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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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heruntergekommenes Gebäude handelte, von dem die Farbe abblätterte und das voll mit kaputten Holzkinderbetten mit dünnen Matratzen war. Es war schrecklich. Lindsay fing schon fast an zu weinen, als sie es nur von außen sah. Woran ich mich am besten erinnere, ist der Geruch von Bleichmittel – das war das Erste, was uns entgegenströmte, als wir hineingingen. Aber es wurde noch schlimmer. Wir sahen, dass alle Kinder in Betten für Kleinkinder schliefen, unabhängig von ihrem Alter. Und einige von ihnen waren offensichtlich älter als vier Jahre. Wir stellten fest, dass sie sich Bekleidungsstücke und sogar Zahnbürsten teilen mussten. Nahrung schien ebenfalls Mangelware zu sein. Das war schrecklich deprimierend. Ich persönlich hätte sofort kehrtgemacht und wäre wieder nach Hause geflogen. Aber dann sahen wir Zlatka...«
    »Entschuldigung. Sagten Sie Zlatka?«
    »Lindsay und Brian beschlossen, sie Luanne zu nennen, aber ihr bulgarischer Name lautete Zlatka Shiskova. Sie war so klein und zerbrechlich, mit großen Augen und dunklem, flaumigem Haar. Niemand hätte ihr widerstehen können.«
    »Und sie war das Kind, das Ihnen das Waisenhaus anbot?«
    »Zunächst nicht. Da war ein anderes Mädchen, das sie uns mitgeben wollten. Ein Mädchen, das damals schon mindestens drei Jahre alt war, aber trotzdem nicht mehr als ein paar Worte von dem sprach, was die Angestellten des Waisenhauses ›Baby-Bulgarisch‹ nannten. Die Kleine trug immer noch Windeln. In ihrer Akte stand, dass sie in ihrem ersten Lebensjahr von ihrer Mutter vernachlässigt worden war und nur begrenzt Umgang mit Erwachsenen gehabt hatte. Deshalb hatten sich bei ihr keine normalen emotionalen Reaktionen und sozialen Fähigkeiten entwickelt, wissen Sie. Wenn jemand versucht hat, sie zu berühren, zuckte sie zurück. Sie freute sich zwar, Besuch zu bekommen, aber nur deshalb, weil sie dann eine Zeit
lang ihr Kinderbett verlassen durfte. Sie hatte keine Ahnung, wer diese fremden Menschen waren, die gekommen waren, um sie zu sehen.«
    »Sprechen Sie von sich und Ihrer Tochter, als Sie das Waisenhaus besucht haben?«
    »Ja. Als wir dort ankamen, wurde mir gesagt, dass die Kinder womöglich seltsam auf mich reagieren würden. Da in bulgarischen Waisenhäusern fast ausschließlich Frauen arbeiten, haben die Kinder kaum Erfahrung mit Männern. Und Zlatka hatte ihren Vater natürlich nie kennengelernt.«
    »Erzählen Sie weiter.«
    »Tja, das erste Mal, als wir Zlatka sahen, waren wir im Büro des Direktors, dem einzigen frisch gestrichenen Raum im ganzen Waisenhaus. Eine Betreuerin brachte sie herein und legte sie auf eine Decke, damit wir sie uns ansehen konnten. Lindsay hat anschließend gesagt, dass sie sofort gespürt hätte, wie sich eine gähnende Leere in ihrem Bauch mit Liebe füllt. Sie hat gesagt, dass sie in diesem Augenblick Zlatkas Mutter geworden ist.«
    Fry sagte nichts. Sie persönlich verstand die beschriebenen Empfindungen nicht.
    »Ich habe nie weiter nachgebohrt«, sagte Lowther, der ihren skeptischen Gesichtsausdruck interpretierte. »Manche Dinge kann man bei anderen Menschen nicht verstehen – man muss sie einfach akzeptieren. Ich selbst konnte diesen Instinkt nie nachvollziehen. Aber ich habe ihn bei Lindsay nicht angezweifelt. Das war die stärkste Emotion, die ich je bei ihr erlebt hatte. Sie war sogar stärker als bei der Geburt der beiden Jungen. Das ergibt irgendwie keinen Sinn, oder? Aber so war es.«
    Er sah seine Frau fragend an, die langsam nickte, aber nichts sagte.
    »Nach dieser ersten Begegnung kamen wirklich schlimme Zeiten, wissen Sie«, sagte er. »Aber Lindsay hat behauptet, sie könnte immer wieder dieses Gefühl aufleben lassen, das sie in
dem Moment empfunden hatte, als sie Zlatka zum ersten Mal sah. Sie hat gesagt, es wäre manchmal das Einzige gewesen, was sie davon abhielt, aufzugeben.«
    »Was meinen Sie mit schlimmen Zeiten, Sir?«
    Lowther schien sie nicht gehört zu haben, und sie musste die Frage noch einmal stellen. Er drehte sich vom Fenster weg und starrte sie verständnislos an.
    »Oh, es gab viele Schwierigkeiten. In Bulgarien ist bei Adoptionen die Zustimmung eines Gerichts erforderlich – bekanntermaßen eine äußerst langwierige Angelegenheit. Es dauerte Monate, bis überhaupt ein Termin für eine Anhörung festgelegt wurde, und man hat uns gesagt, dass bei vielen Adoptionen mehr als eine Anhörung nötig ist. Miss Shepherd war eine große Hilfe. Sie hat uns die ganze Zeit beraten, uns geholfen,

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