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Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

Titel: Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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tatsächlich noch dort draußen sei. Andere Leute sprachen manchmal davon, sie selbst bekam sie jedoch nie wirklich zu Gesicht.
    Es war ihm sinnlos erschienen, mit ihr zu diskutieren. Natürlich hatten ihr Verwandte und Freunde häufig Postkarten von Orten geschickt, die sie besuchten. Fröhliche bunte Bilder von Sandstränden und historischen Bauwerken. Aus Frankreich, Italien, Florida und von der griechischen Insel Skyro. Sogar aus Bulgarien. Doch Isabel Cooper glaubte an diese Orte ebenso wenig, wie sie an die Menschen glaubte, die sie im Fernsehen sah. Für sie war die Außenwelt zu einer Serie von Bildern auf einem Fernsehbildschirm und einem Stapel Postkarten in einer Schachtel geworden. Nicht mehr als eine weitere Illusion.
    Vielleicht war sie wie Bischof Berkeley zu der Überzeugung gelangt, dass nichts existierte, was sie nicht mit eigenen Augen sah. Cooper wusste nicht viel über Philosophie – nur das, was er in Form eines kurzen Slogans im Allgemeinwissenunterricht an der Edendale Highschool gelernt hatte: esse est percipi ,
das Prinzip von der Existenz durch Wahrnehmung. Deshalb war er sich nicht sicher, was sich aus Berkeleys Theorie ableiten ließ. Galt auch die Umkehrung? Wenn man etwas wahrnahm, bedeutete es dann, dass man existierte? Oder konnte die Wahrnehmung auch eine Illusion sein?

35
    Samstag, 29. Oktober
     
     
    A ls die Lowthers am nächsten Tag in der West Street eintrafen, brachte Fry sie ins Büro des Detective Inspectors, wo sie schweigend Platz nahmen. Hitchens drehte sich ein Mal mit seinem Schreibtischstuhl und verharrte dann mit verlegenem Blick, als er das Quietschen hörte.
    Fry setzte sich auf einen Stuhl, der etwas abseits stand, außerhalb des unmittelbaren Blickfelds der Lowthers. Doch Moira Lowther sah sie an, als sie sprach. »Sie haben mir nicht zugehört, nicht wahr? Ich habe Ihnen doch gesagt, dass John für niemanden eine Gefahr darstellt außer für sich selbst. Er war Psychotiker und kein Psychopath. Das habe ich Ihnen gesagt, aber Sie haben mir nicht zugehört.«
    Fry wusste nicht, was sie darauf antworten sollte. Cooper zufolge hatte Dr. Sinclair genau das Gleiche gesagt. Und wie es schien, hatten beide recht gehabt.
    »Unsere Mitarbeiter haben ihr Bestes gegeben, um das Leben Ihres Sohnes zu retten«, sagte Hitchens mit einer beschwichtigenden Geste. »Es war eine sehr schwierige Situation.«
    »Sie haben ihn verfolgt.«
    »Nein, Mrs. Lowther.«
    » Sie schon.«
    Die Kopfbewegung war eine Beleidigung, doch Fry blieb ruhig.

    »Detective Sergeant Fry war nicht einmal vor Ort, als sich der Vorfall ereignete«, sagte Hitchens.
    »Und was ist mit den Polizisten, die da waren ? Warum können wir nicht mit denen sprechen?«
    »Ich kann Ihnen versichern, dass es eine eingehende Untersuchung der Umstände geben wird.«
    Fry und Hitchens tauschten einen Blick. Die Untersuchung würde nicht angenehm werden, und solche Dinge hinterließen oft einen bitteren Nachgeschmack – persönlichen Groll sowie Zweifel darüber, wie weit die Loyalität reichte und ob man auf die Unterstützung seiner Vorgesetzten zählen konnte. Doch es musste alles korrekt und nach Vorschrift abgewickelt werden.
    »Wir werden Sie an dieses Versprechen binden«, sagte Mrs. Lowther.
    »Selbstverständlich.«
    Fry spürte, wie sie zornig angestarrt wurde. »Wir haben John im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Tod Ihrer Tochter befragt«, sagte sie. »Wir bemühen uns, keine Möglichkeit außer Acht zu lassen, das ist alles.«
    »Das ist doch lächerlich. John hätte so etwas niemals getan. Die beiden standen sich so nahe. Näher können sich Geschwister nicht stehen«, sagte Mrs. Lowther mit tränenerstickter Stimme. »Und jetzt haben wir sie beide verloren.«
    Da Fry befürchtete, dass Mrs. Lowther kurz davor stand, in Tränen auszubrechen, und jeden Moment mit einem hysterischen Anfall rechnete, sah sie Hitchens hilfesuchend an. In einem Sturm klammerte man sich eben an jeden Strohhalm.
    »Mr. und Mrs. Lowther, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr uns das leidtut«, sagte er. »Glauben Sie mir, wenn wir irgendetwas für Sie tun können...«
    Henry Lowther hatte bislang steif und wortlos dagesessen, und seine Anspannung war nur am Zittern seiner Hände und
dem Pulsieren einer kleinen Ader an seiner Schläfe zu erkennen gewesen.
    »Irgendetwas tun?«, sagte er in einem unheilschwangeren Flüsterton. »Denken Sie nicht, dass Sie uns bereits genug angetan haben?«
     
     
    Cooper konnte an diesem

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