Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
eine Versetzung, wenn umstrukturiert wird.«
Er brauchte nicht zu erklären, wovon er sprach. Es war allgemein bekannt, dass die Zahl der regionalen Polizeikräfte bald drastisch reduziert werden würde. Eine Regierungskommission war zu dem Schluss gekommen, dass jede Polizeieinheit mit weniger als viertausend Mann zu klein sei, um mit ernst zu nehmender Kriminalität fertig zu werden. Deshalb würde Derbyshire mit Sicherheit aufgelöst werden. Auch beim größeren Nachbarn Nottinghamshire hatte es Probleme gegeben, die so viel Publicity bekamen, dass der Chef der dortigen Polizei schließlich einräumen musste, seine Mitarbeiter seien überfordert. Schon in wenigen Monaten würden alle an diesem Vormittag versammelten Polizisten vermutlich für eine riesige East-Midlands-Polizeieinheit arbeiten.
»Warum nicht?«, sagte Cooper. »Wir können hier immer Hilfe gebrauchen.«
Er bemerkte, dass Judson zu reden aufgehört hatte, über die Köpfe der Gruppe hinweg zu ihm hersah und darauf wartete, dass er ihm seine Aufmerksamkeit schenkte.
Genau in diesem Augenblick klingelte Coopers Handy. Wahrscheinlich hätte er es ausschalten sollen. Bestimmt hatten alle anderen ihre Handys auf Vibrationsalarm umgeschaltet, doch das hatte er am Morgen vergessen.
Er warf einen Blick auf die Nummer auf dem Display und sah, dass es Diane Fry war. Seine Vorgesetzte hätte ihn nicht anrufen sollen, da sie wusste, dass er an dem Seminar über Scheckkartenkriminalität teilnahm. Cooper sah Judson an und zuckte entschuldigend mit den Schultern, dann entfernte er sich ein paar Schritte von der Gruppe.
»Ja, Diane?«
»Wo bist du denn gerade, Ben?«
»Beim Somerfield’s-Supermarkt.«
»Was soll das jetzt heißen?«
»Die haben hier Bankomaten«, sagte Cooper. »Du weißt schon – Geldautomaten.«
»Ja, ich weiß, was ein Bankomat ist. Ach so, Moment – du bist bei dem Scheckkartenseminar.«
»Hattest du das vergessen?«
»Nein, ich hatte heute Vormittag nur ziemlich viel zu tun, das ist alles.«
»Ein neuer Fall?«
Er merkte, wie Fry zögerte. »Immer mit der Ruhe. Ich möchte nur, dass du dir etwas ansiehst, wenn du fertig bist. Komm sobald wie möglich hierher.«
»Verrätst du mir noch, worum es eigentlich geht?«
»Um einen Hausbrand in der Nacht von gestern auf heute. Mit mehreren Todesopfern.«
»Wo?«
»In einer der Wohnsiedlungen in Edendale. ›The Shrubs‹ heißt sie, glaube ich.«
»Ich weiß, wo das ist.«
Obwohl Fry bereits einige Zeit bei der E-Division war, schien sie sich in der Gegend nicht besonders gut auszukennen. Vielleicht war sie der Meinung, es lohne sich nicht, da sie ohnehin nicht mehr lang bleiben wollte. Ja, genau diesen Eindruck vermittelte sie – als sei sie eine Reisende, die gezwungen war, Zwischenstation zu machen, während sie auf eine Verbindung an einen besseren Ort wartete.
Cooper erinnerte sich an einige anfängliche Reaktionen seiner Kollegen auf Fry, nachdem sie aus den West Midlands zu ihnen versetzt worden war. »Ziemlich humorlose Zicke«; »Könnte ein ganz schön steiler Zahn sein, gibt sich aber keine Mühe«; »Zu groß, zu dürr und ungeschminkt«; »Stures Miststück«. Natürlich war nichts davon fair gewesen. Doch Fry hatte
nicht viel unternommen, um sich bei ihren Kollegen beliebt zu machen. Eigentlich schien sie ihr Image sogar zu genießen.
Im Hintergrund hörte er, wie Judson eine Frage beantwortete. »Ein blankes Stück Plastik, das geprägt und mit einer gestohlenen Kontonummer kodiert wird. Einige von diesen Scheckkartenverbrechern klauen einem praktisch seine Identität.«
»Hast du mich verstanden, Ben?«
»Ja, du hast etwas von einem Feuer in den Shrubs gesagt.«
»Genau. Mit drei Toten. Eine Mutter und ihre zwei Kinder.«
»Gibt es Hinweise auf verdächtige Umstände?«
»Noch nicht. Aber...«
»Du rechnest damit?«
»Die Kriminaltechniker waren noch nicht vor Ort. Aber ich wollte wissen, ob du Zeit hättest.«
»Okay«, sagte Cooper und versuchte, nicht überrascht zu klingen. »Dann treffen wir uns im Büro, wenn das Seminar bei Steve Judson vorbei ist. Einverstanden?«
»Ja, das ist perfekt.«
Als Cooper das Gespräch beendete, zog er die Stirn in Falten. Irgendwie hatte Fry anders geklungen als sonst.
Judson ließ den Blick über die Gruppe schweifen, nahm Blickkontakt mit ihm auf und zog eine Augenbraue hoch. »Die Geheimzahl spionieren sie aus, indem sie eine Kamera auf die Tastatur richten«, sagte er. »Am Abend sammeln sie weggeworfene
Weitere Kostenlose Bücher