Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
Ratners zirkuszeltartiges Hauskleid hatte ein Karomuster.
Als sie sich aufs Sofa sinken ließ, bauschte sich das Kleid wie eine Qualle um ihren Körper. »Sagen Sie mir, wie hoch das Honorar ist.«
»Für die Party?«
»Natürlich für die Party. Umsonst gibt’s nichts.«
Evan setzte sich auf einen knarrenden Kunstledersessel. Allmählich beschlich sie das Gefühl, dass sie hier im falschen Film war. Entweder das, oder Mrs. Ratner war Teil einer superschrägen Untergrundszene, zu der auch Phelps Wylie heimlich gehört hatte: Western-Swinger.
Knopfäugig und fauchend schmiegte sich Pepito an Mrs. Ratner.
»Pschsch, Baby. Mama redet gerade.« Durch ihre Cateye-Brille musterte sie Evan. »Bevor ich einen Vertrag unterschreibe, legen wir die Details fest. Reden wir von der ganzen Nummer oder nur von dem Puppentheater?«
Evan hatte keine Ahnung, ob sie etwas kaufen oder verkaufen sollte. Ganz zu schweigen von dem Produkt. Sie konnte nur hoffen, dass es sich nicht um Sockenpuppen handelte, die sich jemand über die Genitalien streifte. »Welche Möglichkeiten kommen für Sie infrage?«
»Zwei Stunden bedeutet: die Schießerei, der Prozess und das Erhängen. Ein halber Tag heißt: der komplette Gefängnisteil, die Seiltricks und das Puppentheater.«
»Mrs. Ratner, ich muss Ihnen ein Geständnis machen.«
»Sparen Sie es sich für die Party auf. Dafür sind Galgen ja da.«
Das klang nach einer Höllenparty. »Schön, aber …«
»Klar, Sie brauchen bloß jemanden, der die verschiedenen Arbeiten wie zum Beispiel Saubermachen übernimmt, aber trotzdem, das mit meinem Unterhaltungspaket sollten Sie sich ernsthaft überlegen.«
Evan konnte sich nicht bremsen. »Macht das irgend jemand?«
Die Frau schaukelte mehrmals nach vorn, um genügend Schwung zum Aufstehen zu holen. »Ich hol mal die Prospekte.«
Evan nahm sich vor, durchs Fenster zu hechten, falls Mrs. Ratner mit Bildern von sich selbst beim Lapdance mit einem Pony zurückkam. Um die Scheibe zu zerbrechen, würde sie zuerst den knurrenden Hund durchpfeffern und dann selbst hinterherspringen.
Da piepte ihr Telefon. Auf dem Display erkannte sie, dass es Detective Lilia Rodriguez war, ihre Kontaktfrau beim Santa Barbara Sherif f ’s Office. Mit einem Auge auf den Gang, in dem Mrs. Ratner verschwunden war, meldete sie sich.
»Evan, worauf hast du dich denn da wieder eingelassen?«, fragte Lily.
»Nur auf investigativen Journalismus. Warum?«
»Ruby Ratner. Ziemlich schillernde Figur.«
Evans Magen machte einen Salto. »Na, dann leg mal los.«
»Tätlichkeit, bewaffneter Raubüberfall, schwerer Autodiebstahl«, ratterte Lily herunter. »Und nach der Verurteilung wegen schwerer Körperverletzung gab es dann eine längere Haftstrafe.«
»Schwere Körperverletzung?« Bei diesem Delikt ging es meistens um Verstümmelung oder Folter. »Reden wir hier wirklich über Mrs. Ruby Ratner aus San Francisco? Die Dame ist ungefähr sechzig und bewegt sich, als hätte sie Arthritis.«
»Nein, wir reden hier von Ruby junior.«
»Wer ist das?« Evan schielte zu Pepito. Der Hund starrte sie an wie ein angriffslüsterner Mopp.
»Mrs. Ratner senior ist die Mutter von dem Typen, den ich meine.«
»Ein Mann?«
»Ja. Ruben. Spitzname Ruby.« Lily nannte die Telefonnummer, die ihr Evan gegeben hatte. Dazu die Adresse. Es war die gleiche.
»Ich bin gerade dort«, antwortete Evan. »Erzähl mir schnell von dem Sohn.«
»Ruben Ratner, Alter dreiunddreißig, weiß, eins dreiundsiebzig, vierundsechzig Kilo. Exhäftling. Zurzeit auf Bewährung frei.«
»Bewährung? Seit wann?«
In diesem Moment schlurfte Mrs. Ratner mit mehreren billigen Faltblättern herein. »Mit wem reden Sie da?«
Mit einem verkrampften Lächeln griff Evan nach den Broschüren. Die Frau ließ nicht los.
Evan zerrte, bis sie sie Mrs. Ratner aus der Hand gezogen hatte. »Danke. Entschuldigung, eine Bekannte hat mich angerufen.«
»Was haben Sie da von Bewährung gesagt?«
Evan hielt die Telefonverbindung aufrecht. »Nicht wichtig.«
Die Frau rückte die Cateye-Brille zurecht und reckte das Kinn, um Evan genauer ins Auge zu fassen. »Wer sind Sie?«
»Mrs. Ratner, ich glaube, Sie haben mich verwechselt.«
»Sind Sie von der Polizei?«
»Nein.«
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
»Ich bin nicht von der Polizei.«
»Dann verlassen Sie sofort mein Haus.«
»Ja, Ma’am.«
Mit Gänsehaut am ganzen Körper steuerte sie auf die Tür zu. Als sie einen Blick über die Schulter warf, bemerkte
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