Todesmut - Gardiner, M: Todesmut - N.N. (Jo Beckett 4)
überbracht.
Sie nickte. »Verstanden.«
Er drückte sie an sich. »Das hoffe ich.«
Dann wandte er sich ab und lief entschlossen bergab. Sie folgte ihm, gejagt vom Wind.
44
Schwarz und struppig lag der auf beiden Seiten der Forststraße immer näher rückende Wald im Scheinwerferlicht des Sheriffwagens von Tuolumne County. Haugen rollte mit acht Stundenkilometern dahin. Der Motor brummte, die Heizung arbeitete. Die Wolken am Himmel waren verweht, und die Temperatur sank weiter in den Keller. Der Wind schüttelte das Auto und fegte Splitt über die Fahrbahn. Kilometer für Kilometer trostlose Leere. Kalifornien war der bevölkerungsreichste Staat der USA , trotzdem waren weite Gebiete unglaublich dünn besiedelt.
Dann machte die Straße eine Kurve. Links war der Abhang zu der Schlucht, in die der Hummer gestürzt war.
Er drosselte das Tempo noch weiter, um nach Von Ausschau zu halten. Und nach Reifenspuren im Schotter, die ihm zeigen würden, wo die Limousine von der Straße abgekommen war.
Schließlich stoppte er.
Krächzend sprang das Funkgerät des Streifenwagens an. »D . V., bitte melden. Ron, bist du da?«
Haugen antwortete nicht. Er starrte nur geradeaus auf die hoch aufragende Gelbkiefer am Straßenrand.
Der Baum war riesig. Weit über dreißig Meter hoch. Vielleicht sogar an die fünfzig. Der Stamm war dick, die Rinde zäh und rissig vom Alter. Erstaunlich, dass er nicht schon längst gefällt worden war.
An einem Ast des Baums baumelte Von.
Hinter dem Streifenwagen bremste Sabine den Volvo. Stringer manövrierte den blauen Tacoma langsam vorbei. Als er das Fernlicht aufblitzen ließ, schälten sich der breite Rücken, der runde Kopf und die vom Regenwasser glitzernde schwarze Jacke Vons aus der Dunkelheit.
Er war nicht aufgehängt worden, nicht am Hals. Das war das Überraschendste für Haugen. Er hing an einem ausgekugelten Arm, die Hand gefangen in der Schlinge eines Seils, das über einen hohen Ast führte. Die Haut an seiner Hand hatte den bläulichen Ton von Tiefkühlfisch.
Auf dem Beifahrersitz knisterte Haugens Walkie-Talkie. »Howdy, Partner«, krähte Ruby Kyle Ratner.
Von drehte sich am Seil, und seine Jacke kräuselte sich im Wind. Haugen griff nach dem Walkie-Talkie.
Ratner fuhr in seinem Singsang fort. »Du kannst doch bruchrechnen, oder? Je kleiner der Nenner, desto größer die Kuchenstücke. Ich liebe Kuchen. Und wie.«
»Arbeiten wir zusammen, dann teilen wir«, antwortete Haugen.
Ratner lachte. Ein kreischendes Kichern. »Du bist ein Scherzkeks, weißt du das eigentlich? Ein echter Scherzkeks.« Sein Lachen brach ab. »Ein Witzbold.«
Haugen ließ das Fenster herunter und winkte den anderen zu. Kommt her.
Stringer und Sabine stiegen aus und trabten herüber. Haugen nahm den Daumen vom Übertragungsknopf des Walkie-Talkies, damit Ratner ihn nicht hören konnte.
Er deutete auf die Gelbkiefer. »Das war Ratner. Er hat Vons Walkie-Talkie, also hat er wohl auch seine Pistole.«
Stringer blinzelte gegen den Wind an. »Und?«
»Schnapp ihn dir.«
Stringers Blick ruhte auf Von. »Wir sollen ihn runterschneiden?«
Haugen kam die Galle hoch. »Du sollst dir Ratner schnappen.«
»Aber …«
»Wenn Autumn und ihre Freunde es rauf bis zur Straße schaffen, wird dieser Anblick sie erschrecken und ihren Willen schwächen. Hör mir gut zu. Ratner weiß, was gespielt wird. Hat es sich zusammengereimt. Wenn er uns erwischt, wird er direkt Kontakt zu Reiniger aufnehmen. Deswegen müssen wir ihn erledigen.« Er schnippte mit den Fingern. »Los.«
Sabine beugte sich zu Stringer vor. Sie war fünfzehn Zentimeter größer als er. »Sei nicht so ein Weichei.«
Stringer holte seine Waffe aus der Jacke. Er zog den Schlitten zurück und lief voraus in den Lichtkegel der Scheinwer fer. Als er an Von vorbeikam, wich er reflexhaft zur Seite aus.
Haugen schaute Sabine nicht an. »Deine Beleidigung war übertrieben.«
»Auf Feinheiten reagiert Stringer nicht. Manchmal braucht er die sanfte Peitsche.«
»Ratner spielt mit uns. Dieser Quatsch mit dem Lasso. Sein blöder Cowboyslang. Er ist ein Idiot.«
Trotz der Kälte nahm sie sich Zeit, um ihn ausgiebig zu mustern. »Nein, ein Idiot ist er nicht. Er ist ein Psychopath.«
»Er ist dumm.«
»Weil er sich nicht in der Hochfinanz rumtreibt wie du? Er ist nicht dumm, sondern berechnend. Außerdem ist er am Drücker. Treibt sich irgendwo da draußen rum, und wir wissen nicht, wo.«
»Er ist ein primitiver Strolch.«
»Eine tickende
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