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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Norbert Horst
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auf die Wasseroberfläche, die Ringe fließen ineinander. Interferenzen sind das. Doch was hängen geblieben aus Physik. Schluss. Schluss. Es drückt in den Schläfen. Irgendwann musste das kommen. Konnte ja nicht ewig so weitergehen. Aber warum jetzt?
    »Es wäre eh nicht ewig so weitergegangen.« Sie steht auf, kommt seitlich, lehnt sich an, umfasst den Arm mit beiden Händen. »Und richtig gut gefühlt hab ich mich auch nie dabei. Ich hatte immer Schuldgefühle. Warum ich’s trotzdem gemacht habe, weiß ich nicht. Es war einfach unkontrollierbar. Aber ich kann das nicht mehr. Jetzt nicht mehr.«
    »War es nicht mehr schön mit uns? Ich meine, gut, wir haben uns selten gesehen …«
    Sie löst sich, geht zum Wasser, ihre Zehen werden fast nass. »Doch, mit uns war es immer schön. Anders schön. Mit dir war es immer wie Achterbahnfahren.« Sie dreht sich um. »Aber immer Jahrmarkt kann ich nicht.«
    »Aber du hättest dich doch auch für mich entscheiden können.«
    Sie gluckst drei kurze Lacher, wieder ganz zärtlicher Blick. Sie kommt bis auf zwanzig Zentimeter ran, fasst die Hände, legt den Kopf schief. »Sei man froh, dass ich dich nicht vor diese Entscheidung gestellt habe. Traumtänzer.« Ihre Wange auf die Brust, feste Umarmung. Die Haare riechen nach einem Früchteshampoo. Aprikose. »Bringst du mich noch nach Hause?« Ihre Hände zwischen den Schulterblättern. »Ein letztes Mal?«
    Ja. Ein letztes Mal.
    17 Uhr 21
    »Auf jeden Fall passt das nicht in sein Gesamtverhalten. Der Mann war unheimlich akribisch, in der Höhle findest du nichts von ihm, jedenfalls nach jetzigem Stand, und dann lässt er so was wie das Pommespapier liegen. Das Papier und das Schloss. Ich bin sicher, dass der beim Wegbringen gestört worden ist.« Ernst nachdrücklich.
    »Sehe ich auch so.« Glowatzki und Edda gleichzeitig, müssen lachen.
    »Auch das Blut und dass er die Tür offen gelassen hat. Der war doch auch bestimmt öfter da. Anhand der Kotmenge kann man zwar wenig sagen, in so einer Situation streikt der Darm auch schon mal«, Edda weiter, »aber das alles deutet doch darauf hin, dass er das Opfer mindestens einige Tage in der Höhle hatte.«
    »War das nicht ein großes Risiko für den? Wenn sich das Opfer nun befreit hätte.« Rebecca sitzt auf dem Schreibtisch, lässt den Unterschenkel baumeln.
    »Der hat sie halt gut gefesselt. Vielleicht hat er ihr auch was gespritzt. Oder damals, weißt du noch«, Glowatzkis Blick sucht Bestätigung. »Der Typ im Industriegelände, im Keller von der alten Fabrik. Der hatte seinen beiden Opfern an den Beinen alle Sehnen durchgeknipst, damit die nicht weglaufen konnten. Hat bei einem dann doch nicht geklappt.«
    »Vielleicht hat er es aber auch nur in den Ringen an der Wand festgezurrt. Da kommt auch keiner raus.«
    Nackt. Durchscheuerte Handgelenke, Wunden überall, an den Armen kleine rotblaue Pusteln, Injektionsstiche, verklebte blonde Strähnen, der Knebel durchnässt. Wunden in den Kniekehlen, glattrandig, die Sehnenenden ragen heraus wie Kunststoff, sauberer Schnitt.
    Müde Sprachlosigkeit. Glowatzki nimmt seine Kippen aus dem Hemd, überlegt, steckt sie wieder weg.
    »Es ist jetzt Viertel vor sechs, Leute, und Sonntag. Wer noch was zu tun hat, okay, wenn ihr aber mal einen Abend zu Hause sein wollt, meinen Segen habt ihr. Ich werde noch eine Sache in der Stadt abklären, aber ganz spät wird es bei mir auch nicht werden.«
    Sie stehen auf, Edda verwedelt pustend Ernsts Zigarillowolke, er entschuldigt sich.
    Passt doch ganz gut. Carmen wollte um acht kommen. Trimm kommt rein, mit Schwung, Rebecca zieht im letzten Moment die Hand weg. Er bittet kurz um Vergebung. Alles glotzt stumm.
    »Ich wollte hier nicht so reinplatzen«, leicht betreten. »Aber ich glaube, das hier könnte wichtig für euch sein. Die Witwe von Heinrich Brockmann, meinem Vorgänger, rief mich gestern an, sie hätte zu Hause noch ein paar Sachen von ihrem Mann, die wollte sie loswerden. Ich bin hingefahren, unheimlicher Krimskrams, und da waren auch einige Ordner mit Handakten dabei. Heinrichs ganz persönliches Archiv. Auf den ersten Blick alles verstaubtes Zeug. Ich hab dann mal so durchgeblättert und mehr aus Zufall das hier gefunden.« Er legt den Ordner auf den Tisch, in der Mitte ein Lesezeichen. Kopien. Merkblätter, Berichte, Vermerke.
    »Kollege Brockmanns datenschutzrechtlicher Giftschrank.« Ernst, kann den Sarkasmus nicht verbergen.
     
    Thomas Walcher, 01.12.54 in Bingen. Verdacht der sexuellen

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