Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
drehte sich im Sitz, um sie anzusehen. »Ist es das, was Sie meinen?«
»Und das andere.«
»Nein, nein. Wir haben uns nie gestritten, aus Prinzip.«
»Da habe ich aber etwas anderes gehört.«
»Tja, dann haben Sie es falsch verstanden.«
Sie kamen in Bakewell an, und Fry musste sich konzentrieren, als sie ihren Wagen durch die schmalen Straßen und den stark befahrenen Kreisverkehr in der Ortsmitte lenkte. Als sie Haddon Hall erreichten, konnte sie sich wieder entspannen. Allerdings lagen jetzt nur noch wenige Meilen vor ihnen.
»Sie haben mir erzählt, dass sich Lindsay und ihr Bruder sehr nahestanden«, sagte sie. »Für den Ehemann ist es manchmal ziemlich schwierig, mit einer solchen Beziehung umzugehen. Wie kommen Sie mit John Lowther aus?«
»Gut. Sehr gut.«
»Keine Spur von Eifersucht? Da John Ihren Kindern Geschenke gekauft hat, ist es doch völlig normal, wenn Sie ein bisschen missgünstig gewesen wären.«
»Falls Missgunst im Spiel war, dann bestimmt nicht bei mir«, erwiderte Mullen.
»Ah. Dann denken Sie also, Ihrem Schwager hat es nicht gepasst, dass sich jemand zwischen ihn und seine Schwester gedrängt hat, der er so nahestand? Ich kann mir schon vorstellen, dass das womöglich für Reibereien im Haushalt sorgt. Hatten Ihre Auseinandersetzungen etwas mit John zu tun?«
»Sie verstehen es immer noch falsch. Und derjenige, von dem Sie das gehört haben, hat es auch falsch verstanden.«
Und das war das Letzte, was sie aus ihm herausbekam. Den restlichen Weg bis Darley Dale schwieg Mullen missmutig. Hin und wieder betrachtete er besorgt durchs Fenster Passanten auf dem Gehweg, und einmal zuckte er plötzlich zusammen, als ein Auto neben ihnen an der Ampel hielt. Fry hatte keine Ahnung, was ihn so sehr beunruhigte, sie glaubte jedoch nicht, dass es an ihrem Fahrstil lag.
Schließlich setzte sie ihn vor dem Tor der Lowthers ab, und er bedankte sich einsilbig. Fry beobachtete, wie Moira Lowther
aus dem Bungalow kam und Brian in der Nähe des Kaminofens umarmte. Das war typisch für Mrs. Lowther. Sie war ganz wild darauf, Leute zu umarmen.
Anstatt sofort in die West Street zurückzufahren, beschloss Fry, der Leichenhalle einen Besuch abzustatten, um das Gutachten der Pathologin selbst abzuholen. Mrs. van Doon war in ihrem Büro und empfing ihre Besucherin persönlich.
»Ja, alle drei Opfer hatten Carboxyhämoglobinwerte von über fünfzig Prozent – was an sich schon zum Tod führen kann. Ein Wert bis zu zehn Prozent ist normal, alles, was darüber hinausgeht, deutet auf Inhalation von Kohlenmonoxid hin. Ich vermute, dass im Rauch des Feuers auch Blausäure enthalten war. Das ist ein besonders starkes Gift, das sehr rasch wirkt.«
»Woher könnte das kommen?«, fragte Fry.
»Die Blausäure? Sie wird von Materialien gebildet, die Stickstoff enthalten, wie zum Beispiel Wolle oder Seide. Und Polyurethan.«
»Polyurethan, wie man es in Polstermöbeln findet?«
»Ja, möglicherweise.«
»Welcher der drei Stoffe würde erklären, warum es den drei Opfern nicht gelungen ist, dem Hausbrand zu entkommen, obwohl sie durch den Rauch aufgewacht sind?«
»Hypoxie aufgrund hoher Carboxyhämoglobinwerte. Bei den Werten der Opfer würde ich sagen, dass sie sich auf jeden Fall mindestens unwohl und orientierungslos gefühlt haben. Eventuell waren sie sogar bewusstlos.«
»Aber es besteht kein Zweifel daran, dass sie an den Folgen des Feuers gestorben sind?«
»Nein. Rußpartikel können zwar den Mundraum und den Rachen eines bereits toten Menschen verfärben, wenn jedoch hinter den Stimmbändern Ruß zu finden ist, war das Opfer während des Brandes noch am Leben.«
Die Pathologin holte ein Foto hervor. Fry wusste damit nichts anzufangen, was vermutlich auch gut so war.
»Bei allen drei Obduktionen wurden Spuren von Ruß in den Atemwegen gefunden. Bei den beiden Kindern sogar in der Speiseröhre und im Magen. Diese schwarzen Schmierer auf der Schleimhaut der Luftröhre deuten darauf hin, dass Ihre Opfer am Leben waren, als das Feuer ausbrach. Am Leben, aber nicht unbedingt bei Bewusstsein.«
Die Kellnerin der Riber Tea Rooms war in die West Street gekommen, um bei der Anfertigung von Phantombildern der Personen zu helfen, die Rose Shepherd in Matlock Bath getroffen hatte. Sie gab sich größte Mühe, war sich jedoch unsicher in Bezug auf Einzelheiten.
»Trotzdem vielen Dank, dass Sie gekommen sind, Tina«, sagte Murfin, als Fry den Raum betrat.
»Das nützt Ihnen nicht viel,
Weitere Kostenlose Bücher