Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
Quittungen ein. Sie vergleichen den Zeitpunkt des Abhebevorgangs mit dem Bildmaterial der Kamera und bekommen so die PIN und die Kontonummer. Dann fertigen sie ein Duplikat der Karte an, mit dem sie ebenso leicht Geld abheben können, als hätten sie die echte Karte gestohlen. Und man merkt nicht einmal, was passiert ist, bis man seinen nächsten Kontoauszug sieht. Das ist nicht nur Bingo – das ist der Jackpot.«
Das Edendale-General-District-Krankenhaus befand sich am nördlichen Stadtrand in einer unerschlossenen Gegend, wo neue Stationen angebaut werden konnten, sobald die finanziellen Mittel dafür zur Verfügung standen. Fry hatte das alte Krankenhaus in der Fargate nie zu Gesicht bekommen. Es war vor Jahren geschlossen worden, und seine viktorianischen Gebäude waren so primitiv und verfallen gewesen, dass sich niemand die Mühe gemacht hatte, es vor dem Abriss zu bewahren. Seine Lage musste jedoch ziemlich praktisch gewesen sein. Selbst um diese Zeit am Vormittag würde sie eine Viertelstunde brauchen, um von der Darwin Street quer durch die Stadt zum neuen Standort zu gelangen.
»Wer hat den Notruf noch mal getätigt?«, fragte sie Murfin, nachdem er sein Funkgespräch mit dem Kontrollraum beendet hatte.
»Einer der Nachbarn hat die Feuerwehr verständigt, als er den Rauch sah. Ein Typ namens Wade. Scheint ein ziemlicher Besserwisser zu sein. Die Polizisten, die als Erste vor Ort waren, haben vorher seine Aussage zu Protokoll genommen.«
»Weißt du, wir hätten sicherstellen sollen, dass wir vollständige Informationen haben, bevor wir hierhergekommen sind.«
Murfin wirkte gekränkt. »Du hast doch gesagt, du möchtest die Sache so schnell wie möglich vom Tisch haben. Ruckzuck an die Untersuchungskommission für nicht eindeutig natürliche Todesfälle weitergeben, das waren deine Worte.«
»Okay, Gavin, danke.« Fry mochte es nicht, wenn man sie in ihrer Gegenwart zitierte, vor allem dann, wenn sie sich getäuscht hatte. »Die Angelegenheit ist ein bisschen lästig, das ist alles.«
»Musste ich deshalb einen Blick in das letzte Zimmer werfen?«
Sie seufzte. »Das musste sein, Gavin. Du bist nicht nur hier, um rumzutrampeln und blöde Witze zu reißen. Außerdem war ja nichts in dem Zimmer.«
»Das konntest du vorher nicht wissen.«
»Stimmt. Wie ist es möglich, dass die im Krankenhaus mehr Informationen haben als wir, hm? Das jüngste Kind war also nicht zu Hause, sondern bei den Großeltern? Es hätte kein Anruf bei der Stationsschwester nötig sein sollen, um das herauszufinden.«
Murfin sah ihr schweigend zu, als sie in ihren Wagen stieg. »Du weißt doch, dass ich selber Kinder habe, oder?«, sagte er leise, bevor sie die Tür schloss.
Fry biss sich auf die Lippe, nachdem sie von einer menschlichen Emotion überrumpelt worden war, mit der sie nicht gerechnet hatte. »Tut mir leid, Gavin.«
Doch er hatte sich bereits umgedreht und schien sie nicht gehört zu haben. Und als sie ihn später wiedersah, war er wieder ganz der Alte, weshalb sie die Angelegenheit nicht noch einmal ansprach.
Brian Mullen lag in einem Nebenzimmer einer der neueren Stationen, und ein Police Constable schob Wache vor dessen Tür. Mullen war Anfang dreißig, hatte sandfarbenes Haar und einen leicht rosafarbenen Teint, als sei seine Haut frisch geschrubbt worden. Er hatte die Hände bandagiert, doch abgesehen davon sah er ziemlich gesund und unversehrt aus.
Außerdem stand er unter dem Einfluss von Beruhigungsmitteln, schlief tief und lag reglos da wie ein Toter. Es hatte keinen Sinn, jemanden zu befragen, der im Koma zu liegen schien.
»Als er eingeliefert wurde, stand er natürlich unter Schock«, sagte die Stationsschwester. »Von seinen körperlichen Verletzungen einmal abgesehen.«
»Aber ansonsten lässt seine Verfassung es zu, dass wir ihn später befragen können?«, erkundigte sich Fry.
»Dazu müssen Sie sich die Erlaubnis vom behandelnden Arzt einholen.«
Fry mochte Krankenhausärzte nicht besonders gern. Sie rochen
immer nach Desinfektionsmittel und neigten dazu, sich einzumischen. Weiße Kittel und professioneller Starrsinn – das waren beides unwillkommene Hindernisse, wenn sie entschlossen war, die Wahrheit herauszufinden.
»Hatten Sie heute Morgen Dienst, als Mr. Mullens Schwiegereltern hier waren, Schwester?«
»Mr. und Mrs. Lowther? Ja, ich habe selber mit ihnen gesprochen. Gott sei Dank waren sie hier, denn so können wir Mr. Mullen wenigstens versichern, dass es seiner Tochter
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