänge vom Tisch kriegen.« Er zieht die Stirn

Weitere Kostenlose Bücher