Todesnacht - Booth, S: Todesnacht - Scared to Live
Familie Mullen. Sie hörte in Gedanken Mrs. van Doons Stimme, die beschrieb, wie die heißen Gase die Schleimhaut in den Atemwegen und in der Lunge zerstört und die Zunge, den Rachen und die Stimmritze versengt und entzündet hatten. Die Schädigung der Lunge hatte die Bildung von Lungenödemen beschleunigt, und die Inhalation von Kohlenstoffpartikeln hatte die Atemwege mit Schleim blockiert. Sämtliche Verbrennungen der Opfer waren nach dem Tod entstanden. Sie waren am Leben gewesen, aber nicht unbedingt bei Bewusstsein.
Schließlich legte sie das Gutachten beiseite. Die Kriminaltechniker mussten ihr irgendetwas liefern, worauf sie eine Anklage aufbauen konnte. Es war allerdings schwierig, nicht ungeduldig zu werden, nachdem Brian Mullen bereits aus dem Krankenhaus entlassen worden und auf freiem Fuß war. Sie stellte sich vor, wie er im Wintergarten des Bungalows der Lowthers saß und von seiner Schwiegermutter umhegt wurde, die ihm Tee brachte und ihn umarmte, wenn er das Bedürfnis danach hatte.
Fry zögerte einen Augenblick, dann griff sie zum Telefon und rief Wayne Abbott an.
»Es gibt eine Menge zu untersuchen, wissen Sie. Und die Ermittlungen in der Darwin Street sind nicht die einzigen, um die wir uns kümmern müssen.«
»Das ist mir schon klar, Wayne, aber ich muss wissen, ob
Sie im Wohnzimmer irgendwelche Fingerabdrücke gefunden haben.«
»Die einzigen, die wir retten konnten, stammen von Familienmitgliedern. Wir können von Glück reden, dass wir überhaupt welche gefunden haben, wenn man bedenkt, welchen Schaden das Feuer und der Rauch angerichtet haben und dass alles unter Wasser stand.«
»Haben Sie auf dem Holzspielzeug welche gefunden – auf dem Dinosaurier?«
»Nein, tut mir leid. Der war zu stark verkohlt.«
»Und auf der Dose mit Feuerzeuggas?«
»Die haben wir ins Labor nach Wetherby geschickt. Dort wird sie untersucht, aber das kann eine Weile dauern.«
»Ist die Dose unsere einzige Hoffnung, Wayne?«
»Im Moment, ja. Es sei denn, Sie zaubern einen Verdächtigen aus dem Hut.«
»Danke.«
Sie beendete das Telefongespräch und blickte sich im Büro um. Alle waren mit Aufgaben beschäftigt, die im Zusammenhang mit den Rose-Shepherd-Untersuchungen standen. Alle. Das hieß jedoch nicht, dass sie nicht etwas von ihrer Zeit in Anspruch nehmen konnte.
»Hey, Ben, würdest du dir das mal ansehen?«
»Was gibt’s denn?«, fragte Cooper von der anderen Seite des Raums.
Doch bevor Fry ihm das Foto des Spielzeug-Dinosauriers zeigen konnte, klingelte ihr Telefon. Das Gespräch war ziemlich einseitig: »Prima, okay... ich verstehe. Ja, Sir, sofort.«
Cooper stand noch immer bei seinem Schreibtisch herum, als sie auflegte. »Was ist los?«
»Der Detective Chief Inspector möchte, dass wir sofort zu einer Besprechung kommen. Die HOLMES-Ermittler sind mit der Prüfung des Kalenders, des Adressbuchs und der anderen Dokumente fertig, die in Rose Shepherds Haus gefunden
wurden. Erinnerst du dich noch an das mysteriöse ›SN‹ in ihrem Kalender? In ihren Unterlagen gibt es nur einen Namen mit den passenden Initialen: Simon Nichols.«
»Simon Nichols...«, sagte Cooper, dem der Name irgendwie bekannt vorkam.
»Ganz genau. Sagt er dir irgendwas?«
»Ist der nicht bei Fairport Convention?«
»Wo?«
»Das ist eine Band. Folkrock.«
»Aha. Meinst du, Rose Shepherd könnte ein Folkrock-Groupie gewesen sein?«
»Nein, das muss wohl ein anderer Simon Nichols sein.«
»Die HOLMES-Ermittler können uns keinen Hinweis darauf geben, wer dieser Simon Nichols ist oder wo wir ihn finden können. Aber in der Einsatzzentrale werden sämtliche Informationen geprüft. Außerdem geht ein Team alle anderen Quellen durch: Telefonbücher, Wahlverzeichnisse, Fahrzeugund Führerscheinkarteien... Wir müssen alle Nichols in der Gegend ausfindig machen.«
»In der Gegend?«, warf Cooper ein. »Er muss doch nicht unbedingt …«
»Ich weiß. Aber irgendwo müssen wir ja anfangen. Wir müssten bald die ersten Ergebnisse bekommen. Hat bis dahin jemand irgendwelche Vorschläge?«
»Soweit wir es beurteilen können, hat Rose Shepherds Mörder das Haus nicht betreten«, sagte Hitchens. »Daraus können wir schließen, dass er sich keine Sorgen wegen Spuren im Haus zu machen brauchte, die uns zu ihm führen könnten.«
»Das setzt voraus, dass die Tat sorgfältig geplant wurde.«
»So sieht es aus.«
»Es könnte natürlich sein, dass nur der Mord und die Flucht geplant waren«, warf Cooper ein. »Wenn
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