Todesmuster
Gutes tun.
»Können Sie morgen in der Zeitung lesen, Frau Gierth, aber Ihnen kann ich’s ja schon mal vorweg sagen.«
Kehrtwende auf dem Absatz. »Ja?« Offener Mund, hochgezogene Brauen.
»Wir haben draußen in Ingsen wahrscheinlich ein Tötungsdelikt. Ich bearbeite das.«
»In Ingsen, mein Gott. Da wohnt eine Freundin von mir, die Waltraud. Und wer ist ermordet worden?«
»Das isses ja. Keine Ahnung.«
»Ein Mord ohne Leiche? Nein.« Sie schlägt die Hand an die Wange.
»So wie es aussieht, schon. Viel mehr wissen wir noch nicht.«
»Und wo da?« Durch den letzten Türspalt.
»In einer Mine im Wald.« Tür zu.
»Die ist ja knuffig.« Ein Windzug, die Tropfen aus der Esche wie ein kleiner Bombenhagel. Ein dicker verschwindet in Carmens Haaren, tritt an der Stirn wieder heraus, rinnt die Nase entlang. Sie kommt näher, wischt ihn an der Schulter ab.
»Meine Spezialagentin.«
Bei Sener ist es voll, Stimmengewirr. Um die Zeit noch. Lächelnder Gruß. Carmen studiert die Karte, bestellt Salat und Bier.
»Ich nehme Lahmacun.«
»Mit einer Extraportion Selleriesalat.« Sie stößt von rechts in die Rippen, kiebitzt aus den Augenwinkeln. Sener notiert mit wissender Miene. Hoffentlich erzählt der Ayse nichts. Ach Blödsinn.
Ayse ist weit weg.
FREITAG
07 Uhr 45
Mord in der Mine?
In einer alten Erzmine in den sog. Kummerhügeln nahe der Ortschaft Ingsen hat sich in den letzten Tagen oder Wochen vermutlich ein Gewaltverbrechen ereignet. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen. Näheres konnte gestern noch nicht in Erfahrung gebracht werden. Siehe Lokalteil.
Lokalteil. Ah, da.
Der Mineneingang, Flatterband, Beckmann im Overall, wird immer gern genommen, verlässt den Eingang, Spurenträger in der Hand.
In einer alten Erzmine in dem als »Kummerhügel« bekannten Waldgebiet nahe Ingsen hat sich in den letzten Tagen oder Wochen vermutlich ein Gewaltverbrechen ereignet. Wie die Polizei gestern in einer kurzen Notiz mitteilte, hatte ein Pilzsucher in der vergangenen Woche Blutspuren in der Nähe des Mineneingangs gefunden. Die sofort aufgenommenen Ermittlungen führten nun dazu, dass in der Mine weitere Blutspuren gefunden wurden, die es wahrscheinlich erscheinen lassen, dass dort ein Gewaltverbrechen stattgefunden hat. Eine Kommission unter Leitung des Kriminalhauptkommissars Kirchenberg hat ihre Arbeit aufgenommen. Ob es sich dabei um eine Mordkommission handelt, werden die Ermittlungsergebnisse der nächsten Tage ergeben, so die Polizei.
Das Waldstück liegt nordöstlich der Ortschaft Ingsen und ist durchzogen von einigen alten Steinbrüchen, die bis in die frühen siebziger Jahre in Betrieb waren. Darüber hinaus scheint es dort alte Stollen zu geben, die noch aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg herrühren, als in diesem Gebiet Eisenerz abgebaut wurde. Das Gebiet sei, so ein Anwohner, durch die Steinbrüche zerklüftet und relativ unzugänglich, weshalb es von Spaziergängern nur am Rande genutzt würde. Pilzsammler scheinen dort jedoch noch ein Refugium zu finden. Die Tatortarbeit sei, so die Polizei weiter, gestern im Wesentlichen abgeschlossen worden. Die weiteren Ermittlungsansätze hingen auch von den Ergebnissen der fol genden Untersuchungen ab.
Unser Foto zeigt einen Beamten der Spurensicherung am Eingang der Mine.
Mord in der Mine. Klingt ja wie im Fernsehen. Aber haben sich ja noch einigermaßen zurückgehalten. Schmitz ist wirklich ein Korrekter. Kann man mit arbeiten. Im Radio was Lahmes von Phil Collins, ne, einen weiter, Tina Turner, auch nicht. Stille.
Gefesselt. Nach und nach die Klamotten ausziehen. Ärmel bleiben an den Fesseln hängen, aufschneiden. Nein, nein, Flehen. Knebeln. Die scharfe Klinge zieht leicht durch weiße Brust, klafft auf, wie ein Reißverschluss. Erstickte Schreie. Kein Erbarmen, bluten lassen. Aus großen Arterien pulsiert es wie eine Schmutzwasserpumpe, versickert. Erregung. Die Schreie werden kraftloser, nur noch Wimmern, das Pulsieren wird zum Rinnsal. Erguss.
Klamotten. Da müssten doch auch Faserspuren sein. Mal sehen, ob Beckmann und Müller was haben. 2412. Es klopft. Ernst und Rebecca kommen rein, setzen sich auf Wink. Bei Beckmann ist besetzt.
»Guten Morgen. Dann wollen wir mal richtig loslegen. Klaus Glowatzki und Edda Bauer müssten gleich noch kommen.«
»Wenn noch etwas Zeit ist, hol ich mir gern einen Kaffee«, Rebecca, »willste auch einen?« Ernst lehnt ab, knapp.
»Ich warte mal mit der Ansprache bis …«
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