Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
geholt und bar auf die Hand bezahlt wurde?«, schlug Hitchens vor, dessen Laune sich merklich verbesserte.
»Den würden wir leichter finden, nicht wahr?«
»Leichter finden? Wenn er uns ein bisschen DNA hinterlassen hätte, säße er bereits hinter Gittern.«
»Aber so, wie die Dinge momentan stehen, haben wir keine Beweise, um Tony Donnelly im Zusammenhang mit den Mullen-Morden anzuklagen.«
»Nein, gar keine. Aber er kommt vorerst nicht auf freien Fuß, da wir seine Fingerabdrücke aus dem Shogun haben. Also können wir uns darum später kümmern.«
Fry stand auf und ließ ihren Kaffee unangetastet auf einer Schreibtischecke des Detective Inspectors stehen. Wie heiß er zunächst auch erschienen sein mochte, Automatenkaffee wurde immer erstaunlich schnell kalt und ungenießbar.
»Aber die Beweise gegen ihn im Fall Rose Shepherd müssten doch für eine hieb- und stichfeste Anklage ausreichen, oder?«
»Das wird sich zeigen, sobald die forensischen Ergebnisse da sind«, sagte Hitchens. »Mit etwas Glück bekommen wir eine Übereinstimmung mit der DNA aus dem Wagen, Schmauchspuren auf seiner Bekleidung und Fußabdrücke von dem Weg, wo der Shogun abgestellt wurde. Irgendwas bekommen wir bestimmt, keine Sorge. Wir werden schon eine unanfechtbare
Anklage einreichen. Die Angelegenheit wird sicher für Schlagzeilen sorgen, wenn es zur Verhandlung kommt.«
Fry zögerte noch immer. »Ich möchte auf jeden Fall vermeiden, dass die Mullens bei all der Aufregung in Vergessenheit geraten. In gewisser Weise war die Brandstiftung das viel schlimmere Verbrechen.«
Der Detective Inspector nickte. »Sie werden nicht in Vergessenheit geraten, Diane, das verspreche ich Ihnen. Warum setzen Sie jetzt nicht erst einmal diese Ermittlungen fort und sieben ein paar mögliche Täter aus der Datenbank aus? Die Geheimdienstabteilung kann bestimmt ein paar Namen nennen, an die man sich wenden könnte, wenn man kurzfristig einen hübschen Hausbrand braucht.«
Ein weiteres Thema gab es noch, das sie bislang nicht angesprochen hatten. Es war allerdings bereits zur Genüge durchgekaut worden und würde bestimmt früher oder später abermals auf den Tisch kommen.
»Und die Lowthers?«
»Die kommen morgen zu uns«, erwiderte Hitchens. »Und ich freue mich ganz und gar nicht darauf.«
»Ben Cooper ist übrigens nach Hause gegangen«, sagte Fry, obwohl der Detective Inspector sie nicht danach gefragt hatte.
Hitchens wirkte gekränkt, als habe sie ihm vorgeworfen, dass er sich nicht um seine Mitarbeiter kümmere. »Ja, ich weiß. Aber er hat den Eindruck gemacht, als wäre er in guter Verfassung, finden Sie nicht?«
»Soweit ich es beurteilen kann, ja. Er hat eine klare Aussage zu Protokoll gegeben, aber das ist eben Training. Schrecklich, was da passiert ist. Ben war hautnah dabei, und er hat sein Bestes gegeben. John Lowther hätte es ohnehin getan, auf die eine oder andere Weise.«
»Aber wie ich Ben kenne...«
»Wird er sich die Schuld dafür geben. Genau.«
Cooper durchlief am Abend zu Hause automatisch seine Routine: Er fütterte die Katze, duschte, warf einen Blick in den Kühlschrank und stellte fest, dass er nichts zu essen in der Wohnung hatte. Das war das Tolle an Routine – man brauchte nicht nachzudenken. Man konnte das Gehirn ausschalten und im Freilauf dahinrollen.
Dann schaltete er seinen Computer an und öffnete Outlook. Der allabendliche Schwung von E-Mails enthielt eine Reihe von George-W.-Bush-Witzen, die ihm sein Freund Rakki von seiner Büroadresse aus geschickt hatte. Da es so aussah, als habe er sie an alle weitergeleitet, die er kannte, würden die Witze noch eine Zeit lang die Runde machen. Eigentlich war sich Cooper sogar sicher, dass er die meisten von ihnen bereits kannte.
Er las sie trotzdem. Nicht, weil sie ihn interessierten, sondern weil es ihn davon abhielt, an etwas anderes zu denken. Es hielt ihn davon ab, noch einmal die Bilder und Geräusche abzuspielen, die er vor ein paar Stunden gesehen und gehört hatte – den verängstigten Ausdruck in einem Gesicht, das durch die Luft fiel, das abscheuliche Krachen und die Stimme, die so schlagartig verstummte, als hätte jemand den Ausschaltknopf eines Radios gedrückt. Und die fürchterliche Stille, die darauf folgte. Schlimmer noch, das Singen der Vögel und das Surren der Seile, als ginge das Leben ganz normal weiter, unbeeinträchtigt vom Augenblick des Todes. Es schien, als verhöhnten sie ihn, weil er versagt hatte.
Aber, halt. Das waren die
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