Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live

gewesen sein. Es hat die Sache viel einfacher gemacht, nehme ich an. Was hätten Sie denn sonst getan? Hatten Sie vor, in Miss Shepherds Haus einzubrechen und sie so lange auszuquetschen, bis sie Ihnen die Information gegeben hätte, die Sie brauchten?«
    Donnelly sah seinen Verteidiger zornig an. »Was soll diese Scheiße?«, sagte er.
    »Detective Inspector Hitchens, könnten Sie bitte erläutern, was meinem Mandanten vorgeworfen wird? Wir verstehen die Art Ihrer Fragestellung nicht.«
    »Wir führen Ermittlungen zum Mord an Miss Rose Shepherd durch, die in den frühen Morgenstunden des vergangenen Sonntags in Foxlow erschossen wurde. Des Weiteren
untersuchen wir den Tod von Mrs. Lindsay Mullen und ihrer beiden Kinder, die bei einem Brand in ihrem Haus in Edendale am folgenden Abend ums Leben kamen. Und wir würden von Ihrem Mandanten gerne die Namen seiner Komplizen bei diesen Straftaten erfahren.«
    Nachdem Hitchens gesprochen hatte, herrschte ziemlich lange Schweigen. Als Donnelly antwortete, tat er das mit einem Grinsen, das ihm früher, bevor Vernehmungsräume mit Tonbandgeräten und Videokameras ausgerüstet wurden, vermutlich einen Fausthieb ins Gesicht eingebracht hätte.
    »Kein Kommentar«, sagte er.
     
     
    Fry holte zwei Kaffee und brachte sie ins Büro des Detective Inspectors. Normalerweise gehörte das zu den Dingen, bei denen sie sich auf keinen Fall hätte erwischen lassen wollen. Doch sie brauchten beide etwas Koffein. Trotzdem achtete sie darauf, nicht an der Tür der Einsatzzentrale vorbeizugehen, damit sie niemand sah.
    »Danke, Diane«, sagte Hitchens.
    Er drehte sich mit seinem Stuhl hin und her, der bei jedem Richtungswechsel quietschte. Das war eine Angewohnheit von ihm, der er frönte, wenn er verärgert oder gestresst war.
    »Wie sieht der Plan aus, Sir?«
    »Ich werde Donnelly eine Weile schmoren lassen und ihn mir später noch mal vorknöpfen.«
    »Er hatte Lindsay Mullens Namen noch nie zuvor gehört«, sagte Fry. »Das konnte ich an seinem Gesicht ablesen, als Sie ihn nach ihr gefragt haben.«
    »Glauben Sie, Diane?«
    »Ja, das tue ich.«
    Hitchens starrte zum Fenster hinaus, als er an seinem Kaffee nippte und den Becher schnell wieder absetzte. Wie üblich war er viel zu heiß.
    »Ich bin geneigt, Ihnen zuzustimmen. Das war beinahe das
einzige Mal, dass wir ihm eine echte Reaktion entlocken konnten. Er war überrascht. Und dann dachte er, das wäre lustig. Das macht die Sache nicht gerade leichter für uns, nicht wahr? Es deutet darauf hin, dass mehr Leute verwickelt waren, als wir zunächst glaubten.«
    Fry setzte sich und balancierte ihren Becher auf dem Knie. »Wie meinen Sie das?«
    »Wenn Donnelly nichts über Lindsay Mullen weiß, bedeutet das, dass mit dem Job in der Darwin Street jemand anderer beauftragt worden war.«
    »Tatsächlich?«
    »Na ja, das ist eine übliche Methode. Zwei unabhängige Teams, die keinen Kontakt miteinander haben. Keines der beiden Teams weiß, welchen Job die anderen erledigen. Auf diese Weise ist die Gefahr viel geringer, dass sie sich gegenseitig hineinziehen. Das würde erklären, warum Tony Donnelly nicht einmal Lindsay Mullens Namen kannte. Er hat ihn vermutlich nur in der Zeitung gelesen wie alle anderen auch.«
    »Ich nehme an, das könnte auch der Grund dafür sein, warum die Brandstiftung anscheinend so viel unprofessioneller ausgeführt wurde. Es gab von Anfang an zu viele Unterschiede in der Herangehensweise, als dass die beiden Fälle wirklich zusammengepasst hätten. Dann denken Sie also, wir haben noch einen zweiten Tatverdächtigen?«
    »Mindestens.«
    »Nikolov?«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass er die Farm in den letzten paar Tagen vor seinem Tod verlassen hat. Wahrscheinlicher ist, dass er Zeitung gelesen oder das Radio angeschaltet hat und so von Rose Shepherds Ermordung erfahren hat. Und dann hat er sich zu Tode getrunken.«
    »Sie meinen, er ist ihr zuerst nach Derbyshire gefolgt und dann in den Tod?«

    Hitchens blinzelte ein wenig. »Tja, Nikolov war kein Profikiller.«
    »Wer war es dann? Ich frage mich, ob es vielleicht auch jemand gewesen sein könnte, der kurzfristig angeheuert wurde. Sie können nicht davon ausgegangen sein, dass sie die Mullens so schnell identifizieren würden, nachdem sie Rose Shepherd ausfindig gemacht hatten. Also müssen sie ihren Plan in letzter Minute geändert haben.«
    »Ein Krimineller aus der Gegend, der für einen einmaligen Job von der Straße